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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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östlich von Lapan vorstoßen.«
    Elleroth nickte. Das Mädchen kam wieder mit einem einfachen irdenen Krug, Lederbechern und einem Teller mit frischen Rettichen und Wasserkresse. Elleroth füllte beide Becher, nahm einen kräftigen Schluck und blickte dann mit einer übertrieben erstaunten und entzückten Miene mit offenem Mund zu ihr auf. Das Mädchen kicherte und entfernte sich.
    »Besser als wir erwarten konnten«, sagte Elleroth. »Nun, kümmere dich nicht weiter um den armen Jungen, Mollo. Schreibe es meiner Überspanntheit zu. Ich werde es dir eines Tages erzählen. Jedenfalls hat es nichts mit dem zu tun, worüber wir auf dem See sprachen.«
    »Wie haben sie ihren Bären zurückbekommen?« fragte Mollo, biß ein Stück von einem Rettich ab und streckte seine Beine gegen das Kohlenbecken aus. »Ich habe gehört – wenn es wahr ist, macht es mir Angst, und noch hat mir keiner gesagt, es sei nicht wahr –, daß der Bär die beklanische Front durchbrach und Gel-Ethlin tötete, als hätte er gewußt, wer der war. Das können dir alle aus Deelguy erzählen, denn in der beklanischen Armee kämpfte eine Abteilung aus Deelguy, und der Bär tötete kurz nach Gel-Ethlin auch ihren Anführer – er zerfetzte ihm den Hals. Du mußt zugeben, all das ist sehr seltsam.«
    »Und?«
    »Nun, als die Nacht hereinbrach, verschwand der Bär. Aber du weißt ja, wo er jetzt ist – dort oben, auf dem Hügel.« Er wies mit dem Daumen über seine Schulter.
    »Dieser Crendrik – der König – suchte den ganzen folgenden Sommer die Spur des Bären«, antwortete Elleroth. »Sobald die Regenfälle aufhörten, zog er mit seinen Priesterinnen, oder wie immer man sie nennt, los und durchkämmte das ganze Land von Kabin bis Terekenalt und von Gelt bis zum Telthearna. Er war früher ein Jäger, glaube ich. Nun, ob er es war oder nicht, schließlich fand er den Bären in einem sehr schwer zugänglichen Teil der Hügel; und er setzte den ganzen Hügel, auch zwei arme Dörfer, in Brand, um ihn zu zwingen, ins Flachland zu kommen. Dann betäubte er ihn mit irgendeiner Droge, fesselte ihn mit Ketten – «
    »Fesselte ihn?« unterbrach Mollo. »Wie in aller Welt fesselt man einen Bären?«
    »Sie hatten festgestellt, daß er sich durch keinen Käfig festhalten ließ, wurde mir erzählt, also banden sie, während er betäubt war, seine Beine mit einer Würgekette an seinen Hals, so daß er sich um so mehr die Luft abschnitt, je mehr er strampelte. Dann wurde er auf einer offenen Plattform mit Rädern in knappen zwei Tagen hundert Kilometer weit nach Bekla geschleppt. Die Männer wechselten einander ab und hielten nicht an. Dennoch wäre er fast gestorben – die Ketten waren ihm nicht besonders angenehm, verstehst du. Das zeigt aber nur, wie wichtig der Bär für die Ortelganer ist und was sie alles zu tun bereit sind, wenn es ihn betrifft. Möglich, daß sie bloß Telthearnataucher sind, aber sie werden offenbar durch dieses Tier zu großen Taten inspiriert.«
    »Sie nennen es die göttliche Kraft«, sagte Mollo. »Bist du sicher, daß es das nicht ist?«
    »Mein lieber Mollo, was kannst du nur damit meinen? – Laß mich den Lederbecher, den du dort hast, anfüllen. Ich möchte wissen, ob sie noch mehr von diesem Wein haben.«
    »Also, ich kann mir das, was geschehen ist, auf keine andere Weise erklären. Das ist auch die Ansicht des alten S’marr – er sagte, sie seien dazu bestimmt gewesen zu siegen. Zuerst erhalten die Beklaner keinerlei Nachricht über das Vorgefallene, dann trennen sie ihr Heer in zwei Teile, dann setzen die Regenfälle ein, dann tötet der Bär Gel-Ethlin in eben dem Moment, als er siegreich ist, und keiner in Bekla erhält die geringste Warnung, bis die Ortelganer die Stadt überfallen – willst du wirklich behaupten, das alles sei bloßer Zufall?«
    »Ja, das will ich«, erwiderte Elleroth, gab sein absonderliches Benehmen auf, beugte sich vor und blickte Mollo ins Gesicht. »Ein überzivilisiertes Volk wird selbstgefällig und sorglos und läßt die Tür geöffnet für einen Stamm fanatischer Wilder, die durch ein Gemisch von Glück, Verrat und gemeinster Unmenschlichkeit für ein paar Jahre seinen Platz an sich reißen.«
    »Ein paar Jahre? Es sind schon fünf.«
    »Fünf Jahre sind ein paar Jahre. Sind sie nun sicher? Du weißt, daß sie es nicht sind. Es steht ihnen ein brillanter General gegenüber, dessen Ausgangsbasis so nahe liegt wie Ikat. Das beklanische Reich ist auf die Hälfte zusammengeschmolzen. Die

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