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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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voller Wucht auf den linken Oberarm. Der Schlag war so hart, dass mir durch die gespaltene Spitze des Stocks die Haut entlang des Muskels vom Ellbogen bis zur Schulter aufplatzte. Blut quoll aus dem tiefen Schnitt und rann mir über die Finger, als ich die Wunde umklammerte.
    Rasend vor Wut sprang ich auf und riss dem verblüfften Rahul den Stock aus der Hand. Ich trieb ihn mehrere Schritt weit rückwärts in den leeren Raum. Neben mir war ein vergittertes Fenster, und ich warf den Stock durch die Gitterstäbe hinaus. Rahuls Augen traten hervor, teils vor Angst, teils vor Verwunderung. Das war nun das Letzte, was er erwartet hatte. Er tastete nach seiner Trillerpfeife auf der Brust. Mit einer Drehung zur Seite trat ich ihm ins Gesicht. Auch damit hatte er nicht gerechnet. Mein Fußballen traf ihn auf die Oberlippe. Er taumelte mehrere Schritte rückwärts. Regel Nummer eins beim Straßenkampf: niemals zurückweichen, es sei denn, man bereitet einen Gegenangriff vor. Ich setzte ihm nach, er verlor den sicheren Stand, und dann verpasste ich ihm mehrere Haken und kurze Geraden. Er senkte den Kopf und schützte ihn mit den Händen. Regel Nummer zwei beim Straßenkampf: niemals den Kopf senken. Auf den größtmöglichen Schaden abzielend, richtete ich meine Hiebe direkt auf seine Ohren, die Schläfen und den Hals. Er war massiger als ich und mindestens genauso kräftig, aber er war kein Kämpfer. Er krümmte sich, sank in die Knie und rollte auf die Seite, um Gnade winselnd.
    Als ich aufblickte, sah ich, wie die anderen Aufseher von draußen hereingelaufen kamen. Ich zog mich rückwärts in eine Ecke des Saals zurück und nahm Karatestellung ein. Sie rannten auf mich zu. Einer war schneller als die anderen. Sobald er in Reichweite war, verpasste ich ihm einen schnellen Tritt. Mein Fuß traf ihn mit voller Kraft zwischen den Beinen. Ich versetzte ihm drei Hiebe; dann ging er zu Boden. Sein Gesicht war blutig. Das Blut besudelte den gewienerten Steinfußboden, als er von mir wegkroch. Die anderen wichen unwillkürlich zurück. Sie standen in einem Halbkreis um mich herum, erschrocken und verwirrt, mit erhobenen Stöcken.
    »Na los!«, brüllte ich auf Hindi. »Was könnt ihr mir schon tun? Könnt ihr mir was Schlimmeres antun als das ?«
    Ich verpasste mir selbst einen harten Kinnhaken, und dann noch einen, sodass meine Lippe blutete. Dann zog ich die Hand durch das Blut auf meinem verletzten linken Arm und schmierte es mir auf die Stirn. Lektion Nummer drei beim Straßenkampf: Sei immer verrückter als der andere.
    »Könnt ihr mir was Schlimmeres antun als das ?« brüllte ich noch einmal, diesmal auf Marathi. »Glaubt ihr, davor habe ich Angst? Na los! Holt mich doch. Hey, ich will, dass ihr mich aus dieser Ecke rausholt! Ihr werdet mich kriegen, klar, natürlich werdet ihr mich kriegen, aber einen von euch kostet das ein Auge. Einem von euch reiße ich mit meinen eigenen Händen sein Auge raus und fresse es auf! Na los, macht schon! Beeilt euch gefälligst, verdammt nochmal, ich hab nämlich Kohldampf!«
    Sie zauderten, dann zogen sie sich zurück und steckten die Köpfe zusammen, um die Lage zu besprechen. Ich beobachtete sie, und jeder Muskel in meinem Körper war so angespannt wie bei einem Leoparden, der zum tödlichen Sprung auf seine Beute ansetzt. Nach einer halben Minute heiseren Gefüsters hatten die Aufseher eine Entscheidung getroffen. Sie traten noch etwas weiter zurück, und ein paar von ihnen liefen hinaus. Ich dachte, sie würden die Wärter holen, doch innerhalb weniger Sekunden waren sie mit zehn Gefangenen aus meinem Schlafsaal wieder da. Sie befahlen den Männern, sich mit dem Gesicht zu mir auf den Boden zu setzen und begannen auf sie einzuprügeln. Die Stöcke hoben und senkten sich zackig. Die Männer schrien und heulten. Nach einer Weile ließen sie von den zehn Männern ab und schickten sie weg. Es dauerte nicht lang, und zehn neue saßen da.
    »Komm jetzt aus der Ecke raus!«, befahl einer der Aufseher.
    Ich schaute auf die sitzenden Männer hinunter und dann wieder zu den Aufsehern. Ich schüttelte den Kopf. Er gab das Kommando, und die zweite Zehnergruppe wurde mit den Bambusstöcken traktiert. Ihre schrillen Schreie hallten in dem Steingewölbe, und das Echo kreiste wie ein Schwarm verängstigter Vögel über uns.
    »Komm aus der Ecke raus!«, rief der Aufseher.
    »Nein.«
    »Aur dass!«, brüllte er. » Bringt noch mal zehn! «
    Die nächste Zehnergruppe verängstigter Männer wurde vor mich

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