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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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seinem dortigen Aufenthalt erfuhr er ein wenig – nicht viel – darüber, wie sehr die Ortelganer den Bärenkult mißbraucht haben. Ich sagte, nicht viel, denn anscheinend befürchten sie, daß die bloße Existenz der Priesterin Unruhen gegen sie bewirken könnte, und man bewacht sie unaufhörlich und spioniert ihr nach. Aber Sildain erzählte mir mehr oder minder, was ich dir gesagt habe – daß sie eine weise, ehrenhafte und mutige Frau ist; daß sie das rechtmäßige Oberhaupt des Bärenkultes ist; daß es, ihrer Auslegung der Mysterien nach, kein Anzeichen dafür gab, daß sie von Gott zu ihrem Angriff auf Bekla gelenkt wurden; daß dieser Crendrik und der andere Bursche – Minion, Pinion oder wie immer er heißt – den Bären mit Gewalt für ihre eigenen Zwecke benutzten und daß alles, was seither getan wurde, nichts als Gotteslästerung ist, wenn man es so nennen darf.«
    »Dann wundert es mich um so mehr, daß man sie nicht ermordet hat.«
    »Offenbar ist es umgekehrt – sie spüren, daß sie ihnen fehlt, und haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, sie zu überreden, nach Bekla zu kommen. Trotz allem, was geschehen ist, empfindet dieser Crendrik großen Respekt für sie, aber obwohl er mehrmals Boten zu ihr sandte, um sie zu sich einzuladen, weigert sie sich ausdauernd. Sie will, im Gegensatz zu dir, Mollo, keinen Teil haben an dem Rauben und Blutvergießen der Ortelganer.«
    »Dennoch ändert es nichts an ihrem ungewöhnlichen Erfolg und an der Zuversicht, mit der sie kämpfen. Ich habe allen Grund, sie zu unterstützen. Sie haben mich zum Kommandanten von Kabin gemacht, und wenn sie fallen, falle auch ich.«
    »Nun, was das betrifft – sie haben mich als Statthalter von Sarkid auf meinem Posten belassen. Nichtsdestoweniger gebe ich für sie keine zwei Pfifferlinge. Glaubst du, ich würde die Ehre von Sarkid verkaufen um ein paar Meld von diesen dreckigen, mörderischen – «
    Mollo legte ihm die Hand auf den Arm und schielte rasch, ohne den Kopf zu wenden, seitwärts. Der Wirt stand unmittelbar hinter der Sitzbank, anscheinend mit dem Stutzen des Dochtes der Wandlampe beschäftigt.
    »Könnten wir noch Brot und Käse bekommen?« fragte Elleroth auf Yeldashay.
    Der Wirt gab nicht zu erkennen, daß er verstanden hätte.
    »Wir müssen jetzt gehen, Wirt«, sagte Elleroth auf beklanisch. »Sind wir dir noch etwas schuldig?«
    »Nichts, werte Herren, gar nichts«, sagte der Wirt strahlend und reichte jedem der beiden ein kleines eisernes Modell der Großen Waage. »Gestattet mir – eine kleine Erinnerung an euren Besuch im ›Grünen Hain‹. Ein Nachbar fertigt sie an, wir bewahren sie für besondere Gäste – bin sehr geehrt – hoffentlich haben wir wieder einmal das Vergnügen – mein bescheidenes Haus – stets glücklich – «
    »Sag Tarys, sie soll sich etwas Hübsches kaufen«, sagte Elleroth und legte zehn Meld auf den Tisch.
    »O Herr, wie freundlich, überaus freigebig – sie wird entzückt sein – ein reizendes Mädchen, nicht wahr? Sie würde bestimmt, wenn Ihr es wünscht – «
    »Guten Morgen«, sagte Elleroth. Sie traten hinaus auf die Kolonnade. »Glaubst du, daß er es sich zum Prinzip macht, seine Sprachkenntnisse vor dem Tageslicht zu verbergen?« fragte er, als sie wieder quer über den Marktplatz schlenderten.
    »Das wüßte ich auch gern«, sagte Mollo. »Ich kann mir nicht denken, warum er zu Mittag die Lampendochte stutzt. Oder warum er sie überhaupt stutzt, denn das ist Frauenarbeit, und er hat das Mädchen als Hilfskraft.«
    Elleroth drehte das häßliche kleine Modell in seinen Händen.
    »Das habe ich befürchtet – ja, befürchtet. Er muß uns für völlige Dummköpfe halten. Glaubt er, wir können die Eisenmarke von Gelt nicht erkennen? Was seinen Nachbarn, der sie herstellt, betrifft – auf der Großen Waage gewogen und als nicht vorhanden befunden.«
    Er stellte das Modell auf ein Fensterbrett über der Straße, dann kaufte er, einem nachträglichen Einfall folgend, ein paar Weintrauben an einem Stand nebenan. Nachdem er sorgfältig eine Beere in jede Waagschale gelegt hatte, reichte er Mollo die Hälfte der übrigen, und sie gingen weiter, aßen Trauben und spien die Kerne aus.
    »Aber spielt es eigentlich eine Rolle, ob dich der Bursche verstanden hat oder nicht?« fragte Mollo. »Ich weiß, ich habe dich gewarnt, als ich ihn dort stehen sah, aber nach all den Jahren wurde mir das zur zweiten Natur. Ich glaube kaum, daß du auf seine Aussage hin angeklagt

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