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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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könnte.
    Ich fuhr weg, zornig und unglücklich, nun war ich sicher: Ich hatte mich nicht geirrt. Sie hatten sie wieder zurückgelockt ins satte, wohlanständige Leben, mit reichen Jungs und neuem Spielzeug gefügig gemacht, sie würde nimmermehr wiederkehren.
    Trostloser denn je sah mein Apartment aus. Ich verbrachte meine Zeit so weit wie irgend möglich anderswo, im Hospital, dort lenkten mich die Anforderungen meines neuen Jobs ein wenig ab. Ich übernahm so viele Fälle von der Warteliste, wie ich konnte, und meldete mich freiwillig für den Nachtdienst in der Unfallstation. Am dritten Tag tauchte sie in meinem Büro auf, glücklich sah sie aus, fieberte fast vor Freude.
    Sie schloss die Tür. Tiefe Küsse und Umarmungen. Sie sagte, ich hätte ihr gefehlt, ließ meine Hände über ihre Rundungen wandern. Dann wich sie zurück, errötete und lachte. »Frei zum Lunch, Doktor?«
    Sie führte mich zum Parkplatz des Hospitals, zu einem blitzenden roten Cabriolet, einem funkelnagelneuen Alfa Romeo Spider.
    »Gefällt er dir?«
    »Klar, der ist toll.«
    Sie warf mir die Schlüssel zu. »Fahr du.«
    Wir gingen in ein italienisches Lokal auf Los Feliz, hörten uns die Opernmusik an und aßen Cannelloni zum Nachtisch. Als wir wieder im Auto saßen, sagte sie: »Ich möchte dir etwas zeigen, Alex«, und dirigierte mich nach Westen, zum Nicholas Canyon.
    Als ich die Einfahrt zu dem grauen Haus mit dem Kieselsteindach hinauffuhr, meinte sie: »Na, was sagst du dazu?«
    »Wer wohnt denn hier?«
    »Dein Liebling.«
    »Hast du es gemietet?«
    »Nein, es gehört mir!« Sie stieg aus dem Wagen und hüpfte zum Eingang.
    Es überraschte mich, das Haus eingerichtet zu finden, noch mehr verwunderte mich der altmodische Stil der Fünfzigerjahre. In unserer Zeit war Organisches Trumpf: erdhafte Töne, hausgemachte Kerzen und Batik. All dieses Aluminium und Plastikzeug, die stumpfen, kalten Farben wirkten deplatziert und ein bisschen komisch.
    Sie glitt herum und strömte Eigentümerstolz aus, berührte und rückte zurecht, zog Vorhänge auf und enthüllte Glaswände. Der Blick ließ mich das Aluminium vergessen.
    Ganz etwas anderes als eine Studentenbude. Ich dachte: ein Arrangement. Jemand hatte ihr das besorgt. Jemand, der alt genug war, dass er die Einrichtung in den Fünfzigerjahren gekauft haben konnte.
    Kruse? Sie hatte ihre Beziehung nie erklärt.
    »Also, was denkst du, Alex?«
    »Wirklich einmalig. Wie hast du denn das geschafft?«
    Sie war in der Küche, goss Seven-Up in zwei Gläser. Machte einen Schmollmund. »Es gefällt dir nicht.«
    »Nein, nein, doch. Es ist märchenhaft.«
    »Deine Stimme klingt aber ganz anders, Alex.«
    »Ich habe mich nur gerade gefragt, wie du dir das hast zulegen können. Finanziell.«
    Sie warf mir einen theatralisch-düsteren Blick zu und antwortete mit einer Mata-Hari-Stimme: »Isch hab Geheimnis-Leben.«
    »Aha.«
    »Oh, Alex, sei doch nicht so verdrossen. Es ist nicht so, dass ich mit irgendjemandem geschlafen habe, um es zu bekommen.«
    Das schockte mich. »Ich wollte nicht behaupten, dass du das getan hättest.«
    Ihr Grinsen war boshaft. »Aber es ist dir durch den Kopf gegangen, süßer Prinz.«
    »Keine Sekunde.« Ich sah hinaus in die Bergwelt. Der Himmel war blassblau über einem braunrosa Horizont. Noch eine Farbkombination aus den Fünfzigerjahren.
    »Nichts ist mir durch den Kopf gegangen«, erwiderte ich. »Ich war einfach nicht darauf vorbereitet. Ich sehe und höre den ganzen Sommer nichts von dir - und jetzt das hier.«
    Sie reichte mir ein Glas Limonade, legte den Kopf auf meine Schulter.
    »Es ist sagenhaft«, sagte ich. »Nicht so sagenhaft wie du, aber sagenhaft. Freue dich darüber.«
    »Danke, Alex. Du bist so süß.«
    Wir standen eine Weile da und nippten an unseren Getränken. Dann klinkte sie die Schiebetür auf, und wir traten hinaus auf die Terrasse. Ein schmaler weißer Raum, der über einen Abgrund hinausragte. Als ob man auf eine Wolke hinaustrat. Von den Canyons stieg der Kreidegeruch trockenen Buschwerks auf. In der Ferne sah man das durchgesackte, zersplitterte große HOLLY WOOD -Schild - eine Reklametafel für zerstörte Träume.
    »Ein Schwimmbecken ist auch da«, sagte sie. »Auf der anderen Seite.«
    »Möchtest du eintauchen?«
    Sie lächelte und stützte sich aufs Geländer. Ich berührte ihr Haar, streckte die Hand unter ihren Pullover, massierte ihr Rückgrat.
    Sie gab einen Laut von sich, der nach Zufriedenheit klang, lehnte sich zurück gegen mich,

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