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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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nützlich sein könnte. Sie war gerade erst aus Madame Zhous Palace freigekauft worden, und Maurizio war fest entschlossen, das investierte Geld so schnell wie möglich wieder zurückzubekommen. Er wies den in Liebe entflammten Modena an, ihr zwei Kunden pro Tag zu beschaffen – so lange, bis die Schuld getilgt war. Von diesem ständigen Verrat an seiner Liebe gepeinigt, drängte Modena seinen Partner, Ulla aus ihrer Verpflichtung zu entlassen. Doch Maurizio weigerte sich, machte sich über Modenas Gefühle für eine Nutte lustig und bestand darauf, dass er sie Tag und Nacht arbeiten ließ.
    Ulla hielt in ihrem Bericht inne, als ein Klopfen an der Tür Abdullah ankündigte. Der hochgewachsene Iraner trat lautlos ein, ganz in Schwarz gekleidet wie ein Wesen der Nacht. Er begrüßte mich mit einer Umarmung und nickte Lisa leicht zu. Sie kam und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Dann hob er die Decke an, um Maurizios Leiche zu betrachten. Als er mit fachmännischem Blick den einen, tödlichen Messerstich sah, zog er die Mundwinkel herunter und nickte anerkennend. Schließlich ließ er die Decke wieder sinken und murmelte ein Gebet.
    »Hassan hat noch zu tun. Er ist in etwa einer Stunde hier«, sagte er dann.
    »Hast du ihm gesagt, was er tun soll?«
    »Das weiß er«, erwiderte er mit einem kurzen Lächeln und hochgezogener Augenbraue.
    »Ist draußen noch alles ruhig?«
    »Ich habe mich umgeschaut, bevor ich reingekommen bin. Auf der Straße und hier im Gebäude ist es ruhig.«
    »Von den Nachbarn hat bisher keiner reagiert. Lisa hat gesagt, er hätte die Tür mit einem einzigen Tritt aufgebrochen und es hätte auch kein großes Geschrei gegeben. Als ich gekommen bin, lief nebenan laute Musik. Da war eine Party oder so was im Gange. Ich glaube nicht, dass irgendjemand was mitgekriegt hat.«
    »Wir … wir müssen jemanden rufen!«, stieß Ulla plötzlich hervor, stand auf und ließ den Lungi zu Boden fallen. »Wir sollten einen … einen Arzt rufen … die Polizei rufen …«
    Abdullah war mit einem Satz bei ihr und nahm sie mit überraschend zärtlicher Anteilnahme in den Arm. Er drückte sie sanft wieder aufs Sofa, murmelte etwas Beruhigendes und wiegte sie sanft hin und her. Ich beobachtete die beiden mit einem Anflug von Scham, denn ich wusste, dass ich Ulla längst auf diese sanfte Weise hätte trösten sollen. Aber Maurizios Tod kompromittierte mich, und ich hatte Angst. Ich hatte Grund genug gehabt, mir seinen Tod zu wünschen, und hatte ihn deshalb zusammengeschlagen. Mit anderen Worten: Ich hatte ein Motiv für einen Mord. Und das war bekannt. Es schien, als sei ich hier bei Lisa und Ulla, um ihnen beizustehen, als reagierte ich auf ihren Hilferuf. Doch da war noch mehr. Ich war auch hier, um mir selbst zu helfen. Ich war hier, um dafür zu sorgen, dass kein klebriger Faden vom Spinnennetz seines Todes an mir hängen blieb. Deshalb spürte ich keinerlei zärtliche Regung in mir, und alle Sanftheit kam von einem iranischen Killer namens Abdullah Taheri.
    Ulla war bereit weiterzuerzählen. Lisa schenkte ihr einen Wodka mit Limettensaft ein. Sie nahm einen kräftigen Schluck und fuhr mit ihrer Geschichte fort. Es dauerte ziemlich lange, denn sie war nervös und hatte Angst. Ab und zu ließ sie wichtige Einzelheiten aus, und sie erzählte nicht chronologisch, sondern sprunghaft, wie es ihr gerade einfiel. Wir mussten öfter nachfragen und sie zu einer etwas schlüssigeren Erzählweise anhalten, doch nach und nach erfuhren wir die ganze Geschichte.
    Modena hatte den Nigerianer als Erster kennen gelernt – den Geschäftsmann, der sechzigtausend Dollar für Heroin ausgeben wollte. Er hatte ihn Maurizio vorgestellt, und der Afrikaner hatte sich etwas zu schnell und leichtherzig von seinem Geld getrennt. Maurizio hatte sich das Geld unter den Nagel gerissen und wollte weitermachen wie üblich, doch Modena hatte anderes im Sinn. Er nutzte diese Gelegenheit, um Ulla zu befreien und Maurizio, dem er grollte, weil er sie zur Sklavin gemacht hatte, endlich loszuwerden. Er stahl Maurizio das Geld und tauchte unter, woraufhin der Nigerianer sein Mordkommando nach Bombay schickte. Um die verständlicherweise rachedurstigen Afrikaner abzulenken, während er nach Modena suchte, nannte Maurizio ihnen meinen Namen und behauptete, ich hätte das Geld gestohlen. Den nächsten Teil der Geschichte kannten Abdullah und ich nur zu gut.
    Trotz der jämmerlichen Feigheit, die er mir gegenüber an den Tag gelegt hatte, und seiner Angst,

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