SHANNICE STARR (German Edition)
Treppe ging es hinab in die Tiefe.
»Das ist unglaublich!«, stieß Sheriff Tex Orchid hervor. »Der Stollen scheint unüberschaubar weit unter der Erde zu verlaufen.«
Shannice hielt nach Fußspuren von Conaghan und seinen Spießgesellen Ausschau, doch der Untergrund war zu hart, als dass sich eine Fährte ablesen ließe.
»Sie sind hier gewesen«, war die Cheyenne überzeugt. »Eine andere Fluchtmöglichkeit gibt es nicht.«
Der Stollen wurde breiter und breiter. Nach zehn Minuten erreichten sie einen Poller, von dem aus ein Schienenstrang in die Dunkelheit führte. Angestrengt lauschte Shannice nach Geräuschen, konnte aber nichts hören.
»Vermutlich haben sie eine Draisine genommen«, konstatierte Orchid. »Mit der haben sie auch ihre Beute in Sicherheit gebracht.«
»Dann bleibt uns nichts anderes übrig, als neben den Gleisen herzulaufen.« Shannice legte ihr Gewehr über die Schulter. »Richten Sie sich auf einen langen Marsch ein, Sheriff.«
»Mein Gott!«, entfuhr es Tex Orchid plötzlich. »Mir kommt da gerade ein vager Gedanke. Es gibt in dieser Richtung ein uraltes Farmgebäude. Steht schon seit Ewigkeiten leer. Würde mich nicht wundern, wenn die Bande dort ihr Versteck hätte.«
»Worauf warten wir dann noch?«, fragte Shannice. »Jeder Lidschlag, den wir zögern, ist vertane Zeit …«
Sie kamen am Ende des Schienenstrangs an und hatten jegliches Zeitgefühl verloren. Ob sie eine Stunde oder einen halben Tag marschiert waren, konnte keiner von beiden sagen. Der Stollen endete in einer großen Höhle. Und tatsächlich war dort eine Draisine abgestellt. Von den Verfolgten und der Beute war jedoch nichts zu sehen. Außer zwei meterhohen, holzverkleideten und fensterlosen Anbauten, die die Gleise zu beiden Seiten säumten, war die Höhle leer.
»Von hier an geht’s nicht weiter.« Orchid kratzte sich am Hinterkopf. »Hat die verdammte Brut uns doch noch ausgetrickst.«
Shannice schüttelte den Kopf.
»Dorthin, wo Conaghan gegangen ist, gelangen wir ebenfalls. Wir müssen lediglich herausfinden, auf welchem Weg sie es geschafft haben, die Höhle zu verlassen.«
»Sehen Sie sich nur diese Vorbauten an«, wies Tex Orchid voraus. »Was soll das sein? Keine Türen und Fenster, die ins Innere führen.«
»Aber eine Leiter«, stellte Shannice Starr fest. Schon bewegte sie sich darauf zu und erklomm die ersten Sprossen. Kurz darauf stand sie auf dem äußeren Rand des Anbaus und schaute zu Orchid hinab.
»Sie werden es kaum glauben«, meinte sie hintergründig, »aber es gibt einen guten Grund, warum man in dieses Gebäude nicht hineinsehen kann.«
Der Sheriff runzelte die Stirn, folgte Shannice aber schließlich. Als er den oberen Absatz erklomm, stellte er sich neben seine Begleiterin auf den höchsten, gerade einmal einen halben Meter breiten Sims und starrte ungläubig auf die stille Wasserfläche zu seinen Füßen.
»Ein Becken«, meinte er und ließ den Blick seitwärts schwenken. »Führt genau bis zur Höhlenwand.«
»Ein Kanal«, korrigierte Shannice. »Ich gehe jede Wette ein, er führt durch die Höhle hindurch.«
»Ich ahne genau, was Sie damit sagen wollen, Miss Starr.«
Kokett grinste Shannice ihn an.
»Luft anhalten und abtauchen«, sagte sie wie zur Bestätigung.
»Bestimmt gibt es einen anderen Weg«, versuchte der Sheriff einen Einwand. »Kaum vorstellbar, dass Conaghan mit den Geldsäcken diesen Weg genommen hat.«
»Mag sein«, erwiderte Shannice, »mir steht aber nicht der Sinn danach, mich mit Suchen aufzuhalten, wenn die Lösung greifbar nahe liegt.« Sie streckte die Hand vor und tauchte sie ins Wasser. »Ganz schön kalt. Doch wir haben keine Wahl.« Innerlich seufzte sie. Die Tortur mit ihrem Bad im Fluss hätte sie sich sparen können.
In voller Montur tauchte sie vorsichtig ins Wasser ein und verschwand unter der sich kräuselnden Oberfläche. Nur ihr Stetson blieb zurück. Sheriff Orchid brauchte noch ein wenig Zeit, sich zu überwinden. Dann aber folgte er Shannice.
Anfangs hatte er Mühe, sich unter Wasser zurechtzufinden. Seine Augen brannten, und die Kälte ließ sein Blut gefrieren. Fast stockdunkel war es. Orchid schwamm einfach nach Gefühl auf die Höhlenwand zu, tastete sich daran herab, bis er eine Öffnung fand, durch die er sich zwängen konnte. Die Luft wurde ihm allmählich knapp, und er hoffte, dass ihn nur noch Augenblicke vom rettenden Ufer trennten.
Wenige Meter nur war die Höhlenwand stark, doch sie zu bewältigen erschien Orchid
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