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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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scharfzüngiger Überheblichkeit. So mancher nahm ihm seine Grobheit und seine Attacken übel, arrangierte sich aber damit, weil Didier sich oft als nützlich und manchmal sogar als unverzichtbar erwies. Er wusste genau, wo man was in der Stadt kaufen oder verkaufen konnte, ob es sich nun um eine Pistole, ein Juwel oder ein Kilo reinsten weißen Thai-Heroins handelte. Und, wie er nicht müde wurde zu betonen, gab es kaum etwas, was er für eine entsprechende Summe nicht getan hätte, sofern sein Wohlergehen und seine Sicherheit dabei nicht gefährdet wurden.
    »Wir haben gerade darüber gesprochen, was die Leute für das Beste auf der ganzen Welt halten«, sagte Karla. »Aber dich brauche ich wohl gar nicht zu fragen.«
    »Du würdest bestimmt behaupten, dass Geld für mich das Beste ist«, erwiderte Didier gedehnt, »und damit hätten wir beide recht. Jeder halbwegs vernünftige Mensch begreift irgendwann, dass Geld zu haben das Wichtigste überhaupt ist. All die hehren Grundsätze und vornehmen Tugenden sind zwar ehrenhaft und ganz wunderbar, im Verlauf der Menschheitsgeschichte betrachtet, aber was uns im Inneren zusammenhält und davor bewahrt, unter die Räder zu kommen, ist nun mal Geld. Und du, Lin? Was hast du gesagt?«
    »Bislang hat er noch nichts gesagt. Und da du nun hier bist, wird er wohl auch nicht mehr dazu kommen.«
    »Nun komm schon, Karla, sei nicht gemein. Sag es uns, Lin. Es interessiert mich.«
    »Gut, wenn du es unbedingt wissen willst: Ich halte Freiheit für das Beste auf der Welt.«
    »Und wozu brauchst du diese Freiheit?«, fragte Didier mit einem kleinen Lachen.
    »Ich weiß nicht. Vielleicht nur, um ›nein‹ sagen zu können. Besitzt man diese Freiheit, hat man alles, was man braucht.«
    Der Kellner brachte das Bier und den Kaffee und knallte die Getränke achtlos auf den Tisch. Die Bedienung in Geschäften, Hotels und Restaurants von Bombay, die bislang von charmanter bis devoter Höflichkeit geprägt war, wurde damals zusehends rüder und artete manchmal regelrecht in schroffe Feindseligkeit aus. Und die ungehobelte Art der Kellner im Leopold’s war geradezu legendär. Nirgendwo anders lasse ich mich lieber wie den letzten Dreck behandeln als hier, sagte Karla einmal.
    »Ein Toast!«, verkündete Didier und hob sein Glas, um mit mir anzustoßen. »Auf die Freiheit … die Freiheit, zu trinken! Salut!«
    Er leerte mit einem Zug das halbe Glas, gab vernehmlich einen wohligen Seufzer von sich und kippte sich dann den Rest in den Rachen. Während er sich ein zweites Glas einschenkte, gesellten sich zwei weitere Leute zu uns, ein Mann und eine Frau, die sich zwischen Karla und mich setzten. Der dunkle, grüblerisch wirkende und magere junge Mann war Modena, ein schweigsamer und stets mürrischer Spanier, der mit französischen, italienischen und afrikanischen Touristen Schwarzhandel betrieb. Seine attraktive schlanke Begleiterin, eine deutsche Prostituierte namens Ulla, ließ es seit geraumer Zeit zu, dass er sich als ihren Geliebten bezeichnete.
    »Ah, Modena – du kommst gerade rechtzeitig, um die nächste Runde auszugeben«, rief Didier und hieb dem Spanier auf die Schulter. »Für mich einen Whisky Soda, bitte!«
    Der schmächtige Mann zuckte unter Didiers Schlag zusammen und verzog missmutig das Gesicht, rief aber den Kellner herbei und bestellte. Ulla hatte ein Gespräch mit Karla begonnen. Die beiden unterhielten sich in einem Kauderwelsch aus Englisch und Deutsch und verschleierten uns anderen damit, unbewusst oder vorsätzlich, die interessantesten Teile der Unterhaltung.
    »Woher hätte ich das denn wissen können, tell me ? Wie hätte ich bitte schön vorher erkennen können, dass er ein Spinner ist? Totally crazy, ich sag’s dir. Am Anfang hat er völlig normal gewirkt. Oder meinst du, dass das ein Wink mit dem Zaunpfahl war? Dass er zu normal ausgesehen hat? Na ja, jedenfalls war er noch keine zehn Minuten im Zimmer, da wollte er auf den Klamotten kommen. On my best dress! Ich musste allen Ernstes handgreiflich werden, um mein Kleid zu retten, dieser fucker! Abspritzen wollte er, auf meinen Kleidern! Das gibt’s doch nicht. Später bin ich dann auf eine Nase Koks ins Bad gegangen, und als ich wiederkam, hab ich ihn erwischt, wie er seinen Schwanz ganz tief in meinen Schuh gesteckt hat! Kannst du dir das vorstellen? In my shoe ! Nicht zu fassen!«
    »Bringen wir es auf den Punkt, Ulla«, sagte Karla sanft. »Die Verrückten finden dich immer.«
    »Yes, unfortunately. Was

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