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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Eidechsenleder und einen Cowboystrohhut. Seine Hautfarbe entsprach der der Schuhe. Rund zwanzig Kilo schwerer als Trapp, aber dieselbe Hakenform des Kinns und dieselben schmalen Lippen. Seine Augen fixierten mich. Sein Blick war der eines Naturfreunds, der ein seltenes, aber ekelhaftes Exemplar betrachtet.
    »Mr. Hummel«, sagte ich. »Wie geht’s in Vegas?«
    »Halt’s Maul«, befahl Trapp und richtete die Waffe auf mein Gesicht. »Die Hände hinter den Kopf und keine Bewegung.«
    »Freunde von Ihnen?«, fragte ich Hope Blalock. Sie schüttelte den Kopf. Ihre Augen waren voller Angst.
    »Wir sind hier, um Ihnen zu helfen, Ma’am«, sagte Hummel. Seine Stimme war ein Ödlandbass-Profundo, aufgeraut durch Rauch und Trunk und Wüstenluft.
    Ramey kam herein, ganz in fleckenlosem schwarzem Serge und gestärktem Weiß. »Es ist in Ordnung, Ma’am. Alles bestens.« Er sah mich mit verbissener Wut an, und ich wusste, dass er die Schläger gerufen hatte.
    Trapp trat vor, winkte mit dem Revolver. »Die Hände auf den Rücken.«
    Ich bewegte mich ihm nicht schnell genug, und er drückte mir die Waffe hart unter die Nase.
    Hope Blalock riss entsetzt den Mund auf. Ramey trat an ihre Seite.
    Trapp drückte mir die Kanone noch ein bisschen fester unter die Nase. Als ich das Metall ansah, fingen meine Augen an zu schielen. Ich richtete mich im Reflex darauf hoch. Trapp drückte stärker.
    »Immer mit der Ruhe.« Royal Hummel kam herum und trat hinter mich. Ich hörte eine Sperrklinke gleiten, fühlte kaltes Metall um meine Handgelenke herum.
    »Nicht zu eng, mein Sohn?«
    »Perfekt. Onkel Roy.«
    »Halt die Klappe, du Sau«, sagte Trapp.
    Hope Blalock verzog schmerzhaft das Gesicht.
    Hummel sagte: »Ruhig, C.T.«, und klopfte mir auf den Nacken. Die Berührung war unangenehmer als die Kanone. »Mach die Augen zu, mein Sohn«, sagte er, und ich gehorchte. Der Druck des Revolvers wurde durch etwas Enges und Elastisches um meinen Kopf herum ersetzt. Ein Band, das so fest über meinen Augen lag, dass ich sie nicht mehr öffnen konnte. Starke Hände packten mich unter den Armen. Ich wurde hochgehoben, sodass nur meine Schuhspitzen den Boden berührten, und vorwärtsgestoßen wie ein Drachen im Spiel des Gegenwindes.
    Es war ein sehr großes Haus. Sie schleppten mich lange dahin, bis ich eine Tür aufgehen hörte und heiße Luft auf dem Gesicht spürte.
    Trapp fing an zu lachen.
    »Waas?«, fragte sein Onkel, und er dehnte das Wort zu zwei Silben aus.
    »Wie wir diesen Witzbold geschnappt haben. Durch den verdammten Butler.«

33
    Sie durchsuchten mich, kassierten meine Uhr, Schlüssel und Brieftasche und steckten mich in einen Wagen, der nagelneu roch.
    »Setz dich, mein Sohn«, sagte Hummel, schob mich auf den Rücksitz und nahm mir die Handschellen ab. Er schlug die Tür krachend zu. Ich hörte ihn herum nach vorn gehen, und dann startete der Motor - gedämpft, als wären mir die Ohren verstopft.
    Ich pellte die Augenbinde zwei, drei Zentimeter zurück und sah mir das Innere des Wagens an: geschwärzte Fenster, die nur Andeutungen von Licht durchließen. Eine schwarze Glasscheibe trennte den Fond des Wagens ab. Eine mit grauem Vinyl ausgekleidete Zelle - steinharte Rücksitze, Nylonteppich, Stoffdach. Keine Deckenbeleuchtung. Überhaupt nichts Besonderes, keinerlei Anzeichen, was für eine Automarke oder was für ein Modell es sein könnte. Das schlichte Styling eines preiswerten amerikanischen Mittelklassewagens. Ein billiger Dodge, Ford oder Olds, aber doch mit einer Besonderheit: keine Türgriffe. Keine Aschenbecher oder Sicherheitsgurte. Überhaupt kein Metall.
    Ich strich mit den Händen über die Türen und versuchte, eine versteckte Klinke zu finden. Nichts. Ein hartes Klopfen an die Trennscheibe brachte keine Antwort. San Quentin auf Rädern.
    Wir fuhren los. Ich pellte die Binde herunter. Dickes schwarzes Elastikzeugs, kein Markenzeichen. Es stank schon von meinem Angstschweiß. Ich hörte das Prasseln von Kies, gedämpft wie das Motorgeräusch. Schallisolierung.
    Ich presste das Gesicht ans Fenster, sah nur mein eigenes Spiegelbild in dem dunklen Glas. Es gefiel mir nicht, wie ich aussah.
    Wir fuhren schneller. Ich spürte es, wie man die Beschleunigung in einem Fahrstuhl spürt - ein Schlingern in der Magengrube. Abgeschnitten von der Welt, hörte ich nur meine Angst hämmern, ich hätte mich ebenso gut in einer Gruft befinden können.
    Eine plötzliche Kurve ließ mich den Sitz hinunterrutschen. Als der Wagen wieder

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