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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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Wir alle hier haben eine Mission, Lin. Und wir leben und kämpfen und sterben vielleicht auch für diese Sache. Wenn wir diesen Kampf gewinnen, werden wir den Lauf der Geschichte verändern, von diesem Punkt an, mit unserem Kampf. Das ist unsere Mission – die ganze Welt zu verändern. Was ist deine Mission, Lin? Was ist deine Mission?«
    Ich fror so schlimm, als die ersten Schneeflocken durch die Luft drifteten, dass ich am ganzen Körper zitterte und meine Zähne aufeinanderschlugen.
    »Was war … was war mit Madame Zhou … als Karla wollte, dass ich einen Amerikaner spiele. War das … auch deine Idee? Dein Plan?«
    »Nein. Karla hat ihre eigene Fehde mit Zhou und ihre eigenen Gründe. Aber ich fand ihren Plan gut, dich einzusetzen, um ihre Freundin aus dem Palace zu befreien. Ich wollte wissen, ob es dir gelingt. Ich habe schon damals erwogen, ob du eines Tages mein Amerikaner in Afghanistan sein könntest. Und du hast dich gut geschlagen, Lin. Nicht viele Leute haben sich gegen Zhou in ihrem eigenen Reich so gut behauptet.«
    »Eines noch, Khader«, stammelte ich. »Als ich im Gefängnis war … hattest du etwas damit zu tun?«
    Ein Schweigen breitete sich aus, jene Art von bedrohlichem Schweigen, das sich tiefer ins Gedächtnis gräbt als der schrillste Laut.
    »Nein«, antwortete er schließlich. »Aber die Wahrheit ist, dass ich dich hätte herausholen können, schon nach der ersten Woche. Ich habe ziemlich gleich davon erfahren. Und es stand in meiner Macht, dir zu helfen, aber ich habe es nicht getan. Erst am Ende.«
    Ich sah Nasir und Ahmed Zadeh an, die meinem Blick gleichmütig standhielten. Als ich Khaled Ansari anschaute, bekam ich einen angespannten trotzig-zornigen Gesichtsausdruck zu sehen, der seine gezackte Narbe noch deutlicher hervortreten ließ.
    Sie hatten es alle gewusst. Sie alle wussten, dass Khader nichts unternommen hatte, um mich früher aus dem Gefängnis zu befreien. Aber das ging in Ordnung. Khader schuldete mir nichts. Er hatte nicht dafür gesorgt, dass man mich dort einsperrte. Er war nicht verpflichtet, mich herauszuholen. Und zuletzt hatte er es ja getan: Er hatte mich befreit und mir das Leben gerettet. Aber ich selbst hatte so viele Schläge einstecken müssen und andere Männer waren so schlimm zugerichtet worden, weil sie versucht hatten, eine Nachricht zu ihm zu schmuggeln … und selbst wenn es ihnen gelungen wäre, hätte Khader die Nachricht nicht beachtet und erst dann gehandelt, wenn er selbst es für richtig gehalten hätte. All meine Hoffnung war sinnlos und nichtig gewesen. Und wenn man einem Mann zeigt, wie nichtig seine Hoffnung und sein Hoffen war, tötet man den hellen bejahenden Teil in ihm, der geliebt werden möchte.
    »Du wolltest … meine größte Dankbarkeit. Deshalb … hast du mich nicht früher befreit. War es so?«
    »Nein, Lin. Es war damals eine unselige Lage, es war einfach dein kismet. Ich hatte eine Abmachung mit Madame Zhou. Sie half uns dabei, Treffen mit den Politikern zu arrangieren und Zugeständnisse von einem der pakistanischen Generäle zu bekommen. Er war … einer ihrer … Kontaktmänner. Genauer gesagt, war er Karlas spezieller Kunde. Sie hat ihn zu Madame Zhou gebracht. Und dieser Mann war ungemein wichtig für meine Pläne. Aber Madame Zhou war so rasend wütend auf dich, dass nur die Vorstellung, dich im Gefängnis zu wissen, sie befriedigen konnte. Sie wollte, dass du dort getötet wirst. Sobald meine Arbeit erledigt war, gleich am ersten Tag, habe ich deinen Freund Vikram geschickt, um dich herauszuholen. Glaub mir, ich wollte niemals, dass dir Leid geschieht. Ich habe dich gern. Ich –«
    Er brach ab, weil ich die Hand auf mein Holster legte. Khaled, Ahmed und Nasir reagierten sofort und hoben die Hände, aber sie wussten, dass sie zu weit entfernt von mir waren, um mich mit einem einzigen Sprung zu erreichen.
    »Wenn du dich nicht sofort umdrehst und weggehst, Khader, schwöre ich bei Gott, ich schwöre bei Gott, dass ich etwas tun werde, was uns beide umbringt. Es ist mir egal, was mit mir geschieht. Ich will dich nur nie mehr sehen, nie mehr hören, nie mehr mit dir sprechen, in meinem ganzen Leben nicht.«
    Mit einem ruhigen, beinahe lässigen Schritt trat Nasir vor Khader und deckte ihn.
    »Ich schwöre bei Gott, Khader. Mir ist es momentan ganz egal, ob ich lebe oder sterbe.«
    »Aber wir brechen jetzt nach Chaman auf, wenn der Schnee nachlässt«, erwiderte Khader, und zum ersten Mal hörte ich ein Zittern in seiner

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