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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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gilt seinem eigenen Körper auf einer korpuskulären Ebene, und er würde nichts lieber tun, als auf einem Planeten zu leben, der von allem pflanzlichen und tierischen Leben »befreit« wäre, außer jenen Organismen, die noch gebraucht wurden, um das, was von dem verdorbenen Leben von Leland Belding bleibt, zu erhalten.
    Der amputierte Milliardär war ein gutgehütetes Geheimnis des Verlegers gewesen und hatte sogar die Magna Corporation überrascht. Es erregte Aufsehen und stand sofort oben auf der Bestsellerliste der Sachbücher. Die Taschenbuchausgabe erreichte einen Rekordumsatz. Magna verlor keine Zeit und verklagte Cross und seinen Verlag, behauptete, das Buch sei ein Schwindel und eine Verleumdung, sie legten medizinische und juristische Dokumente vor, dass Leland Belding in der Tat Jahre vor dem Zeitpunkt gestorben war, an dem Cross mit ihm gesprochen zu haben behauptete. Reporter wurden zu einem Begräbnisplatz bei der Firmenzentrale gebracht, ein Leichnam wurde exhumiert und als Beldings identifiziert. Cross’ Verleger wurde nervös und bat den Autor, seine Materialien vorzulegen.
    Cross beruhigte ihn und hielt an der Seite seines Verlegers trotzig eine Pressekonferenz ab, vor einem öffentlichen Tresor in Long Beach, Kalifornien, in dem er dreißig Kartons mit Notizen aufbewahrte, viele angeblich von Leland Belding signiert und datiert. Verzweifelt fing er an zu suchen und legte alte Schulaufsätze, Steuerbescheide, Stapel gebundener Zeitungen, Einkaufslisten - den Abfall eines Lebens vor, das bald ruiniert sein sollte.
    Kein Wort über Belding. Der Horror von Cross war in einer Großaufnahme festgehalten, als er erklärte, man hätte sich gegen ihn verschworen. Aber als die Polizei bei ihrer Untersuchung feststellte, dass niemand außer dem Autor den Tresor betreten, und sein Verleger zugab, dass er die angeblichen Notizen nie gesehen hätte, war es um Cross’ Glaubwürdigkeit geschehen.
    Sein Verleger, öffentlich gedemütigt und mit einem Gegner konfrontiert, der reich und hart genug war, ihn in den Bankrott zu treiben, entschloss sich rasch zur außergerichtlichen Einigung: Ganzseitige Anzeigen erschienen in den bedeutenden Zeitungen und baten die Magna Corporation sowie das Andenken an Leland Belding um Verzeihung. Sofort hörte der Verkauf des Buchs auf, und alle zu den Läden und Vertrieben geschafften Exemplare wurden zurückgerufen. Der Riesenvorschuss für die Taschenbuchausgabe an den anderen Verlag zurückgezahlt.
    Der Verleger verklagte dann Cross, verlangte die Rückzahlung seines Vorschusses plus Zinsen plus Schadensersatz. Cross lehnte ab, nahm sich Anwälte, reichte Gegenklage ein. Der Verleger stellte Strafantrag wegen Betrugs und falscher Aussage vor einem New Yorker Bezirksgericht.
    Cross wurde festgenommen, legte Einspruch gegen die Auslieferung ein, verlor, wurde zurück in den Osten geschafft und fünf Tage lang auf Riker’s Island inhaftiert. Während der Zeit behauptete er geschlagen und homosexuell vergewaltigt worden zu sein. Er versuchte, seinen Bericht über diese Leidenszeit an verschiedene Magazine zu verkaufen, aber keins war interessiert.
    Auf Kaution freigelassen, fand man ihn eine Woche später in einem gemieteten Zimmer in der Ludlow Street in New Yorks Lower East Side mit dem Kopf im Gasofen, auf dem Boden ein Abschiedsbrief, in dem er zugab, dass das Buch eine Fiktion, ein gewagter Schwindel war.
    Er sei dieses Risiko eingegangen, hätte geglaubt, Magna wäre zu publikumsscheu, um ihm Schwierigkeiten zu machen, er hätte niemandem wehtun wollen, und es täte ihm leid, wenn er’s doch getan haben sollte.
    Noch ein Toter.
    Ich kehrte zu den Zeitschriften zurück, suchte nach einem Bericht über den Schwindel, fand einen langen Artikel in Time , zusammen mit einem Foto von Cross in Handschellen und in Polizeigewahrsam. Daneben war ein Bild von William Houck Vidal.
    Man hatte den Vorstandsvorsitzenden von Magna fotografiert, als er aus dem Gerichtssaal gerade die Treppe herunterkam, ein breites Lächeln im Gesicht, die Finger einer Hand zum Victory-Zeichen gestreckt.
    Ich kannte das Gesicht. Groß und quadratisch und braun gebrannt. Engstehende helle Augen, ein paar blonde Haare noch in dem Bürstenschnitt. Gesicht aus einem Country-Klub. Das Gesicht - fünfzehn Jahre jünger - des Mannes, den ich mit Sharon bei der Party gesehen hatte. Des alten Casanovas, den sie von etwas zu überzeugen versuchte.

23
    Ich erreichte Milo am nächsten Morgen und berichtete ihm, was

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