Shaolin - Das Geheimnis der inneren Staerke
dem es uns gelingt, Anhaftungen zu erkennen und ohne Wertung wahr- und anzunehmen, werden unsere Aufmerksamkeit und Wachheit geschult. Und schließlich werden wir immer seltener von anhaftenden Gefühlen bestimmt, die in uns Leiden erzeugen. Die folgende Übung hilft Ihnen dabei, Ihre Achtsamkeit hinsichtlich Ihrer Gefühle zu trainieren.
ÜBUNG
Achtsamkeit sich selbst gegenüber trainieren
Machen Sie diese Übung täglich, am besten zum ersten Mal gleich morgens, noch bevor Sie aufstehen, und zum letzten Mal abends vor dem Schlafen. Wenn Sie auch tagsüber Zeit finden – umso besser.
Fragen Sie sich:
Was denke ich im Moment? Was geht in meinem Kopf vor sich?
Was fühle ich im Moment? Fühle ich etwa eine latente Angst, Freude, Ungeduld?
Was spüre ich im Moment? Welche körperlichen Befindlichkeiten nehme ich wahr, vielleicht eine leichte Verspannung im Nacken oder ein (un-)angenehmes Gefühl im Bauch?
Was auch immer Sie wahrnehmen, werten Sie es nicht, und versuchen Sie auch nicht, es zu verändern, sondern nehmen Sie es einfach wahr! Üben Sie fünf bis zehn Minuten. Je konzentrierter, desto besser!
Allein in dem Moment, in dem wir uns diese Fragen stellen, sind wir bewusst und achtsam im Moment. Oder, wie die Shaolin-Mönche sagen: Das ist das Erwachen! Jetzt! In diesem Moment. So schaffen wir innere Stärke!
Durch dieses Geistestraining entsteht ganz automatisch eine wache Gegenwärtigkeit, eine offene Präsenz, eine Dankbarkeit für den Moment, für das, was ist. Wir lernen, nicht ständig etwas hinterherzuhecheln oder weg von einem Zustand zu wollen, und erleben so ein ganz starkes Wohlgefühl. Wir müssen nicht auf etwas reagieren, sondern sind zufrieden und dankbar für das, was im Moment ist, für das, was wir haben. Diese innere Dankbarkeit und Bescheidenheit schafft sehr viel Freiheit im Denken, dadurch auch im Fühlen, im Tun, im Sein und auf der körperlichen Ebene, zum Beispiel in Form von mehr Entspannung, besserer Durchblutung und erholsamerem Schlaf. So entwickeln wir unsere innere Stärke!
»Wir alle möchten unser Leben so vollständig wie möglich leben. Deshalb müssen wir lernen, dort zu sein, wo das Leben stattfindet , nämlich genau hier, jetzt .«
[ Fred von Allmen ]
Wenn wir den Augenblick wahrnehmen, machen wir die grundlegende Erfahrung, dass alles kommt und geht, egal welche Befindlichkeiten auftauchen. Sie tauchen auf, gehen aber auch wieder. Warum also sollen wir sie allzu ernst nehmen? Es gibt doch keinen Grund, uns zu ärgern, aufzuregen, denn der Gedanke, das Gefühl gehen doch ohnehin bald wieder weg, alles in uns wandelt sich – und die Erkenntnis, dass das einzig Beständige der Wandel ist, schafft innere Gelassenheit und Freiheit.
Erwacht wie ein Buddha
»Buddha« bedeutet wörtlich »der Erwachte«. Wenn wir uns die Frage(n) nach dem, was wir denken, fühlen und spüren, stellen und gegenwärtig sind, erwachen auch wir für kurze Zeit. Wir erreichen dann ein kleines Erwachen, ein kleines Stück Buddha-Natur, indem wir den Moment erkennen und wahrnehmen.
Wenn wir uns so beobachten und immer wieder bewusst auf den Moment achten, merken wir erst, wie wenig wir uns in der Gegenwart befinden. Meist sind wir ein kleines oder auch großes Stück in der Vergangenheit oder in der Zukunft. Wir planen, was als Nächstes kommen soll, wir freuen uns auf das, was kommen wird. Oder wir schweifen mit unseren Gedanken in der Vergangenheit umher, machen uns Gedanken darüber, was gerade war, grübeln über etwas, was wir ohnehin nicht mehr ändern können: »Was habe ich denn da gesagt? Was hätte ich in dieser Situation besser machen können? Hätte ich bloß nicht dies, und hätte ich doch nur das.«
Aber nur ganz, ganz selten sind wir einen Moment oder sogar längere Zeit nur in der Gegenwart, absolut im Hier und Jetzt. Wollen wir aber innere Stärke gewinnen, unseren (inneren) Gegner erkennen und bezwingen, unsere Hindernisse beiseiteräumen, können wir das nur in der Gegenwart, denn da läuft das Bewusstseinsrad. Je mehr Gegenwärtigkeit wir entwickeln, desto mehr Energie gewinnen wir. Und wir halten den Schlüssel in der Hand, um die Verantwortung für unser Leben und unser Glück selbst zu übernehmen. Wir werden Herr in unserem eigenen Haus, werden freier von all den Reizmustern und Anhaftungen, die unserem Glück im Wege stehen. Wir häuten uns gewissermaßen, wie es auch in den Lehrreden »Digha Nikaya« heißt: »Wie die Schlange ihre Haut abstreift, so müssen auch
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