Shantaram
das?«
»Weißt du, was du getan hast?«, wiederholte Johnny. Der Stock klatschte erneut auf Joseph nieder.
»Auaa!«, kreischte Joseph. »Was denn? Was habe ich getan? Ich habe nichts getan!«
Veejay übernahm den Stock und drosch Joseph auf den Oberarm.
»Du hast deine Frau geprügelt, du besoffenes Schwein! Du hast sie verprügelt, so sehr, dass sie das vielleicht nicht überlebt!«
Er gab den Stock an Jeetendra weiter, der Joseph damit auf den Oberschenkel hieb.
»Sie liegt im Sterben! Du Mörder! Du hast deine eigene Frau umgebracht!«
Joseph versuchte sich mit den Armen zu schützen, und sein Blick huschte fieberhaft hin und her auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit. Jeetendra hob erneut den Stock.
»Du hast deine Frau den ganzen Morgen lang geprügelt, und dann hast du sie nackt aus der Hütte geworfen. Da, du Säufer! Da! Genauso hast du sie geprügelt. Wie gefällt dir das, du Mörder?«
Eine verschwommene Ahnung erfasste Joseph, und sein Gesicht erstarrte in angstvollem Grauen. Jeetendra gab den Stock an Prabaker weiter, und beim nächsten Hieb brach Joseph in Tränen aus.
»Oh nein!«, schluchzte er. »Das stimmt nicht! Ich hab nichts getan! Oh Gott, was passiert jetzt mit mir? Ich wollte sie nicht umbringen! Gott im Himmel, was passiert jetzt mit mir? Gebt mir Wasser! Ich brauche Wasser!«
»Kein Wasser«, sagte Qasim Ali.
Der Stock sauste immer wieder auf Joseph herunter. Jetzt hielt Andhkaara ihn in der Hand.
»Du sorgst dich um dich selbst, du Hund? Und was ist mit deiner armen Frau? Als du die verprügelt hast, hast du dir keine Sorgen gemacht. Und es war nicht das erste Mal, dass du sie verprügelt hast, stimmt’s? Aber jetzt ist es vorbei. Du hast sie umgebracht. Jetzt kannst du sie nicht mehr verprügeln, und auch sonst niemanden. Du wirst im Gefängnis sterben.«
Johnny Cigar übernahm den Stock wieder.
»Was bist du doch für ein großer, starker Kerl! Und so was von mutig – deine Frau zu prügeln, die nur halb so groß ist wie du. Komm doch und schlag mich, du Held! Los, hier, nimm deinen Stock und schlag einen Mann damit, du schäbiger Goonda.«
»Wasser…«, plärrte Joseph und vergoss Krokodilstränen. Dann sank er zu Boden.
»Kein Wasser«, sagte Qasim Ali und Joseph verlor wieder das Bewusstsein.
Als sie ihn das nächste Mal weckten, hatte Joseph zwei Stunden in der Sonne gelegen und litt große Qualen. Er rief nach Wasser, bekam jedoch nur die Flasche Daru gereicht. Ich konnte sehen, dass er sie eigentlich ablehnen wollte, doch sein Durst wurde langsam, aber sicher unerträglich. Er nahm die Flasche mit zitternden Händen entgegen. In dem Moment, als die ersten Tropfen seine ausgedörrte Zunge berührten, sauste der Stock erneut auf ihn herab. Daru schwappte über Josephs stoppeliges Kinn und rann ihm aus dem offenen Mund. Er ließ die Flasche fallen. Johnny hob sie auf und goss ihm den restlichen Alkohol über den Kopf. Joseph kreischte und versuchte, auf allen vieren wegzukriechen, doch die Männer schoben ihn gewaltsam wieder in die Mitte ihres Kreises. Jeetendra schwang den Stock und hieb ihm damit auf Hinterteil und die Beine. Joseph schluchzte, stöhnte, jammerte.
Qasim Ali saß im schattigen Eingang einer Hütte an der Seite. Er rief Prabaker zu sich und trug ihm auf, einige Freunde und Verwandte von Joseph sowie Verwandte von Maria, Josephs Frau, herzuholen. Als diese gekommen waren, nahmen sie die Plätze der jungen Männer in dem Kreis ein, und Josephs Pein ging weiter. Über mehrere Stunden wechselten sie sich darin ab, ihn zu schmähen und anzuklagen und mit ebenjenem Stock zu prügeln, mit dem er seine Frau so grausam misshandelt hatte. Die Schläge waren fest und taten ihm weh, doch sie waren nicht so heftig, dass seine Haut aufplatzte. Es war eine maßvolle Bestrafung, die schmerzhaft, aber nie barbarisch war.
Ich ging weg, kehrte aber im Laufe des Nachmittags noch mehrmals zurück. Viele der Slumbewohner, die zufällig vorbeikamen, blieben stehen und sahen zu. Immer wieder reihten sich Leute in den Kreis um Joseph ein oder verließen ihn. Qasim Ali saß mit geradem Rücken und ernster Miene in der Hüttentür und behielt den Kreis stets im Auge. Er lenkte die Bestrafung mit einem unauffälligen Wort und einer unauffälligen Geste, wenn es nötig war, und achtete darauf, dass der Druck auf den Mann einerseits nicht nachließ, dass es andererseits aber nicht zu Exzessen kam.
Joseph wurde noch zweimal bewusstlos, bevor er schließlich
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