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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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zerschlagen wurden. Der Bär ist Wahnsinn, Raserei, ein verräterischer, nicht voraussehbarer Sturm, der dich vernichtet und ertränkt, wenn du dich in ruhigem Wasser wähnst. Glaube mir, Kelderek, traue nie dem Bären. Er wird dir Gottes Allmacht versprechen und dich durch Verrat in Unglück und Verderben stürzen.«
    Bel-ka-Trazet verstummte und blickte plötzlich auf. Jenseits der Böschung erschütterte ein schwerer, unsicherer Schritt die Äste des Melikons, so daß ein Beerenstrom in den Teich prasselte. Dann erschien unmittelbar über ihnen eine riesige, gebückte Gestalt, die sich gegen die leuchtenden Sterne abzeichnete. Kelderek sprang auf und fand sich den kurzsichtig starrenden Augen Shardiks gegenüber.
     

12. Abschied des Barons
     
    Ohne sich zu erheben oder seinen Blick von dem Bären abzuwenden, tastete Bel-ka-Trazet hinter sich ins Wasser, ergriff einen Stein und warf ihn ins Dunkel jenseits der Böschung. Als er aufschlug, wandte der Bär den Kopf, und der Baron stieg schnell in den Teich, watete unter den Wasserfall und in den engen Raum zwischen dem Vorhang des herabstürzenden Wassers und der dahinterliegenden Böschung. Kelderek blieb, wo er war, während der Bär wieder zu ihm hinuntersah. Seine Augen blickten stumpf, und ein Zittern durchlief bald seine Vorderbeine, bald seinen Kopf. Plötzlich krampften sich die massiven Schultern des Tieres zusammen. Bel-ka-Trazet sagte leise und scharf: »Kelderek, komm hierher zurück!«
    Wieder empfand der Jäger keine Furcht; mit einem spontanen Verständnis, über das sich zu wundern er keine Zeit fand, nahm er an den Empfindungen des Bären teil. Sie waren, das wußte er, durch Schmerzen abgeschwächt. Da er den Schmerz fühlte, empfand er auch den Impuls, ziellos fortzugehen und bei Bewegung und Zerstreuung Erleichterung zu suchen. Eine noch größere Erleichterung wäre es gewesen zu schlagen, zu töten, aber der Schmerz hatte ihn unsäglich geschwächt und verwirrt. Es wurde Kelderek nun klar, daß der Bär ihn nicht gesehen hatte. Er starrte nicht auf ihn, sondern auf die steile Böschung und wagte in seiner Schwäche nicht hinunterzugehen. Während er noch reglos stand, sank der Bär langsam nieder, bis Kelderek seinen feuchten Atem auf seinem Gesicht spürte. Wieder rief Bel-ka-Trazet: »Kelderek!«
    Der Bär glitt, fiel nach vorn. Sein Fall glich dem Einsturz einer Brücke im Hochwasser. Kelderek sah gleichsam durch die getrübten Augen des Tieres, wie der Boden am Fuß der Böschung sich dem Stürzenden entgegenhob, und schwankte zur Seite vor der Männergestalt, die er plötzlich erblickte – sich selbst. Er stand im Wasser, als Shardik, mit den Tatzen schlagend, zusammenbrach und zum Teichrand rollte. Er beobachtete ihn, wie ein Kind den Kampf erwachsener Männer beobachtet – angespannt, erschreckt wachsam, doch zugleich ohne Furcht für sich selbst. Schließlich lag der Bär still. Seine Augen waren geschlossen, und eine der Wunden an seiner Flanke begann, langsam und dickflüssig wie Rahm auf das Gras zu bluten.
    Es wurde Licht, und Kelderek hörte hinter sich die ersten heiseren Schreie in dem erwachenden Wald. Wortlos trat Bel-ka-Trazet durch den Wasserfall, zog sein Messer und ließ sich vor der regungslosen Masse auf ein Knie nieder. Der Kopf des Bären war an seine Brust gesunken, so daß das lange Kinn seine schlaffe Kehle bedeckte. Der Baron machte eine Bewegung zur Seite hin und wollte zustoßen, da trat Kelderek vor und wand ihm das Messer aus der Hand.
    Bel-ka-Trazet wandte sich ihm mit einer so fürchterlich kalten Wut zu, daß dem Jäger die Worte auf den Lippen erstarben.
    »Du wagst es, Hand an mich zu legen!« zischte der Baron durch die Zähne. »Gib mir das Messer!«
    Zum zweitenmal dem Zorn und der Autorität des Großbarons von Ortelga gegenübergestellt, wankte Kelderek wirklich, als wäre er geschlagen worden. Für ihn, einen Mann ohne Rang oder Stellung, war Gehorsam gegenüber der Autorität fast seine zweite Natur. Er senkte den Blick, scharrte mit den Füßen und murmelte unverständliche Worte.
    »Gib mir das Messer!« wiederholte Bel-ka-Trazet ruhig.
    Plötzlich wandte Kelderek sich um und floh. Er hielt das Messer fest, stolperte durch den Teich und kletterte die Böschung hinauf. Als er sich umblickte, sah er, daß Bel-ka-Trazet ihn nicht verfolgte, sondern ein schweres Felsstück mit beiden Händen aufgehoben hatte, es über seinen Kopf hielt und neben den Bären trat.
    Mit der Verzweiflung eines Mannes,

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