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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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Kettensklaven. Und dennoch lag in diesen goldfarbenen Augen eine Liebe, die mir etwas zu geben vermochte, wonach ich mich in meinem tiefsten Inneren immer gesehnt hatte. Die Liebe in diesen sanft lächelnden, zutiefst besorgten Augen war die Liebe eines Vaters: die einzige Vaterliebe, die mir jemals zuteilwurde.
    »Von jetzt an bleibst du bei uns«, flüsterte er, ohne den Blick abzuwenden. »Du kannst nicht in dein Hotel zurückgehen. Die Polizei hat deine Personenbeschreibung, sie suchen dich. Das ist meine Schuld, und ich muss mich bei dir entschuldigen. Jemand, der uns nahesteht, hat uns verraten. Es ist unser Glück und sein Pech, dass wir nicht erwischt wurden. Er wird bestraft werden. Sein Fehler hat ihn verraten. Wir wissen nun, wer er ist, und wir wissen, was mit ihm geschehen muss. Doch das muss warten, bis wir zurückkehren. Morgen fahren wir nach Quetta, wo wir uns eine Weile aufhalten müssen. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, werden wir die Grenze nach Afghanistan überqueren. Von diesem Tag an, für die Zeit deines gesamten Aufenthalts dort, ist ein Preis auf deinen Kopf ausgesetzt. Die Russen bezahlen für die Verhaftung von Ausländern, die den Mudjahedin Hilfestellung geben. Und hier in Pakistan haben wir nur wenige Freunde. Ich denke, wir sollten dir einheimische Kleidung verschaffen. Du sollst aussehen wie ein junger Mann aus meinem Dorf – ein Paschtune, wie ich einer bin. Ja, eine Mütze, mit der wir deine hellen Haare bedecken, und einen Pattu, einen Schal für deinen Brustkorb und deine breiten Schultern. Wir könnten dich vielleicht als meinen blauäugigen Sohn ausgeben. Was hältst du davon?«
    Was hielt ich davon? Die Blinden Sänger räusperten sich lautstark, und die Musiker spielten den Auftakt zu einem neuen Lied. Die klagenden Klänge des Harmoniums schwangen sich in die Luft, und die Tablas trommelten den Rausch der Leidenschaft. Ich sah zu, wie die langen schlanken Finger der Tabla-Spieler die zitternden Membranen der Trommeln schlugen und liebkosten, und meine Gedanken drifteten davon im hypnotischen, flatternden und fließenden Rhythmus der Musik. Meine eigene Regierung in Australien hatte einen Preis auf meinen Kopf ausgesetzt, eine Belohnung für Informationen, die zu meiner Verhaftung führen konnten. Und hier, auf der anderen Seite der Welt, geschah nun dasselbe. Einmal mehr, als die wilde Trauer und Verzückung der Blinden Sänger die Menschen im Innersten erfassten, einmal mehr, als in den Augen der Zuschauer die Ekstase zu glitzern begann, einmal mehr gab ich mich dem schicksalhaften Augenblick hin und fühlte, wie mein ganzes Leben sich mit dem Rad drehte.
    Dann fiel mir unversehens der Brief in meiner Tasche wieder ein; der Brief von Didier, den Khaled mir zwei Stunden zuvor im Taxi übergeben hatte. Durch die Verquickung von Zufall und der Wiederholung von Geschichte argwöhnisch geworden, wollte ich nun unbedingt wissen, was drin stand. Ich holte ihn hervor, hielt ihn mir dicht vor die Augen und entzifferte ihn im bernsteingelben Licht einer Laterne.
    Lieber Lin,
    hiermit möchte ich dir mitteilen, mon cher ami , dass ich heraus
    gefunden habe, wer es war – ich weiß, wer dich an die Polizei ver
    raten und dafür gesorgt hat, dass du ins Gefängnis geworfen und
    so schlimm misshandelt wurdest. Es ist so entsetzlich! Ich kann es
    noch immer nicht fassen! Nun also, die Person, die dahintersteckte,
    ist Madame Zhou, die Besitzerin des Palace. Bis jetzt ist es mir nicht
    gelungen, den Grund dafür zu erfahren, doch selbst ohne ihr Motiv
    für diese schreckliche Tat zu kennen, kann ich dir versichern, dass
    ich verlässlichste Quellen habe und dass es wahr ist.
    Ich hoffe, bald von dir zu hören.
    Dein Freund
    Didier
     
    Madame Zhou. Doch warum? Noch während ich mir selbst die Frage stellte, wusste ich auch schon die Antwort: Ich sah plötzlich Rajan vor mir, Madame Zhous Eunuchendiener. Ich erinnerte mich, dass er mich beobachtet hatte, am Tag der Flut, als ich Karla mit Vinods Boot aus dem Taj Mahal Hotel rettete. Ich erinnerte mich an den niederträchtigen Hass in seinen Augen, als er Karla und mir zusah, wie wir in Shantus Taxi stiegen. Am Abend dieses Tages hatte die Polizei mich festgenommen, und die qualvolle Haftzeit begann. Madame Zhou hatte mich bestraft, weil ich sie getrogen und herausgefordert hatte, weil ich mich als amerikanischer Konsulatsangestellter ausgegeben und ihr Lisa Carter weggenommen hatte, und ja, vielleicht auch wegen meiner Liebe zu

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