SHANNICE STARR (German Edition)
wie eine halbe Ewigkeit. Als er spürte, dass der Weg nach oben nicht mehr versperrt war, stieß er geradewegs zur Wasseroberfläche vor. Schneller als erwartet fand er sich im Freien wieder und saugte gierig die Luft ein. Auf dieser Seite der Höhle gab es keine Kanäle, sondern nur eine Art Tümpel, der sich innerhalb eines Kraters befand. An seinem Rand saß bereits Shannice und wartete auf ihn.
»Wurden Sie aufgehalten, Sheriff?«, fragte sie keck.
»Ich bin zu alt für derartige Eskapaden«, gab er zurück und spuckte Wasser aus. Während er zum Ufer schwamm, war Shannice damit beschäftigt, das Wasser aus ihren Waffen laufen zu lassen. Sie reichte Orchid eine Hand und zog ihn hoch.
»In den nassen Klamotten holen wir uns noch den Tod«, gab er zu bedenken.
»Sollen wir sie ausziehen und am Lagerfeuer trocknen?« Shannice zwinkerte dem Sheriff neckisch zu.
»Ich weiß nicht, ob ich bereit bin, vor Ihnen alle Hüllen fallen zu lassen …«
»Ein ernstes Problem«, spöttelte Shannice. Sie stapfte die Anhöhe hinauf und wartete, bis Orchid bei ihr war. Vor ihnen erstreckte sich ein weiterer Höhlenraum, der nicht nur größer und höher als der vorherige war, sondern auch über ein halbes Dutzend Stollen verfügte.
»Vom Regen in die Traufe«, sagte Tex Orchid bissig. »Irgendeine Idee, wo wir anfangen sollen, Miss Starr?«
Spontan hätte sich Shannice für einen der mittleren Stollen ausgesprochen, doch noch ehe sie dies dem Sheriff mitteilen konnte, wurde ihr jede weitere Entscheidung aus der Hand genommen.
Eine schneidende Stimme hallte ihnen entgegen, deren Echo von den Höhlenwänden unangenehm verstärkt wurde.
»Keinen Schritt weiter!« Ohne Zweifel war es Miles Conaghan, der gesprochen hatte. »Drei Gewehre sind auf euch gerichtet. Und bei der kleinsten Bewegung schießen wir euch nieder, als wärt ihr tollwütiges Vieh!«
Zur gleichen Zeit bewegten sich drei Schatten aus drei unterschiedlichen Stollenöffnungen heran. Während zwei zurückblieben, trat eine ganz nah auf Shannice und den Sheriff zu. Flackernder Schein, der von mehreren Fackeln an den Höhlenwänden kam, erhellte die Gestalt. Ihr blondes Haar umsäumte Kopf und Schultern. In hämischer Genugtuung richtete Judy Garrett ihren Blick auf Shannice.
»Glaubst du an Jesus?«, fragte sie die Cheyenne.
Shannice schwieg und suchte fieberhaft nach einem Ausweg aus der Zwickmühle, in der sie saßen.
»Auch gut«, meinte Judy. »Du wirst auf jeden Fall einen unvergesslichen Eindruck davon erhalten, welchen unaussprechlichen Leidensweg er gegangen ist …«
12
Gefoltert und geschändet
Das Warten machte Rick Montana schier rasend. Unruhig wand er sich auf seinem Schlaflager hin und her, suchte eine Stellung, die ihm keine Schmerzen bereitete, und war im Endeffekt nur wütend auf sich selbst und den unseligen Zwischenfall, der ihn nun ans Bett fesselte.
»Es würde Ihnen guttun, wenn Sie sich ein wenig friedlicher verhalten würden«, sagte Doktor Ambrose Stevenson, als er den Raum mit dem Patienten betrat. »Sie schaden sich nur selbst, wenn Sie Ihrem Körper nicht die Zeit geben, sich zu regenerieren.«
»Papperlapapp!«, schimpfte Montana. »Wie kann ich ruhig bleiben, wenn diese Strolche frei herumlaufen? Es wird Zeit, dass man ihnen das Handwerk legt!«
Doc Stevenson faltete die Hände vor seinem Bauch.
»In den nächsten Tagen ist das sicherlich eine Aufgabe, die Sie nicht bewältigen werden.« Der Arzt blickte streng über die Ränder seiner Brille.
»Sie haben Ihre Schuldigkeit getan, Doc!«, erwiderte der Rinderzüchter. »Sparen Sie sich also Ihre Ratschläge!«
»Wissen Sie«, meinte Ambrose Stevenson nüchtern, »eigentlich mache ich mir nur Gedanken darüber, dass ich Sie unter Umständen wieder zusammenflicken muss. Es ist nicht so, dass ich nichts zu tun hätte. Und es würde mich wirklich aufregen, sollten Sie meine Zeit verschwenden, nur weil Sie Ihre verdammte Ignoranz pflegen wollen.«
Rick Montana schnaufte hörbar. Dann warf er das Überbett zur Seite und glitt auf den Rand der Matratze.
»Geht doch schon ganz gut«, sagte er und verzog das Gesicht. »Zwei Steckschüsse und eine Platzwunde am Kopf können mich nicht aufhalten.«
»Sie werden sich selbst aufhalten«, argumentierte der Doktor, »wenn Sie sich nicht auf der Stelle wieder hinlegen. – Himmel! Seien Sie doch nicht so stur!«
»Zeit ist Geld«, ächzte Montana. »Nicht auszudenken, welches Geschäft mir durch die Lappen gegangen
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