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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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bückte sich, trank aus seinen hohlen Händen und setzte sich dann mit dem Rücken an die Böschung, den langen Stock aufrecht zwischen den hochgestellten Knien. Kelderek setzte sich beklommen neben ihn. Später erinnerte er sich an die rauhe Stimme, die langsame Bewegung der Sterne, das Rauschen des Wassers und dann und wann das leichte Plumpsen einer Beere in den Teich.
    »Ich habe mit Durakkon und mit Senda-na-Say gejagt. Ich war mit den Baronen von Ortelga zusammen, als wir vor dreißig Jahren als Gäste des Königs von Terekenalt im Blauen Wald von Katria jagten und den Leoparden erlegten, den man den Schmied nannte. Es war König Karnat, der fast ein Riese war. Wir feierten nach der Jagd und wogen den König gegen den ›Schmied‹ ab; aber der Schmied erwies sich als schwerer. Den Baronen gefiel meine Beteiligung an der Jagd, und sie schenkten mir die Eckzähne des Schmieds; aber ich schenkte sie später einem Mädchen. Ja«, sagte Bel-ka-Trazet nachdenklich, »ich schenkte sie einem Mädchen, das sich freute, wenn es mein Gesicht sah.
    Nun, mein Junge, es handelt sich nicht darum, was ich gesehen oder erlebt habe, wenn ich auch hier sitze und prahle angesichts der Sterne, die es vor langer Zeit gesehen haben und die Wahrheit von Lügen unterscheiden können. Als ich ein junger Mann geworden war, gab es in Ortelga keinen Baron oder Jäger, der nicht begierig und stolz gewesen wäre, mit mir zu jagen. Ich jagte, mit wem ich wollte, und lehnte Begleiter ab, die mir für den Namen, den ich mir gemacht hatte, zu schlecht erschienen. Ich war – ach! – « Er brach ab und stieß mit seinem Stock ins Gras. »Du hast doch schon gehört, nicht wahr, wie alte, runzlige Weiber rund um das Feuer von ihren Liebhabern und ihrer Schönheit sprachen?
    Eines Tages kam ein Adeliger aus Bekla, ein gewisser ›Zilkron mit den Pfeilen‹, mit Geschenken zu meinem Vater zu Besuch. Dieser Zilkron hatte in Bekla von meinem Vater gehört, daß er die besten Jäger an sich zöge und daß er einen geschickten und mutigen Sohn hätte. Er schenkte meinem Vater Gold und feine Stoffe, und der Grund dafür war, daß er mit uns zur Jagd gehen wollte. Mein Vater hatte nichts übrig für diesen geschniegelten Herrn aus Bekla, konnte es sich aber, wie alle armseligen ortelganischen Barone, nicht leisten, Gold abzulehnen; so sagte er mir denn: ›Komm, mein Junge, wir führen ihn auf die andere Seite des Telthearnas und suchen ihm eine von den großen, wilden Katzen. Dann kann er ein paar Geschichten mit nach Hause nehmen.‹
    In Wahrheit wußte mein Vater weniger, als er annahm, von den großen Katzen – den Katzen, die zweimal soviel wiegen wie ein Mensch, die Vieh und Alligatoren töten und die Schalen der Schildkröten aufreißen, wenn sie an Land kommen, um ihre Eier zu legen. In Wirklichkeit ist die Jagd auf sie zu gefährlich, es sei denn, man fängt sie in Fallen. Damals wußte ich bereits, was sich machen ließ und was nicht, und ich brauchte mir nicht zu beweisen, daß ich kein Feigling war. Aber ich wollte meinem Vater nicht sagen, daß ich besser Bescheid wußte als er. So überlegte ich mir also, wie ich am besten hinter seinem Rücken vorgehen konnte, um unser Leben zu retten.
    Wir überquerten den Telthearna und begannen, als erstes die grün-schwarzen Wasserschlangen zu jagen, die Leopardentöter, die vier- bis fünfmal so lang werden wie ein Mensch. Hast du die schon gejagt?«
    »Nie, Herr«, antwortete Kelderek.
    »Man findet sie nachts an den Flüssen, und sie sind bösartig und gefährlich. Sie haben kein Gift, töten aber durch Erdrücken. Wir ruhten tagsüber, so daß ich viel freie Zeit mit Zilkron verbrachte. Ich lernte ihn genau kennen, seinen Stolz und seine Eitelkeit, seine hervorragenden Waffen und die Ausrüstung, die er nicht zu gebrauchen verstand, und seine List, wenn er die Jägergespräche mit Geschichten ergänzte, die er anderswo gehört hatte. Und ich bearbeitete ihn dauernd, um ihm einzureden, daß die großen Katzen für ihn nicht der Mühe wert seien und er lieber andere Tiere jagen solle. Aber er war kein Feigling und auch kein Narr, und bald erkannte ich, daß ich ihm reinen Wein einschenken mußte, um ihn umzustimmen, denn er war entschlossen, sich einer Gefahr auszusetzen, mit der er zu Hause in Bekla prahlen könnte. Schließlich brachte ich die Sprache auf Bären. Welche Jagdtrophäe, fragte ich, ließ sich mit einem Bärenfell, Kopf, Klauen und allem übrigen, vergleichen? Innerlich wußte ich,

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