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Sharpes Beute

Titel: Sharpes Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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konnte.
    Dann schlief er in einem Waldstück, wo er von heftigen Regen kurz vor der Morgendämmerung geweckt wurde. Sein Magen knurrte, und ihm war kalt. Er erinnerte sich an das Schlafzimmer, das er mit Grace geteilt hatte, den Kamin und die breiten Fenster, die auf einen Balkon hinausblickten. Er wusste, dass es eine Illusion von ihm gewesen war, zu denken, dass diese Idylle für immer bestehen bleiben würde. Er hatte seine indischen Juwelen verkauft und das Geld für ein schönes Heim verwendet, während die Anwälte über das Testament von Graces verstorbenem Mann gestritten hatten. Dann war Grace gestorben, und die gleichen Anwälte hatten sich wie die Geier auf den Besitz gestürzt, den Sharpe gekauft hatte. Das Haus war auf Graces Namen eingetragen worden, es sollte eine Sicherheit für sie sein, wenn er wieder als Soldat ins Ausland musste. Diese liebevolle Fürsorge hatte dazu geführt, dass er alles verloren hatte. Schlimmer noch, er hatte Grace verloren. Grace, dachte er, Grace, wärst du doch noch bei mir! Das Selbstmitleid überwältigte ihn, und er hielt sein Gesicht in den Regen, damit er seine Tränen wegspülen konnte.
    Verdammter Narr!, schalt er sich. Sei nützlich. Reiß dich zusammen. Die Frau ist tot, und du kannst ihr nicht helfen, wenn du zusammenbrichst. Steh auf und geh weiter!, befahl er sich. Sei nützlich. Er erhob sich, nahm seinen Packen und ging zum Waldrand.
    Dort hellte sich seine Stimmung schlagartig auf. Ein Bauernhof lag nur hundert Meter entfernt, ein langes, weiß angestrichenes Haus, zwei Scheunen, eine Windmühle und eine Molkerei. Zwei Männer trieben Vieh zur Molkerei, während sich ein Dutzend Arbeiter im Hof versammelte. Alle hatten Leinenbeutel dabei, und Sharpe nahm an, dass ihr Essen darin war, vielleicht Brot und Käse.
    Er beobachtete vom Waldrand aus. Die meisten der Männer fuhren westwärts mit einem kleinen Fuhrwerk, das mit Spaten und Heugabeln beladen war, aber drei verschwanden in der kleineren der beiden Scheunen. Sharpe wartete mit knurrendem Magen. Die Tore der größeren Scheune standen weit offen. Geh da rein und erkunde, dachte er, vielleicht kannst du sogar einen Weg in die Küche oder Molkerei finden und was zu essen stehlen. Er dachte nicht an das Geld in seinem Packen. Er hätte sich Essen kaufen können, doch sein Gefühl riet ihm, sich nicht zu zeigen.
    Die Tiere waren von der Molkerei auf die Weide zurückgetrieben worden, und dann regte sich auf dem Bauernhof eine Weile nichts, bis zwei Kinder, Taschen schwingend, den Weg hinuntergingen. Als sie außer Sicht waren, verließ Sharpe seine Deckung, rannte über die Weide, durchquerte den Graben und sprintete die verbliebenen paar Meter in die große Scheune. Er hatte fast mit Hundegebell oder Protestschreien gerechnet, aber es blieb alles still. Er war unbemerkt geblieben.
    In der Scheune sah er einen Heuwagen, hoch beladen mit Heu. Ein Leinenbeutel lag auf dem Wagenbock, als hätte ihn einer der Arbeiter dort abgelegt, und Sharpe nahm ihn an sich und kletterte an der Seite des Wagens hoch. Im Heu wühlte er sich ein Versteck frei, legte seinen Packen und Mantel ab. Dann öffnete er den Beutel und fand darin Brot, Käse, ein großes Stück Schinken, ein Würstchen und eine Steinflasche, die Bier enthielt, wie er feststellte, als er sie entkorkte.
    Er aß sich satt, das halbe Brot und den gesamten Käse. Vermutlich konnte er Stunden im Heu auf dem Wagen versteckt bleiben, doch es war wichtiger, nach Kopenhagen zu gelangen und Skovgaard zu finden.
    Er wollte gerade vom Wagen klettern, als er ein sonderbares Klappern unter sich hörte. Er erstarrte und hielt den Atem an. Das Klappern war laut, Holz gegen Stein. Das Geräusch verwirrte Sharpe, bis er es schließlich als Schritte erkannte. Holzschuhe, die auf den Bodensteinplatten klapperten. Dann rief ein Mann etwas Wütendes, vermutlich wegen seines gestohlenen Leinenbeutels, ein anderer Mann lachte, und Sharpe hörte die Geräusche von Hufen und das Klirren von Ketten. Ein Gespann wurde vor den Heuwagen geschirrt. Ein Wortwechsel von Männern, und eine Frau sagte etwas, das zu Gelächter führte. Alles schien ewig zu dauern. Sharpe blieb, wo er war, halb begraben unter dem Heu auf dem Wagen.
    Dann knallte plötzlich eine Peitsche, und der Wagen ruckte an. Er fuhr aus der Scheune und holperte und knarrte und rasselte, als er auf dem Hof an Schnelligkeit gewann. Ein Mann und eine Frau riefen etwas, das Sharpe als Abschiedsgruß deutete.
    Die Wolkendecke

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