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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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nahm einen langen, gierigen Zug. Die jungen Männer klopften ihm auf den Rücken und ermunterten ihn weiterzutrinken. Er kippte noch mehr von dem extrem starken Daru herunter und versuchte die Flasche dann mit den Worten wegzuschieben, er habe genug. Die jungen Männer wurden resoluter. Lachend und scherzend setzten sie ihm die Flasche an die Lippen, zwangen sie ihm zwischen die Zähne. Johnny Cigar zündete das Chillum an und gab es Joseph. Er rauchte, trank und rauchte wieder. Etwa zwanzig Minuten, nachdem er mit dem blutigen Stock in der Hand aus der Hütte getaumelt war, sank ihm der Kopf auf die Brust, und er verlor mitten auf dem Schotterweg die Besinnung.
    Die Leute sahen eine Weile zu, wie er schnarchte, dann kehrten sie nach und nach zu ihren Hütten und ihrer Arbeit zurück. Qasim wies die Gruppe junger Männer an, im Kreis sitzen zu bleiben und Joseph nicht aus den Augen zu lassen. Dann zog er sich für eine halbe Stunde zurück, um das Vormittagsgebet zu verrichten. Als er wiederkam, ließ er Tee und Wasser kommen. Dem wachsamen Kreis gehörten Johnny Cigar, Anand, Rafiq, Prabaker und Jeetendra an, sowie ein kräftiger junger Fischer namens Veejay und ein magerer, durchtrainierter Karrenschieber, der wegen seiner schimmernden dunklen Haut Andhkaara genannt wurde, Dunkelheit . Sie unterhielten sich leise, während die Sonne langsam zum Zenit aufstieg und die drückende Schwüle des Tages uns in ihren Klammergriff nahm.
    Irgendwann wollte ich gehen, doch Qasim Ali bat mich zu bleiben. So setzte ich mich in den Schatten eines Segeltuchdachs. Veejays vierjährige Tochter Sunita brachte mir, ohne dass ich darum gebeten hätte, ein Glas Wasser, und ich trank dankbar die lauwarme Flüssigkeit.
    »Tsangli mulgi, tsangli mulgi«, dankte ich ihr auf Marathi. Braves Mädchen, braves Mädchen.
    Sunita war entzückt, dass sie mir eine Freude gemacht hatte, und erwiderte meinen Blick mit einem von heftigem Stirnrunzeln begleiteten Lächeln. Sie trug ein dunkelrotes Kleid, auf dem vorne die englischen Worte MY CHEEKY FACES aufgedruckt waren. Mir fiel auf, dass das Kleid zerrissen und zu eng für sie war, und ich nahm mir vor, ihr und einigen der anderen Kinder auf dem billigen Kleiderbasar, der Fashion Street genannt wurde, ein paar Sachen zu kaufen. Das nahm ich mir jeden Tag vor, jedes Mal, wenn ich mit den gescheiten, fröhlichen Kindern des Slums redete. Sie nahm das leere Glas und sprang davon, und die Glöckchen an ihrem Fußkettchen klingelten leise, als ihre zarten nackten Füße fest auf die Steine traten.
    Als die Männer Tee getrunken hatten, befahl Qasim Ali, Joseph zu wecken. Sie stießen und knufften ihn grob. Endlich regte er sich, brummte missmutig und erwachte langsam. Er öffnete die Augen, schüttelte benommen den Kopf und verlangte gereizt nach Wasser.
    »Pani nahin«, sagte Qasim. Kein Wasser.
    Stattdessen zwangen sie ihm die zweite Flasche Daru auf, unter Scherzen und leichten Klapsen auf den Rücken zwar, doch unnachgiebig. Ein weiteres Chillum wurde vorbereitet, und die jungen Männer rauchten mit ihm. Joseph verlangte mehrmals knurrend Wasser, doch jedes Mal wurde ihm stattdessen starker Alkohol in den Mund gekippt. Ehe er die Flasche zu einem Drittel geleert hatte, wurde er wieder bewusstlos und fiel zur Seite, den hängenden Kopf seltsam abgeknickt. Sein Gesicht war der heißen Sonne ausgesetzt. Keiner machte Anstalten, es zu beschatten.
    Qasim Ali ließ ihn ganze fünf Minuten dösen, ehe er befahl, Joseph wieder zu wecken. Der brummte beim Aufwachen böse und begann zu schimpfen und zu fluchen. Er versuchte sich auf die Knie hochzurappeln und zu seiner Hütte zu kriechen. Qasim Ali nahm den blutigen Bambusstock und reichte ihn Johnny Cigar. Sein Befehl bestand nur aus einem einzigen Wort. Los!
    Johnny hob den Stock und ließ ihn laut klatschend auf Josephs Rücken niedersausen. Joseph heulte auf und versuchte wegzukriechen, doch die jungen Männer schubsten ihn wieder in die Mitte des Kreises. Johnny zog ihm noch eins mit dem Stock über. Joseph schrie wütend auf, doch der junge Mann schlug mit der Hand nach ihm und befahl ihm, still zu sein. Als Johnny den Stock hob, duckte sich Joseph und versuchte, ihn trotz seines trüben Blicks zu erkennen.
    »Weißt du, was du getan hast?«, fragte Johnny barsch und ließ den Stock auf Josephs Schulter niedersausen. »Rede, du besoffener Hund! Weißt du, was du Schreckliches getan hast?«
    »Hör auf, mich zu schlagen!«, fauchte Joseph. »Was soll

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