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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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verriegelt. Ich ging einen Schritt zurück und trat sie auf. Ein, zwei Sekunden lang war es totenstill – die erschrockenen Männer starrten uns mit offenem Mund und aufgerissenen Augen an. Uns am nächsten stand ein großer, sehr kräftig gebauter kahlköpfiger Mann, dessen Wangen von einem gleichmäßigen, tief gefurchten Narbenmuster bedeckt waren. Er trug ein Unterhemd und Boxershorts. Hinter ihm stand ein etwas kleinerer Mann, der nur eine Unterhose anhatte. Er war über eine halbhohe Frisierkommode gebeugt, um sich eine Linie Heroin in die Nase zu ziehen. Der dritte Mann war noch kleiner, doch seine Brust und die Arme waren ausgesprochen muskulös. Er lag auf einem der drei Betten, ganz hinten im Zimmer, in der Hand einen Playboy. Ein strenger Geruch hing in der Luft. Es war der Geruch von Schweiß und Angst. Zum Teil kam er von mir.
    Abdullah drückte die Tür langsam und sachte hinter sich zu und schloss sie ab. Er war ganz in Schwarz gekleidet, wie fast immer. Vikram hatte sein schwarzes Cowboy-Outfit an. Und auch ich trug an diesem Tag zufälligerweise eine schwarze Hose und ein schwarzes T-Shirt. Für die glotzenden Männer müssen wir ausgesehen haben wie die Mitglieder irgendeines Clubs oder einer Gang.
    »Was zum Teufel –«, brüllte der Hüne.
    Ich lief auf ihn zu und drosch ihm die Faust auf den Mund, doch er hatte noch genug Zeit, die Hände zu heben. Mit fliegenden Fäusten schlugen wir aufeinander ein, packten einander und hielten uns in einer festen Klammer.
    Vikram rannte zu dem Mann auf dem Bett. Abdullah war mit einem Satz bei dem Mann an der Frisierkommode. Es war ein kurzer und schmutziger Kampf. Wir waren zu sechst – sechs große Männer in einem kleinen Zimmer. Und es gab keinen Ausweg.
    Abdullah hatte seinen Mann schnell erledigt. Ich hörte einen ängstlichen Schrei, der erstickt wurde, als Abdullah ihn mit einer harten rechten Geraden auf den Hals traf. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie der kräftige Kerl nach hinten taumelte und sich keuchend den Hals hielt. Der Mann auf dem Bett sprang auf die Füße und trat um sich, weil er den Vorteil seiner erhöhten Position nutzen wollte. Abdullah und Vikram kippten das Bett mit einem Schwung um, sodass der Mann hinterrücks auf den Boden knallte. Sie sprangen über das umgedrehte Bett, stürzten sich auf ihn und traktierten ihn mit Tritten und Stößen, bis er sich nicht mehr rührte.
    Ich hielt mich mit der Linken am Unterhemdträger des Hünen fest und hämmerte mit der Rechten auf ihn ein. Er ignorierte die Hiebe, die auf seinen Kopf niedergingen, bekam meinen Hals zu fassen und begann zu drücken. Meine Kehle war zugeschnürt. Ich wusste, dass die Luft, die ich noch in mir hatte, meine letzte sein würde, wenn ich ihn nicht erledigte. Verzweifelt streckte ich die Rechte nach seinem Gesicht aus. Mein Daumen fand sein Auge. Ich wollte es ihm in den Kopf drücken, doch in dem Moment bewegte er sich, sodass mein Daumen zwischen das Auge und den harten Knochenrand der Augenhöhle rutschte. Ich bohrte den Daumen immer tiefer hinein, bis ich das Auge aus der Augenhöhle gedrückt hatte und es an ein paar blutigen Fasern heraushing. Ich versuchte es zu fassen zu kriegen, es abzureißen oder den Daumen mitten in die leere Augenhöhle zu stoßen, doch er wich so weit zurück, wie es ging, ohne mich loszulassen. Das Auge hing auf seiner Wange, und ich schlug mit der Faust danach, versuchte es zu zerquetschen.
    Er war ein zäher Bursche. Er gab nicht auf. Seine Hände drückten noch fester zu. Ich hatte einen kräftigen Hals mit gut ausgebildeter Muskulatur, doch ich wusste, dass dieser Kerl stark genug war, um mich zu töten. Meine rechte Hand ließ von ihm ab und tastete nach der Pistole in meiner Hosentasche. Ich musste ihn erschießen. Ich musste ihn umbringen. Das machte nichts. Es kümmerte mich nicht. Die Luft in meinen Lungen war verbraucht, in meinem Gehirn explodierten Fraktale aus farbigem Licht, ich rang mit dem Tod – ich wollte ihn umbringen.
    Vikram schmetterte dem Hünen einen schweren Holzhocker auf den breiten Hinterkopf. Einen Mann bewusstlos zu schlagen ist nicht so einfach, wie es im Kino immer aussieht. Wenn man richtig trifft, geht es manchmal tatsächlich mit einem Schlag, aber ich bin schon mit Eisenstangen, Holzstücken, Stiefeln und zahllosen harten Fausthieben traktiert worden und habe dabei nur ein einziges Mal das Bewusstsein verloren. Vikram schlug den schweren Hocker fünf Mal mit voller Wucht auf den Hinterkopf des

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