Shantaram
hervor und vernahmen ein sonderbares vibrierendes Brummen. Khaled war nur wenige Meter von mir entfernt, und ich sah, wie sich sein vernarbtes Gesicht vor Angst verzerrte. Er rannte auf Felsspalten gegenüber der Höhle zu und schrie, ich solle ihm folgen. Ich setzte mich in Bewegung, erstarrte jedoch, als ein russischer Hubschrauber wie ein riesiges monströses Insekt über den Bergrand schwenkte. Es lässt sich schwer beschreiben, wie gewaltig und furchterregend diese Kampfhubschrauber wirken, wenn man von ihnen unter Beschuss genommen wird. Das Monster nimmt alles ein, und ein paar Momente lang scheint es nichts anderes auf der Welt zu geben als das ohrenbetäubende Brüllen des metallischen Ungeheuers und das Grauen.
In dem Moment, in dem der Hubschrauber auftauchte, feuerte er auch schon und wirbelte so schnell und wendig davon wie ein Falke, der seine Beute gepackt hat. Zwei Raketen rasten durch die Luft auf die Höhlen zu. Ich fuhr herum und sah, wie die eine in den Fels oberhalb des Höhleneingangs einschlug und in einem Schauer aus Flammen, Metallsplittern, Felsbrocken und Rauch explodierte. Unmittelbar darauf schoss die zweite Rakete in den Höhleneingang und detonierte.
Der Schock erfasste mich körperlich; es fühlte sich an, als stehe ich am Rand eines Schwimmbads und werde hinterrücks von jemandem hineingestoßen. Ich fiel auf den Rücken und rang um Luft. Ich sah den Eingang zur Höhle, in der unsere Verwundeten lagen und andere Männer sich versteckten. Durch den schwarzen Qualm und die Flammen kamen sie herausgekrochen oder -gelaufen. Einer von ihnen war ein paschtunischer Händler namens Alef. Khaderbhai hatte ihn besonders geschätzt, weil er gute Witze erzählte und hervorragend aufgeblasene Mullahs oder Politiker imitieren konnte. Sein Rücken war von oben bis unten aufgerissen, seine Kleider loderten neben dem nackten rohen Fleisch. Ein Hüftknochen und ein Schulterblatt stachen hervor und bewegten sich in der Wunde, als er vorwärtskroch.
Er schrie um Hilfe, und ich biss die Zähne zusammen und wollte zu ihm laufen, doch dann tauchte der Hubschrauber erneut auf. Donnernd raste er auf uns zu und kreiste zweimal über uns, um den günstigsten Winkel für weitere Angriffe zu erspähen. Dann hing er mit lässiger Dreistigkeit am Rande des Felsplateaus, das uns so lange Schutz und Zufucht geboten hatte. Und feuerte kurz nacheinander je zwei weitere Raketen auf die Höhlen ab. Ein Feuerball erhellte das Innere der Höhlen, und draußen loderte der Schnee in Flammen und einem Splitterregen aus weiß glühenden Metallstücken. Ein Splitter landete nur eine Armeslänge von mir entfernt zischend im Schnee. Ich kroch zu Khaled hinüber und zwängte mich in die schmale Felsspalte.
Maschinengewehrfeuer aus dem Hubschrauber riss den Boden auf und zerfetzte die Körper der Verwundeten, die vor der Höhle am Boden lagen. Plötzlich hörte ich anders klingende Schüsse und sah, dass einer unserer Männer das Monstrum mit einem PK, einem unserer russischen Maschinengewehre, attackierte. Kurz darauf gesellte sich ein zweites MG dazu. Zwei unserer Leute beschossen den Helikopter. Mein einziger Impuls hatte darin bestanden, mich vor der gnadenlosen Tötungsmaschine in Sicherheit zu bringen, doch diese Männer offenbarten sich dem Ungeheuer nicht nur, sondern forderten es tatsächlich heraus.
Irgendwo hinter mir ertönte ein Schrei, dann schoss eine Rakete an meinem Versteck vorbei auf den Hubschrauber zu. Sie war von einem unserer Männer mit einem AK-74 abgeschossen worden. Sie verfehlte den Hubschrauber, ebenso wie die beiden folgenden, aber das MG-Feuer hatte das Ungeheuer getroffen und zwang den Piloten dazu, abzuziehen.
Jubelgeschrei erhob sich. Allah hu Akbar! Allah hu Akbar! Allah hu Akbar! Khaled und ich zwängten uns aus der Felsspalte und sahen, wie vier Männer dem Hubschrauber hinterherrannten und weiter feuerten. Ein schwarzer Rauchfaden quoll aus dem Bauch des Ungeheuers, als es abschwenkte, unterlegt vom misstönenden metallischen Kreischen einer irrlaufenden Maschine an Bord.
Der junge Mann, der das Gegenfeuer eröffnet hatte, war Jalalaad, der Hazarbuz-Nomade. Er reichte seinem Nebenmann das schwere PK, griff sich ein AK-74, an dem mit Klebeband zwei Magazine befestigt waren, und rannte los, um nach etwaigen Feinden zu suchen, die sich in der Deckung durch den Hubschrauber womöglich dem Lager genähert hatten. Zwei weitere junge Männer folgten ihm und schlitterten durch den Schnee den
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