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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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meine schicksalhafte Beziehung zu Karla und Khaderbhai ihren wirklichen Anfang genommen hatte. Jeder Eingang ist ein Portal, das durch Zeit und Raum führt. Derselbe Eingang, durch den wir einen Raum betreten und wieder verlassen, geleitet uns auch in die Vergangenheit dieses Raums und in seine unentwegt fortschreitende Zukunft. Das wussten die Menschen schon vor langer Zeit, in ihrem Ur-Geist und ihrer Ur-Wahrnehmung. Noch immer kann man in jeder Kultur Menschen finden, die Eingänge verzieren und ihnen huldigen, von Irland bis Japan. Ich stieg zwei Stufen hinauf, streckte die rechte Hand aus und berührte den Torpfosten. Dann legte ich die Hand auf die Brust, über dem Herzen, in einem Salaam an das Schicksal und als Zeichen der Ehrerbietung gegenüber allen toten Freunden und Feinden, die mit mir eintraten.
    Didier Levy saß an seinem Stammplatz, mit Ausblick auf die Gäste und das Treiben auf der Straße, und unterhielt sich mit Kavita Singh. Sie schaute auf den Tisch, aber Didier blickte auf und sah mich, als ich auf ihn zukam. Wir starrten uns an und lasen im Gesicht des anderen wie Schamanen, die den Zauber verstreuter Knöchelchen zu deuten suchen.
    »Lin!«, schrie Didier dann, sprang auf, umarmte mich stürmisch und küsste mich auf beide Wangen.
    »Tut gut, dich zu sehen, Didier.«
    »Bah!«, rief er aus und wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. »Wenn man als heiliger Krieger so einen Bart tragen muss, danke ich welchen Mächten auch immer, dass ich Atheist und Feigling bin!«
    Es kam mir vor, als mischten sich mehr graue Haare in Didiers volle dunkle Locken, die wie üblich bis zum Kragen seines Sakkos reichten. Die hellblauen Augen schienen noch röter und müder geworden zu sein, doch auf seinem Gesicht lag nach wie vor der durchtriebene spöttische Ausdruck, den ich so gut kannte und liebte. Didier war derselbe Mann wie früher, in derselben Stadt, und ich war froh, wieder zu Hause zu sein.
    »Hallo, Lin!«, rief Kavita und schubste Didier beiseite, um mich zu umarmen.
    Sie sah wunderbar aus. Ihr üppiges braunes Haar war wild und zerzaust, und sie wirkte kraftvoll und lebendig, als sie mich mit ihren klaren Augen ansah. Ihre freundschaftliche Umarmung, das Gefühl ihrer zarten Finger an meinem Hals, war nach all den Entbehrungen, dem Blut, der Kälte von Afghanistan eine solche Labsal, dass ich sie heute noch spüren kann, nach all den Jahren.
    »Setz dich, setz dich!«, rief Didier und bedeutete dem Kellner, dass er mehr Drinks bringen sollte. »Merde, ich hatte gehört, dass du angeblich tot seist, aber ich habe es nicht geglaubt! Ist das wunderbar, dich zu sehen! Wir werden uns heute fantastisch betrinken, non ?«
    »Nein«, erwiderte ich knapp. Als ich die Enttäuschung in seinen Augen sah, sagte ich etwas milder: »Dafür ist es noch ein bisschen früh am Tag, und außerdem muss ich auch los. Ich … muss etwas erledigen.«
    »Na schön«, seufzte Didier ergeben. »Aber ein Glas musst du mit mir trinken. Es wäre wahrhaftig zu unzivilisiert von dir, auf meine Gesellschaft zu verzichten, ohne dass ich den heiligen Krieger wenigstens ein bisschen zur Sünde bekehren darf. Wozu kehrt ein Mann schließlich von den Toten zurück, wenn nicht, um mit seinen Freunden starke geistige Getränke zu genießen?«
    »Okay.« Ich lächelte ihn an, blieb aber noch stehen. »Ein Drink. Whisky. Einen doppelten. Ist das sündig genug?«
    »Ah, Lin«, versetzte Didier grinsend. »Gibt es in deiner widerwärtig idealen Welt irgendjemanden, der sündig genug ist für mich?«
    »Wo ein schwacher Wille ist, da ist auch ein Weg, Didier. Wir geben die Hoffnung nie auf.«
    »Aber gewiss doch«, erwiderte er, und wir lachten beide.
    »Dann wünsche ich euch viel Spaß«, verkündete Kavita und küsste mich auf die Wange. »Ich muss zurück ins Büro. Lass uns mal treffen, Lin. Du siehst … du siehst ziemlich verwegen aus. Du siehst nach einer Story aus, yaar. Und zwar hundertprozentig.«
    »Klar«, sagte ich grinsend. »Die eine oder andere Geschichte gibt’s schon zu erzählen. Aber die bleiben unter uns. Reichen für ein Abendessen, würde ich sagen.«
    »Ich freu mich drauf«, entgegnete sie und sah mir so lange in die Augen, dass ich ihren Blick an mehreren Stellen zugleich spürte. Dann lächelte sie Didier strahlend an. »Und du, Didier, sei jetzt mal ganz schnell ein bisschen scheußlich zu jemandem. Ich möchte nicht hören müssen, dass du komplett rührselig geworden bist, yaar, nur weil Lin wieder da

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