Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sharpes Beute

Titel: Sharpes Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
sich das Haar aus der Stirn.
    »Sie bleiben heute hier«, sagte Sharpe zu Astrid.
    »Wer sind sie?«
    »Freunde«, sagte Sharpe. »Ich brauche Sie, um deinen Vater zu befreien. Aber das kann ich erst tun, wenn die Bombardierung wieder anfängt. Können sie hier irgendwo schlafen?«
    »Im Lagerhaus«, schlug Astrid vor. Sie berichtete ihm, dass sie die Arbeiter fortgeschickt hatte, als sie kurz nach dem Morgengrauen eingetroffen waren. Sie hatte ihnen ihren Lohn versprochen, doch gesagt, ihr Vater wolle, dass Sie halfen, in den von Bränden beschädigten Häusern nach Überlebenden suchten. Dann hatte sie die Dienstmädchen angewiesen, das vernachlässigte Dachgeschoss zu säubern. Dann war sie ins Arbeitszimmer ihres Vaters gegangen, um sich die Bücher anzusehen.
    »Es ist nie Zeit, um die Zahlen richtig zu überprüfen«, sagte sie, als Clouter und Hopper im Lagerhaus verschwunden waren und sie mit Sharpe allein war. »Ich weiß, dass er das erledigt haben will.«
    Sie arbeitete eine Weile schweigend, und Sharpe sah in einer der Spalten eine Eintragung, die sich plötzlich auflöste, als eine Träne darauf tropfte. Astrid rieb sich über die Augen. »Er ist tot, nicht wahr?«, fragte sie.
    »Wir wissen es nicht.«
    »Und er wird unter Schmerzen gestorben sein.«
    »Wir wissen es nicht«, wiederholte Sharpe.
    »Doch, ich weiß es.« Sie blickte auf und sah ihm in die Augen.
    »Ich kann erst dorthingehen, wenn die Bombardierung anfängt«, sagte Sharpe rau.
    »Es ist nicht deine Schuld, Richard.« Sie legte die Feder hin. »Ich bin so müde.«
    »Dann geh in dein Zimmer und leg dich hin. Ich werde den Jungs etwas zu essen bringen.«
    Astrid ging nach oben. Sharpe fand Brot, Käse und Schinken und aß dann mit Hopper und Clouter. Aksel Bang hämmerte gegen die Stalltür im Hof, hörte jedoch abrupt damit auf, als Sharpe grollend rief, er werde gleich böse.
    Es war fast Mittag, als Sharpe nach oben ging. Leise öffnete er die Tür zum Schlafzimmer. Die dicken Vorhänge am Fenster waren zugezogen und im Zimmer war es fast dunkel, doch er spürte, dass Astrid wach war.
    »Es tut mir leid«, sagte er.
    »Was?«
    »Alles.« Er setzte sich auf das Bett. Trotz des Halbdunkels konnte er ihr Gesicht und ihr blondes Haar auf dem Kissen sehen. »Ich dachte schon, du kommst nie«, sagte sie.
    »Ich bin hier«, erwiderte er.
    »Dann bleib bei mir.«
    »Ich bleibe immer bei dir«, versprach er.
    »Ich bin so einsam gewesen, seit Nils starb.«
    Und ich auch, seit Graces Tod, dachte Sharpe. Er legte sein Entermesser auf einen Stuhl und zog die Stiefel aus. Ein kalter Wind trieb Regen und Rauch aus den Ruinen der Stadt von Osten heran. Die Geschütze auf den Stadtmauern feuerten, und Sharpe und Astrid schliefen miteinander.
 
    Die Geschütze auf der westlichen Stadtmauer feuerten den ganzen Tag. Sie donnerten, bis der Regen, der auf ihre Rohre fiel, sich sofort in Dampf verwandelte. Kanonenkugeln und Granaten schlugen in die britischen Batterien, doch die mit Erde gefüllten Faschinen schluckten all die Wucht, und hinter ihren Schutzschilden und Brustwehren stapelten die britischen Kanoniere mehr Munition für die Mörser.
    Die Stadt schwelte. Die letzten Flammen waren gelöscht, aber es glühte noch in den Ruinen der Häuser und Kirchen, und dann und wann setzte diese Glut die Lunte einer nicht explodierten Bombe in Brand, und die Explosion ließ die Fenster der Stadt erzittern. Die Leute duckten sich in Hauseingänge und warteten darauf, dass das nächste Geschoss einschlagen würde. Sie spähten besorgt zum Himmel und sahen, dass es keine Rauchspuren mehr am Himmel gab. Es blieb still, und die Angst ließ ein wenig nach.
    General Peymann ging durch die beschädigten Straßen und erschauerte beim Anblick der geschwärzten Trümmer und dem Geruch verbrannter Menschen. »Wie viele Obdachlose?«, fragte er.
    »Hunderte«, war die düstere Antwort.
    »Können sie auf den Schiffen einquartiert werden?«
    »Nicht, wenn wir die Flotte verbrennen müssen«, antwortete ein Adjutant. »Es würde Stunden dauern, die Leute an Land zu bringen.«
    »Die Kirchen können noch einige aufnehmen«, meinte ein anderer Adjutant, »und wenn Sie es befehlen, Sir, wird die Universität ihre Türen öffnen.«
    »Natürlich, das muss sein. Es muss sein!« Peymann beobachtete eine Gruppe Seeleute, die verkohlte Balken zur Seite zerrten, um eine Leiche zu bergen. Er wusste nicht, wie viele Tote es durch die Bombardierung gegeben hatte. Zu viele. Er wusste,

Weitere Kostenlose Bücher