SHANNICE STARR (German Edition)
Ich bin Mormonin. Wir leben außerhalb der Stadt in einer eigenen Siedlung.«
»Du hast mich gerade eigentümlich angesehen«, fuhr Shannice fort. »Aus welchem Grund?«
Die junge Mormonin wirkte, als hätte man sie bei etwas Verbotenem ertappt. Erneut ließ sie den Blick sinken. Aber der Sheriff füllte auf der Stelle die Sekunden betretenen Schweigens.
»Würg deinen Pamp runter, Indioschlampe! Wenn Stella dich verwirrt angesehen hat, dann nur, weil ihr noch nie eine verkommenere Rothaut über den Weg gelaufen ist.«
Shannice nahm das Besteck auf dem Tablett zur Hand und löffelte das Stew vom Teller.
»Es lag keine Verwirrung in ihren Augen«, meinte Shannice kauend.
»Dafür siehst du welche in meinen«, blaffte Heart. »Mir war nicht bekannt, dass Tiere mit dem Löffel fressen.«
»Sie sind zu streng, Sheriff«, schritt Stella ein und versuchte mit äußerster Sanftmut auf Heart einzureden. »Sie sehen doch, dass die Frau hungrig ist. Und was die Beschuldigungen gegen sie angeht bin ich sicher, dass sich alles aufklären wird.«
»Bist ’n gutes Mädchen«, zeigte sich Strother Heart friedfertig, »aber was das Leben, den Westen und diese farbige Pest angeht, musst du noch eine Menge lernen. Und jetzt geh zurück zum Charity House und gib Acht, wenn du die Stadt verlässt. Dieses Ungeziefer lauert überall.«
»Ich passe auf, Sheriff«, sagte Stella brav, sah noch einmal vieldeutig zu Shannice hinüber und trat hinaus auf die Straße. Während sie zum Gebäude der Wohlfahrt ging, reifte in ihrem Kopf bereits ein Plan …
»Bisher sind wir immer für den Frieden eingetreten und haben diese Einstellung geachtet und gelebt. Doch es hat Tote und Verletzte gegeben. Das können und dürfen wir in River Hills nicht dulden!«
Zustimmendes Raunen ging durch die Menge, die sich nach Einbruch der Dunkelheit auf dem Versammlungsplatz der Stadt eingefunden hatte. Frauen, Männer und Kinder standen halbkreisförmig vor dem Redner, der in die Runde blickte und dabei jeden Einzelnen anzusehen schien. Bis er auf einen Cowboy deutete und ihn direkt ansprach.
»Du warst dabei, als es zur Schießerei im Saloon vor der Stadt gekommen ist. Du hast die Auswüchse der Gewalt miterlebt und bist Zeuge eines feigen Überfalls geworden.«
»Ja, das stimmt«, sagte der Angesprochene. »Wir haben gepokert. Und dann kam dieser Nigger rein, hat sich aufgespielt und Streit angefangen. Wir haben versucht, ihn zu beschwichtigen, aber es war sinnlos. Tony hat mit seinem Leben dafür gezahlt. Gordy, Brent und Hank wurden angeschossen.«
»Unbescholtene Bürger, die hart arbeiten und sich nur ein wenig Zerstreuung gönnen wollten«, fuhr der Redner fort, »wurden zur Zielscheibe eines Gesetzlosen, der immer noch frei herumläuft und womöglich seinen nächsten Anschlag plant. Wo wird er wieder zuschlagen? In River Hills? In der Bergbausiedlung? Auf irgendeiner Farm? Oder wird er harmlosen Reisenden auflauern?« Er machte eine dramatische Pause, um seine Worte wirken zu lassen, und sprach dann weiter. »Niemand von uns kann sich sicher fühlen, so lange diese Bestie unter uns ist. Das Gesetz hat versagt und es nicht geschafft, den Frieden in unserer Stadt zu gewährleisten. Wir alle müssen um unser Leben bangen. Und um das Leben unserer Kinder. Ich frage euch, wie lange wir uns das noch bieten lassen sollen? Ich frage euch, wer in der ständigen Furcht leben möchte, eines Tages seinen Sohn oder seine Tochter erschlagen auf offener Straße vorzufinden …?«
Zustimmende Rufe wurden laut.
»Deshalb sage ich euch, dass wir das Gesetz in die eigene Hand nehmen müssen! Denn wenn wir jetzt vor dem Terror die Augen verschließen, wird irgendwann das Blut der Unschuldigen an unseren Fingern kleben. Dann wird es nicht nur diesen einen wahnsinnigen Mörder geben, dann wird die Schuld auf unseren Schultern lasten, als wären wir selbst es gewesen, die gemordet hätten!« Der Redner verhielt in seiner flammenden Ansprache und pickte sich einen weiteren Mann aus der Menge heraus.
»Catacca, bitte tritt vor zu mir!«
Der Mann mit dem Namen Catacca löste sich aus der Masse. Die großen weißen Augen in dem schwarzen Gesicht sahen sich verwirrt und scheu um. Als er vor dem Redner stand, packte dieser ihn bei den Schultern und drehte ihn zur Menge hin.
»Catacca ist ein Schwarzer. So wie der Killer. Doch wir richten nicht nach der Hautfarbe, denn wir wissen, dass dieser Mann hier ein anständiges, strebsames Mitglied unserer
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