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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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Partei hat sogar den Namen geändert – Bombay heißt jetzt Mumbai. Die Landkarte noch nicht, aber das lässt bestimmt nicht lange auf sich warten. Es gibt praktisch nichts, was die Sainiks nicht tun würden, niemanden, mit dem sie sich nicht verbünden würden, um ihr Ziel zu erreichen. Und manchmal ergeben sich dazu gute Gelegenheiten. Günstige Fügungen. Unlängst haben einige Sainiks – nicht die Repräsentanten natürlich, sondern welche aus den unteren Rängen – eine Abmachung mit Rafiq, seinen Afghanen und der Polizei getroffen. Gegen gewisse Zahlungen und Zugeständnisse hat die Polizei fast alle Opiumhöhlen der Stadt geschlossen. Bombays beste Rauchsalons – Etablissements, die seit Generationen zum festen Bild der Stadt gehörten – sind innerhalb einer Woche dichtgemacht worden. Aus und vorbei! Für gewöhnlich interessiert mich diese ganze Politikschweinerei ebenso wenig wie das Gemetzel in der Wirtschaft. Das Einzige, was noch skrupelloser und zynischer ist als die Politik, ist die Wirtschaft. Aber in diesem Fall haben sich Politik und Wirtschaftsmacht verbündet, um dem Opiumrauchen den Garaus zu machen, und das empört mich zutiefst! Was ist denn Bombay ohne sein chandu – sein Opium – und seine Opiumhöhlen? Wo soll das alles hinführen? Das ist doch eine Schande!«
    Ich beobachtete, wie die Männer, über die er gerade berichtet hatte, dumpf und mechanisch ihr Essen hinunterschlangen. Ihr Tisch war überhäuft mit Platten, auf denen sich Reis-, Huhn- und Gemüseberge türmten. Keiner der fünf Männer sprach. Sie sahen sich nicht einmal an, während sie das Essen in sich hineinschaufelten.
    »Sinniger Gedanke«, bemerkte ich grinsend. »Dass nur die Wirtschaft noch skrupelloser ist als die Politik, meine ich. Gefällt mir.«
    »Ah, mein lieber Freund, das ist leider nicht auf meinem Mist gewachsen. Das Bonmot stammt von Karla, aber ich verwende es immer wieder gern. Ich bekenne mich ja vieler Vergehen schuldig – fast aller, um ehrlich zu sein –, aber mit fremden Federn geschmückt habe ich mich nie.«
    »Bewundernswert«, sagte ich und lachte.
    »Na ja«, schnaufte er. »Irgendwo muss man ja Grenzen ziehen. Zivilisation entsteht schließlich eher durch Verbote als durch Freiheiten.«
    Er verstummte, trommelte wieder mit den Fingern auf die Marmortischplatte und sah mich dann von der Seite an.
    »Das war von mir«, sagte er, sichtlich verstimmt, weil ich seiner Bemerkung nicht die erwartete Achtung geschenkt hatte. Als ich mich immer noch nicht dazu äußerte, setzte er hinzu: »Das mit der Zivilisation … das war von mir.«
    »Sehr geistreich«, erwiderte ich rasch.
    »Nicht der Rede wert«, sagte Didier bescheiden. Dann sah er mich an, und wir brachen in Gelächter aus.
    »Was ist für Rafiq eigentlich dabei herausgesprungen, wenn ich mal fragen darf? Bei dieser Geschichte mit den Opiumhöhlen. Warum hat er sich darauf eingelassen?«
    »Darauf eingelassen?« Didier verzog das Gesicht. »Es war seine Idee. Mit garad, braunem Heroin, lässt sich mehr Geld verdienen als mit Opium. Und jetzt rauchen die Armen, die vorher chandu konsumiert haben, das garad. Und Rafiq hat sich das garad -Geschäft unter den Nagel gerissen. Nicht das Ganze natürlich. Das braune Heroin wird tonnenweise aus Afghanistan über Pakistan nach Indien geliefert. Aber den garad -Markt in Bombay hat er ziemlich vollständig in der Hand. Hier geht es um viel Geld, mein Freund, um richtig dicke Kohle.«
    »Und weshalb haben sich die Politiker darauf eingelassen?«
    »Nun, aus Afghanistan kommt nicht nur Heroin und Haschisch«, antwortete er, wieder mit gesenkter Stimme. »Sondern auch Handfeuerwaffen, schweres Geschütz und Sprengstoff. Die Sikhs setzen diese Waffen zurzeit im Punjab ein und die muslimischen Separatisten in Kaschmir. Die Waffen sind das eine. Ein noch wichtigerer Faktor ist aber Macht – die Macht, für die vielen armen Muslime zu sprechen, die für die Shiv Sena Feinde sind. Wenn man einen Bereich beherrscht – in diesem Fall den Drogenhandel –, hat man Einfluss auf den anderen – also den Waffenhandel. Und die Sena-Partei will unbedingt den Waffenfluss in ihrem Bundesstaat, also hier in Maharashtra, kontrollieren. Geld und Macht eben. Siehst du die drei Afrikaner an dem Tisch neben Rafiq und seinen Leuten? Die beiden Männer und die Frau?«
    »Ja. Die Frau ist mir vorhin schon aufgefallen. Eine echte Schönheit.«
    Das junge Gesicht mit den markanten Wangenknochen, der sanft geschwungenen

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