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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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breiten Nase und den üppigen Lippen wirkte wie aus schwarzer Lava gemeißelt. Ihr Haar, zu vielen schmalen Zöpfen geflochten, war mit bunten Perlen verziert. Als sie über einen Witz ihrer Freunde lachte, funkelten ihre Zähne strahlend weiß.
    »Schön? Das sehe ich anders. Ich finde, bei den Afrikanern sind die Männer schön und die Frauen bestenfalls attraktiv. Bei den Europäern ist es umgekehrt. Karla ist schön – ein vergleichbar schöner europäischer Mann ist mir noch nie begegnet. Aber das ist ein anderes Thema. Ich wollte eigentlich nur sagen, dass diese drei da drüben Kunden von Rafiq sind, Nigerianer. Der Handel zwischen Bombay und Lagos gehört zu den Zugeständnissen aus der Abmachung mit den Sainiks – ein Nebeneffekt, sozusagen. Die Sena hat in Bombay einen Mann beim Zoll. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie viel Geld da hin- und hergeschoben wird. Rafiqs Erfolg beruht auf der Verknüpfung von Interessen mehrerer Länder – Afghanistan und Indien, Pakistan und Nigeria – mit den entsprechenden Schaltstellen der Macht: Polizei, Zoll und Politiker. All das ist Teil des Kampfes um die Macht über unser verfluchtes und geliebtes Bombay. Und dieses ganze Intrigenspiel hat begonnen mit der Schließung meiner geliebten alten Opiumhöhlen. Eine Tragödie.«
    »Beeindruckender Typ, dieser Rafiq«, murmelte ich, etwas schnoddriger als beabsichtigt.
    »Er ist Afghane, mein Freund, und sein Land befindet sich im Kriegszustand. Da liegt sein Motiv. Und er arbeitet für einen der mächtigsten Mafia-Klans, den Walidlalla-Klan. Sein engster Mitarbeiter ist Chuha, einer der gefährlichsten Männer von Bombay. Aber in diesem Teil der Stadt hier liegt die Macht in den Händen von Abdel Khader Khan, dem großen Mafia-Don. Er ist Dichter, Philosoph und Gangsterboss – alles in einem. Er wird Khader bhai genannt, Khader- Älterer-Bruder. Es gibt andere, die mehr Geld und Waffen haben als Khaderbhai – er ist ein Mann mit strengen Prinzipien, verstehst du, er schlägt viele lukrative Geschäfte aus. Aber ebendiese Prinzipien verschaffen ihm – ich weiß nicht genau, wie man das auf Englisch sagt – vielleicht eine Art unmoralische Überlegenheit, und es gibt niemanden in diesem Teil von Bombay, der mehr Einfluss hat als er. Viele Leute halten ihn für einen Heiligen mit übernatürlichen Fähigkeiten. Ich kenne ihn, und ich kann dir sagen, er ist der faszinierendste Mann, dem ich je begegnet bin. Und das macht ihn zu einer wirklich bedeutenden Persönlichkeit, denn ich habe, wenn ich mir diese unbescheidene Bemerkung erlauben darf, in meinem Leben eine Menge beeindruckender Menschen kennen gelernt.«
    Er ließ diese Worte einen Moment lang nachwirken und sah mich dabei an.
    »Komm schon, was ist denn? Du trinkst ja gar nichts!«, sagte er dann. »Ich hasse es, wenn Leute so lange brauchen, um ein Glas zu leeren. Das ist ebenso idiotisch wie ein Kondom überziehen, wenn du dir einen runterholen willst.«
    »Lass mal«, sagte ich lachend. »Ich, ähm, ich warte auf Karla. Sie müsste jeden Moment zurückkommen.«
    »Ah, Karla …« Er sprach ihren Namen mit einem langen, sanft gerollten »R« aus. »Und was genau hast du mit unserer unergründlichen Karla vor?«
    »Wie bitte?«
    »Vielleicht ist es sinnvoller zu fragen, was sie mit dir vorhat, non ?«
    Er goss sich den restlichen Whisky aus der Liter-Flasche ins Glas und gab das restliche Wasser dazu. Seit über einer Stunde hatte er ohne Pause getrunken. Seine Augen waren blutunterlaufen und von aufgeplatzten roten Äderchen durchzogen wie der Handrücken eines Boxers, doch sein Blick blieb fest, und seine Handbewegungen waren sicher.
    »Ich habe sie ein paar Stunden nach meiner Ankunft in Bombay auf der Straße kennen gelernt«, hörte ich mich selbst sagen. »Sie strahlte etwas aus, das … Ich glaube, dass ich unter anderem ihretwegen noch hier bin. Ihretwegen und wegen Prabaker. Ich mag die beiden sehr gern – das war vom ersten Moment an so. Mir sind Menschen sehr wichtig, weißt du. Ich würde jederzeit eine Wellblechhütte dem Taj Mahal vorziehen, wenn dort interessante Menschen drin wohnten – wobei ich das Taj Mahal noch nicht gesehen habe, muss ich zugeben.«
    »Es ist undicht.« Didier tat das architektonische Wunderwerk mit zwei verächtlichen Worten ab. »Aber hast du eben interessant gesagt? Hast du allen Ernstes gesagt, Karla sei interessant ?«
    Er gab ein eigentümlich schrilles, fast hysterisches Lachen von sich und schlug mir kräftig

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