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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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töten.«
    »Ich schicke zwei von den Mädchen mit einem Kanu nach Quiso. Sie werden dich in Ortelga absetzen. Den Jäger kann ich nicht entbehren. Ich brauche ihn.«
    Damit schritt die Tuginda fort und begann, mit großem Nachdruck mit den Mädchen zu sprechen, wies zuerst zum Hügel empor, dann nach unten zum Fluß und erteilte dabei ihre Weisungen. Einen Augenblick schien der Baron ihr nochmals folgen zu wollen. Dann zog er die Schultern hoch, wandte sich um, stieg über die Böschung, vorbei an Kelderek, den er keines Blickes würdigte, und ging weiter in Richtung zum Lager. Er suchte sein Hinken zu verbergen, und sein schreckliches Gesicht wirkte so grau und verstört, daß Kelderek, der bereit gewesen war, sich nach besten Kräften zu verteidigen, zitterte und seinen Blick abwandte wie vor einer furchterregenden Erscheinung. »Er fürchtet sich!« dachte er. »Er weiß jetzt, daß er sich gegen Shardik, unseren Herrn, nicht durchsetzen kann, und fürchtet sich!«
    Plötzlich sprang er vorwärts und rief: »Herr! O Herr, vergebt mir!« Aber der Baron stapfte weiter, als habe er nichts gehört, und Kelderek blickte ihm nach – auf die verfärbte Beule in seinem Nacken und auf den schweren, schwarzen Pelzumhang, der über dem Gras von einer Seite zur anderen pendelte.
    Er sollte Bel-ka-Trazet nie wiedersehen.
     

13. Der Gesang
     
    Shardik lag den ganzen Tag am Bach im Schatten der Böschung und der Melikonzweige. Die zwei Mädchen, die in der Nacht in der Grube gewacht hatten, hatten sich recht vorsichtig verhalten, als der Bär sich mühselig erhoben hatte und den Abhang nach oben gestiegen war. Zuerst hatten sie gedacht, er sei zu schwach, um hinaufzugelangen, aber als ihm das tatsächlich glückte und er, wenngleich der Erschöpfung nahe, begann, zu dem Bach hinunterzuwandern, war ihm das ältere Mädchen, Muni, gefolgt, während ihre Gefährtin zu der Tuginda eilte, um sie zu wecken. Tatsächlich war Muni nur wenige Schritte entfernt gewesen, als Shardik bei dem Teich zusammenbrach, hatte aber Kelderek nicht gesehen, so eilig war sie zurückgehastet, um die Tuginda zu holen.
    Die nach Quiso entsandten Mädchen kehrten noch vor Mitternacht zurück, denn ohne den langen Umweg quer über den Fluß war ihre Reise stromaufwärts viel kürzer als die erste. Sie brachten frische Vorräte, Reinigungssalben sowie andere Medikamente und ein Kräuterschlafmittel, das die Tuginda selbst dem Bären sofort verabreichte. Einige Stunden lang hatte das Mittel wenig Erfolg, aber gegen Morgen schlief Shardik tief und regte sich nicht, während seine Brandwunden wieder gesäubert wurden.
    Als Kelderek am nächsten Nachmittag aus dem Wald zurückkam, wo er Schlingen ausgelegt hatte, traf er Sheldra, die in der Nähe des Lagers auf der Wiese stand. Er folgte ihrem Blick und sah in einiger Entfernung die Gestalt einer ungewöhnlich hochgewachsenen Frau in Mantel und Kapuze, die neben dem Bach den Abhang hinaufschritt. Er erkannte die Laternenträgerin, die er nachts am Ufer von Quiso getroffen hatte. Noch weiter entfernt, am Fluß, befanden sich sechs oder sieben Frauen, deren jede eine Last trug, sichtlich auf dem Weg zum Lager.
    »Wer ist das?« fragte Kelderek, auf die große Frau zeigend.
    »Rantzay«, sagte Sheldra, ohne ihn anzublicken.
    Nach wie vor gab es unter den Mädchen keines, mit dem Kelderek sich ungezwungen hätte unterhalten können. Selbst untereinander sprachen sie wenig, benutzten Worte, wie Messer oder Faden, einfach als Mittel zur Bewältigung ihrer Aufgaben. Er spürte jedoch keine Verachtung in ihrer düsteren Zurückhaltung, die er eigentlich gerade aus dem entgegengesetzten Grund als einschüchternd empfand – weil sie Respekt vermuten ließ und ihm eine Würde, ja sogar eine Autorität verlieh, an die er nicht gewöhnt war. Sie sahen ihn nicht, wie die Mädchen in Ortelga einen jungen Mann sahen, sondern betrachteten ihn, wie alles andere in ihrem Leben, im Licht des Kultes, dem ihr Dasein geweiht war. Ihr Verhalten zeigte, daß sie in ihm eine wichtige Persönlichkeit sahen, den Mann, der Shardik, unseren Herrn, als erster gesehen und erkannt und dann unter Lebensgefahr der Tuginda die Nachricht gebracht hatte. Sheldras Antwort war nicht geringschätzig gemeint. Sie hatte ihm so kurz geantwortet, wie sie jeder ihrer Gefährtinnen geantwortet hätte, und vielleicht sogar vergessen, daß er, im Gegensatz zu den Mädchen, die Inselpriesterinnen nicht beim Namen kannte. Er empfand es eher als ein

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