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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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das?«
    »1974« sagte er. »Im Oktober oder November.«
    Nicht lange, nachdem Sharon ihre Ausbildung angefangen hatte. Der Bastard hatte schnell gearbeitet.
    »Es sollte ein Teil ihrer Forschungsarbeit sein«, fuhr Gordon fort. »Nun, wir waren ja nicht von gestern, aber wir fanden, es sei ein ziemlich fadenscheiniger Vorwand, doch Kruse versicherte uns, das wäre alles unglaublich im Kommen, zeigte uns schriftliche Genehmigungen der Universität. Er brachte sogar Sharon hierher zu uns mit, damit sie uns kennenlernte - das war das einzige Mal. Sie wirkte sehr lebhaft, sehr Marilyn - sogar das Haar. Sie bestätigte, es sei alles ein Teil ihrer Arbeit für den Kurs.«
    »Marilyn«, sagte ich. »Wie Monroe.«
    »Ja. Sie strahlte dieselbe Unschuld und zugleich Erotik aus.«
    »War sie blond?«
    »Platin«, sagte Chantal. »Wie Sonnenschein auf klarem Wasser.«
    »Die Sharon, die wir kannten, hatte schwarzes Haar«, erklärte Larry.
    »Davon weiß ich nichts«, sagte Gordon. »Kruse hat mich vielleicht belogen, als er sagte, wer sie sei. Er hat in allen anderen Dingen auch gelogen. Wir haben ihm vertrauensselig unser Haus geöffnet, ihm freien Zugang zu unserer Sammlung eingeräumt, und er hat es dann zum Dank an die Puritaner verhökert.«
    »Vor Kirchengruppen hat er eine Rede gehalten«, sagte Chantal und stampfte mit dem Fuß auf. »Hat sich hingestellt und fürchterliche Dinge über uns gesagt - wir wären pervers und sexistisch. Wenn’s einen Menschen gibt, der kein Sexist ist, dann ist es mein Gordie.«
    »Er hat nicht unsere Namen genannt«, fügte Chantal hinzu, »aber wir wussten, dass er von uns sprach.«
    »Seine eigene Frau war ein Pornostar«, sagte ich. »Wie hat er das denn den Kirchengruppen erklärt?«
    »Suzy?«, fragte Gordon. »Ich würde sie nicht einen Star nennen - adäquater Stil, aber strikt zweite Garnitur. Ich nehme an, er könnte immer angeben, er hätte sie aus einem sündigen Leben errettet. Aber wahrscheinlich brauchte er es nie zu erklären. Die Leute haben ein kurzes Gedächtnis. Nachdem sie geheiratet hatte, hörte Suzy auf zu arbeiten und verschwand aus dem Blickfeld. Er hat sie wahrscheinlich in eine gelehrige, kleine Hausfrau verwandelt - er ist der Typ, wissen Sie, will andere beeinflussen.«
    Ich wiederholte etwas, was Larry bei der Party gesagt hatte: machtbesessen.
    »Vorwärts«, sagte Gordon. Er ging zur Rückseite des Raums und machte sich an einem Projektor zu schaffen.
    »Man hat Kruse gerade zum Dekan der Psychologischen Fakultät ernannt«, sagte ich.
    »Skandalös«, meinte Chantal. »Dass da aber auch niemand aufpasst!«
    »Sollte man eigentlich denken«, sagte ich.
    »Alles eingelegt«, rief Gordon von hinten. »Bitte Platz nehmen allerseits.«
    Larry und ich setzten uns in die erste Reihe; Chantal nahm zwischen uns Platz. Im Raum wurde es finster; die Leinwand ein totes Weiß.
    »Check-up!«, kündigte er an. Art der Hauptrolle die verstorbene Miss Shawna Blue und der verstorbene Mr. Michael Starbuck.«
    Die Leinwand füllte sich mit tanzenden Fusseln, gefolgt von flackernden Countdownzahlen. Ich saß stocksteif da und hielt den Atem an, sagte mir, ich sei ein Idiot gewesen herzukommen. Dann tanzten schwarzweiße Bilder vor mir herum, und ich verlor mich in ihnen.
    Eine Tonspur gab es nicht, nur das Surren des Projektors war zu hören. Buchstabenreihen - weiße Schreibmaschinenschrift auf einem körnigen schwarzen Untergrund - verkündeten:
    CHECK-UP
STARRING
SHAWNA BLUE
MICKEY STARBUCK
A CREATIVE IMAGE ASSOC. PRODUCTION
    Creative Image. Ein Name an einer Tür, Kruses Nachbarn im Bürohaus am Sunset Boulevard. Schließlich doch kein Nachbar, sondern die beiden Gesichter von Dr. K …
    DIRECTED BY PIERRE LE VOYEUR
    Ein zittriger Schwarzweißschwenk über das Untersuchungszimmer eines Arztes - die altmodische Sorte, emaillierte Becken, hölzerner Untersuchungstisch, Augentafel, Chintzvorhänge, ein Quadrat mit sechs gerahmten Diplomen an der Wand.
    Die Tür ging auf. Eine Frau kam herein.
    Die Kamera folgte ihr, verbrachte lange Zeit auf dem Schaukeln der Pobacken.
    Jung und schön und gut gebaut, mit langem, gewelltem Platinhaar. Sie trug ein äußerst knappes, tiefausgeschnittenes Jerseykleid.
    Schwarzweißfilm, aber ich wusste, dass das Kleid farbig war.
    Eine flackernde Großaufnahme zeigte ihr schönes Gesicht mit dem Schmollmund.
    Sharons Gesicht. Trotz der Perücke, kein Zweifel daran.
    Mir war übel, und ich bereute, dass ich gekommen war. Starrte auf die

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