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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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mir über die Leiter zu helfen.« Sie schüttelte den Kopf, ging aber ohne Widerspruch, und er sagte zu Melathys: »Ich will dich nicht aufhalten, aber ich muß irgendwie ordentlich gekleidet sein. Was wirst du tragen?«
    Sie wies mit einem Nicken zu einer roh behauenen, unpolierten Truhe, die auf der anderen Seite des leeren Zimmers stand, und er sah, daß darauf ein einfaches, sauberes Kleid lag, hochgeschlossen und mit losen Ärmeln, ein wenig ungleichmäßig rot gefärbt – das Sonntagsgewand eines Bauernmädchens.
    »Es sind gütige Menschen«, sagte sie. »Die Frau des Dorfältesten gab mir den Stoff – er gehörte ihr –, und ihre Frauen nähten gestern das Kleid.« Sie lächelte. »Jetzt sind mir schon zwei neue Kleider in diesen fünf Tagen geschenkt worden.«
    »Die Leute mögen dich gern.«
    »Das kann nützlich sein. Aber komm, Liebster, da ich nicht versuchen werde, dich in deinem Entschluß umzustimmen, müssen wir uns beeilen. Wie steht es mit deiner Kleidung?«
    »Die Yeldashayer werden mir helfen.« Er hinkte zur Leiter, als Dirion mit einem Holzeimer voll kaltem Wasser mühselig zum zweitenmal nach oben kam. Melathys sagte auf beklanisch: »Mit dem Waschen ist es wie mit den Kleidern. Aber sie ist eine freundliche Seele. Sag dem Offizier, ich komme bald.«
    Der Offizier war Dirion bis zur halben Höhe der Leiter gefolgt, und Kelderek, der nun hinunterblickte, erkannte Tan-Rion.
    »Bitte gib mir die Hand«, sagte er. »Ich bin schon soweit wiederhergestellt, um heute mit dir und der Priesterin zu kommen.«
    »Davon wußte ich nichts«, antwortete Tan-Rion, sichtlich überrascht. »Es wurde mir gesagt, du könntest es nicht schaffen.«
    »Mit deiner Hilfe wird es schon gehen«, sagte Kelderek. »Ich bitte dich, tu mir diesen Gefallen. Für mich ist diese Pflicht heiliger als Geburt und Tod.«
    Als Antwort streckte Tan-Rion seine Hand aus. Als Kelderek sich über die Leiter hinunter tastete, sagte er: »Du bist deinem Bären von Bekla zu Fuß bis hierher gefolgt?«
    Kelderek zögerte. »Gewissermaßen – ja, ich glaube schon.«
    »Und der Bär hat Graf Elleroths Sohn gerettet.«
    Kelderek, der Schmerzen hatte, ließ sich zu einer leichten Ungeduld hinreißen. »Ich war dabei.« Er war matt und lehnte sich an die Wand des dunklen unteren Zimmers, in das er hinuntergestiegen war. »Kannst du – könnten deine Leute vielleicht – mir Kleider besorgen? Irgend etwas Sauberes und Anständiges genügt mir.«
    Tan-Rion wandte sich zu den beiden an der Tür wartenden Soldaten und redete in seiner Muttersprache. Einer antwortete ihm, stirnrunzelnd und sichtlich irgendwie unsicher. Der Offizier sagte wieder etwas in schärferem Ton, und die Soldaten eilten fort.
    Kelderek bewegte sich mühsam aus der Hütte zum Strand, zog das grobe, sackartige Hemd aus, das er im Bett getragen hatte, und kniete nieder, um sich mit einer Hand im Seichten zu waschen. Das kalte Wasser machte ihn völlig munter, und er setzte sich, nun mit recht klarem Kopf, auf eine Bank, während Tan-Rion ihn, in Ermanglung von etwas Besserem, mit dem Hemd abtrocknete. Die Soldaten kamen zurück, der eine trug ein in einen Mantel gewickeltes Bündel. Kelderek bemühte sich zu verstehen, was sie sagten.
    » – ganze Dorf leer, Herr«, hörte er, »– brave Leute – können uns nicht einfach selbst bedienen – das Bestmögliche getan – «
    Tan-Rion nickte und wandte sich ihm wieder zu. »Sie haben ein paar ihrer eigenen Kleider gebracht. Sie schlagen vor, daß du sie anziehst und den Nachtmantel eines Wachtpostens darüber trägst. Ich glaube, das ist das Beste, was wir in so kurzer Zeit schaffen können. Es wird ganz gut aussehen.«
    »Ich bin ihnen dankbar«, sagte Kelderek. »Könnten sie – könnte jemand – mich vielleicht stützen? Ich bin leider schwächer, als ich dachte.«
    Einer der Soldaten, der seine Unbeholfenheit und seine sichtbare Angst bemerkt hatte, den schwer verbundenen linken Arm zu verletzen, war bereits mit spontaner Gefälligkeit vorgetreten, um ihm in die ungewohnten Kleider zu helfen. Es war die vorschriftsmäßige Uniform eines Infanteristen aus Yeldashay. Der Mann befestigte den Mantel an seinem Hals und legte dann Keldereks gesunden Arm über seine Schultern. In diesem Augenblick kam Melathys über die Leiter nach unten, verneigte sich ernst vor Tan-Rion, berührte kurz Keldereks Hand und ging dann voraus auf die Dorfstraße.
    Sie trug die geflochtenen Ringe einer Priesterin aus Quiso. Er überlegte, ob es

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