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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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ernstlich die Absicht, Bekla anzugreifen?«
    »Mit der Macht Shardiks, unseres Herrn, können wir nicht scheitern. Aber wirst du dich uns anschließen, Kelderek? Man erzählt, daß du keine Furcht vor Shardik hast und ihn wozu immer du willst überreden kannst. Ist das wahr?«
    »Nur zum Teil. Gott machte mich zu einem Gefäß, das in Shardiks Brunnen gesenkt wurde, und zu einer an seinem Feuer entzündeten Fackel. Er duldet mich; dennoch, ihm nah zu sein bedeutet immer Gefahr.«
    »Kannst du ihn nach Ortelga bringen?«
    »Weder ich noch jemand anders kann unseren Herrn Shardik zu etwas bringen. Er ist die göttliche Kraft. Wenn es so bestimmt ist, wird er nach Ortelga kommen. Wie aber kann er den Todesgürtel überschreiten? Und was hast du vor?«
    »Meine eigenen Leute sind bereit, sofort zuzuschlagen. Sie werden ihm einen Pfad durch den Gürtel bahnen: am Ufer entlang – dort ist es am leichtesten. Laß unseren Herrn Shardik nur kommen, und jeder Mann wird sich uns anschließen – ja uns, dir und mir, Kelderek! Sobald wir Ortelgas sicher sind, marschieren wir sofort gegen Bekla, noch bevor die Nachricht zu ihnen dringt.«
    »Aus deinem Mund klingt es, als wäre es leicht, aber ich sage dir nochmals – ich kann unseren Herrn Shardik nicht wie einen Ochsen dahin und dorthin treiben. Er handelt nach Gottes, nicht nach meinem Willen. Wenn du ihn gesehen, ihm gegenübergestanden hättest, würdest du mich verstehen.«
    »Dann stell mich ihm gegenüber. Ich werde vor ihn treten und ihn bitten, uns zu helfen. Ich fürchte mich nicht. Ich sage dir, Kelderek, ganz Ortelga sehnt sich nur danach, ihm zu dienen. Wenn ich ihn bitte, wird er mir ein Zeichen geben.«
    »Also gut, komm mit mir. Du sollst mit der Tuginda sprechen und selbst unserem Herrn Shardik gegenübertreten. Aber wenn er dich tötet, Ta-Kominion – «
    »Er wird viel geben, wo viel geboten wird. Ich bin gekommen, ihm mein Leben darzubieten. Wenn er es nimmt, werde ich die Enttäuschung nicht erleben. Schenkt er es mir jedoch, so werde ich es in seinem Dienst verbringen.«
    Als Antwort erhob sich Kelderek und ging voran durch das Unterholz. Die Nacht war aber immer noch so dunkel, daß er fast unmöglich sagen konnte, in welcher Richtung sich das Lager befand. Sie tasteten sich vorwärts und stolperten wiederholt; einmal stach sich Ta-Kominion an einem spitzen Zweig, der ihn unter dem Unterlid verletzte, fast das Auge aus. Kelderek wußte nicht, wie weit sie gekommen oder ob sie vielleicht im Kreis gegangen waren. Schließlich erblickte er in einiger Entfernung das Leuchten des Feuers. Vorsichtig schlich er darauf zu und erwartete jeden Augenblick, von einem der Mädchen angerufen zu werden oder auf Shardik selbst zu treffen, der in seinem zornigen Hunger umherstreifte. Doch sie trafen niemanden, und schließlich merkte er, als er sich umsah, daß sie schon die Umgebung des Lagers erreicht hatten. Sie gingen nebeneinander über das offene Gelände, auf dem abgeschnittene Zweige und Kleider verstreut lagen, wo die Frauen geschlafen hatten, und erreichten die unbewachten Reste des Feuers.
    Keldereks Unruhe wurde zu Bestürzung. Das Lager war verlassen; es war sichtlich niemand mehr dort. Er rief: »Rantzay! Sheldra!« Da er keine Antwort erhielt, rief er: »Wo seid ihr?«
    Das Echo verklang, und eine Zeitlang waren nur die Frösche zu hören und das Rascheln der Blätter. Dann kam eine Antwort.
    »Kelderek, Herr!« Es war Rantzays rauhe Stimme aus der Richtung des Ufers. »Komm schnell, Herr!«
    Er hatte sie noch nie so aufgeregt sprechen hören. Er begann zu laufen, und dabei merkte er, daß es hell wurde – hell genug jedenfalls, um den Weg zum Fluß sehen zu können. Als sie näher kamen, konnte er die Kanus erkennen und davor die bekleideten Gestalten der Frauen dicht beieinander, von denen einige anscheinend bis zu den Knien im Wasser standen. Alle drängten vorwärts, zeigten auf etwas, bewegten die Köpfe hin und her und starrten durch das Schilf. Neben Rantzays hoher Gestalt erkannte er die Tuginda und lief auf sie zu.
    »Was gibt es, Saiyett? Was ist geschehen?«
    Wortlos faßte sie ihn am Arm und führte ihn hinunter in das seichte Wasser, zu dem Schilf, das höher war als er. Dazwischen hatte irgend etwas sich einen Weg gebahnt, und durch diesen schmalen Pfad starrte er auf den dahinter fließenden Telthearna. Über ihm wurde das Licht heller, ein windstilles Dämmergrau ohne Schatten. Die Bäume in der Entfernung regten sich nicht, das Wasser

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