SHANNICE STARR (German Edition)
Erdboden, gerade groß genug, um eine Person mittlerer Größe und mit akrobatischem Talent ausgestattet hindurchzulassen.
Shannice zog ihren Mantel aus, da er sie nur behindert hätte, und schob ihn durch den Spalt. Für einen Moment vermeinte sie, ein leises Zischen zu hören, schenkte dem jedoch keine Beachtung und machte sich daran, durch die enge Lücke hindurchzurobben.
Ächzend zwängte sie sich in den Spalt. Als sie zur Hälfte hindurch war, ruckte das steinerne Portal an. Feiner Staub rieselte Shannice in die Augen.
Bloß das nicht!, erschrak sie. Fiel der steinerne Block herab, würde er sie in der Mitte zerteilen.
Hastig rutschte sie über den Boden, zog die Beine geschwind an und starrte auf das Tor, das mit dumpfem Aufschlag herabfiel.
Keine Sekunde zu früh! Shannice stieß erleichtert die Luft aus, wandte sich um, griff nach ihrem Mantel – und sofort zuckte ihre Hand zurück!
Eine züngelnde Viper schlängelte sich über den Stoff. Und hinter ihr und um sie herum gab es Hunderte mehr von ihrer Sorte. Ein Ausgang aus der kleinen, gemauerten Kammer, in der sie sich nun befand, war nicht zu sehen. Jedenfalls nicht auf den ersten Blick. Shannice würde auch sicher keine Gelegenheit haben, ungestört nach einem Durchschlupf zu suchen. Sie war umgeben von einer wimmelnden Masse sich windender Giftschlangen. Und jeder einzelne Biss von ihnen war tödlich!
Noch während Shannice die Viper wegstieß und nach ihrem Mantel langte, ertönte der furchterregende Schrei eines Berserkers und rollte wie Donnerhall durch die Stollen.
Der Schlächter!, durchzuckte es Shannice. Doch sogleich rief sie sich zur Ruhe auf. Der Maskierte war nicht ihr vorrangiges Problem. Erst galt es – auf welche Weise auch immer – mit heiler Haut aus der Schlangenkammer zu entkommen.
Shannice erhob sich zögerlich, um den Reptilien keinen Anlass zu geben, nach ihr zu schnappen. Sie blickte sich um, suchte nach einem Ausweg, konnte aber nur grob bearbeiteten Stein erkennen. Augenscheinlich gab es nichts, das auch nur entfernt nach einem Ausgang aussah.
Ganz langsam legte sie den Mantel um ihre Schultern und zog ihn zu. Der dicke Stoff würde sie vor den tödlichen Bissen schützen. Acht geben musste sie auf ihre Hände und die Beine. So schob sie sich seitwärts an einer Wand entlang und beobachtete unangenehm berührt, wie Leben in den Haufen aus Reptilienleibern kam. Ein Großteil von ihnen schlängelte sich auf sie zu. Fühlten die Tiere sich bedroht, würden sie ohne Zögern zubeißen.
Eine heftige Erschütterung ging durch den Raum! Shannice geriet ins Wanken und konnte ihr Gewicht gerade noch ausbalancieren, bevor sie vornüber in die Schlangenbrut gestürzt wäre. Von der Decke rieselte Sand; ein paar Gesteinsbrocken hatten sich gelöst und fielen herunter. Einige Schlangen zuckten hoch und zischten bösartig. Aber da folgte das nächste Beben. Direkt vor Shannices Füßen brach der Boden ein und riss Dutzende Vipern mit sich. Faustgroße Gesteinssplitter prasselten herunter und brachen aus den Wänden. Vier Vipern schnellten gleichzeitig auf Shannice zu. Die Halbindianerin hieb mit dem rechten Arm nach ihnen, erwischte zwei, wohingegen die beiden anderen sich in ihrem Ärmel festbissen. Brutal schleuderte Shannice sie gegen die Steinwand, und als die Reptilien losließen, zertrat sie sie mit dem Stiefelabsatz.
Der Boden bröckelte mehr und mehr weg; die meisten Schlangen waren in den Abgrund gestürzt. Nur vereinzelte Exemplare hatten sich auf dem schmalen Sims halten können, auf dem auch Shannice um ihr Gleichgewicht kämpfte. Viele Meter unter sich hörte sie verhaltenes Rauschen und das Platschen der Reptilienkörper. Vermutlich lief ein Fluss unter dem Stollen hindurch. Für einen Moment überlegte Shannice, ob sie einfach hinabspringen sollte, entschied sich aber vorerst dagegen. Sie wusste nicht, in welcher Höhe sie sich über dem Wasser befand und wie tief dieses war. Gut vorstellbar, dass sie sich die Knochen brach, wenn sie in ihrem Übereifer hinuntersprang. Auf der anderen Hand war es nur eine Frage der Zeit, bis sie keine andere Wahl mehr hatte. Brach die Kammer erst vollends zusammen, wurde sie unweigerlich von den Trümmern erschlagen. Beide Aussichten waren wenig einladend.
Seitwärts und mit dem Rücken an die Wand gepresst bewegte sie sich nach vorne. Der Sims verbreiterte sich geringfügig und bot sichereren Halt. Als Shannice sich bereits innerlich darauf eingestellt hatte, entgegen
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