Sharon: die Frau, die zweimal starb
Räuberbaron, Profitgeier und Ausbeuter des arbeitenden Volkes begannen in den Leitartikeln aufzutauchen. Kommentatoren erklärten, Lee würde immer nur nehmen, doch niemals gebe er etwas: ein von sich selbst besessener Geizhals ohne den geringsten Funken Patriotismus. Ein Journalist wies darauf hin, dass er niemals etwas für wohltätige Zwecke spendete, keinen Penny in Kriegsanleihen angelegt hatte.
Gerüchte über Korruption folgten bald - Andeutungen, dass er nicht all diese Aufträge bekommen hatte, weil er das preiswerteste Angebot machte. Anfang 1947 wurden die Andeutungen zu Anklagen und substanziell genug, dass der U.S.-Senat sich damit befasste. Man berief einen Untersuchungsausschuss ein, den man beauftragte, die Entwicklungsgeschichte von Leland Beldings Kriegsgewinnen unter die Lupe zu nehmen und das innere Getriebe der Magna Corporation zu zergliedern. Belding missachtete das Wutgeschrei und wendete seine Talente dem Film zu, kaufte ein Studio und erfand eine mit der Hand gehaltene Filmkamera, die die Filmindustrie zu revolutionieren versprach.
Im November 1947 hielt der Unterausschuss des Senats eine öffentliche Anhörung ab.
Ich fand eine Zusammenfassung der Sitzung in einem Businessmagazin - konservativer Standpunkt, keine Bilder, etwas kleiner Druck und trockene Prosa. Aber nicht trocken genug, um die pikante Art des Hauptvorwurfs gegen Belding zu tarnen.
Dass er weniger Industriekapitän als ein Topklassenzuhälter sei.
In der Untersuchung des Unterausschusses hieß es, er hätte mit »wilden Partys« bei den Beamten des Kriegsausschusses um Aufträge geworben und die Einkäufer und Abgeordneten auf diese Weise eingewickelt. Diese Feten fanden in mehreren abgelegenen Häusern in den Hollywood Hills statt, die die Magna Corporation ausdrücklich als »Partywohnungen« gekauft hatte. Dort wurden »Herrenabendfilme« gezeigt, es gab sowohl genug zu trinken als auch eine gewisse Menge »Marihuana« und tanzende und schwimmende, nackte »junge Frauen mit loser Moral«, die sich zur Schau stellten.
Diese Frauen, beschrieben als »professionelle Partymädchen«, waren hoffnungsvolle Nachwuchsschauspielerinnen, ausgewählt von dem Mann, der Beldings Studio leitete, einem »früheren Unternehmensberater« namens William Houck »Billy« Vidal.
Die Anhörungen zogen sich mehr als sechs Monate lang hin. Was wie eine saftige Zeitungsstory ausgesehen hatte, fing allmählich an zu schrumpfen. Der Unterausschuss zeigte sich unfähig, Zeugen für die angeblichen Partys zu finden. Beldings Konkurrenten, die Hörensagen kolportierten, brachen im Kreuzverhör zusammen. Und der Milliardär weigerte sich, vor dem Unterausschuss zu erscheinen mit der Begründung, er setze sonst die nationale Sicherheit aufs Spiel, und das Verteidigungsministerium bestätigte das.
Billy Vidal erschien - von teuren Anwälten begleitet. Er bestritt, dass seine Rolle gewesen sei, Frauen für Leland Belding zu besorgen, bezeichnete sich selbst als erfolgreichen, in Beverly Hills ansässigen Managementberater für die Filmindustrie, schon bevor er Belding kennengelernt hatte, und legte Dokumente vor, die es bewiesen. Seine Freundschaft mit dem jungen Magnaten hatte während ihres Studiums in Stanford begonnen, und er hatte Lee Belding bewundert und verehrt. Aber er bestritt, an irgendetwas Illegalem oder Unmoralischem beteiligt gewesen zu sein. Eine Legion von Charakterzeugen bestätigte, dass er ein anständiger Mensch war. Vidal wurde entlassen.
Als die Vorladung der Buchhalter von Magna von der Firma ebenfalls nicht beachtet wurde und wiederum sowohl das Verteidigungs- als auch das Außenministerium aus Gründen nationaler Sicherheit Leland Belding unterstützte, war der Unterausschuss am Ende seines Lateins und gab seinen Geist auf.
Die Senatoren wahrten das Gesicht, indem sie Leland einen leichten Tadel aussprachen, seine gar nicht hoch genug einzuschätzenden Beiträge für die nationale Verteidigung erwähnten, aber vorschlugen, er solle seine Geschäftsunterlagen in Zukunft sorgfältiger aufbewahren. Dann beauftragten sie ihren Stab, einen Bericht über die Resultate der Untersuchung zu schreiben, und beendeten durch Handaufheben die Existenz des Unterausschusses. Zyniker meinten in Anbetracht der Anklage, da Kongressmitglieder auf Beldings Partyliste gestanden hätten, wäre die ganze Geschichte nur wieder mal ein Beispiel für den Fuchs als Wächter des Hühnerhauses gewesen. Aber inzwischen war Gras darüber gewachsen,
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