Sharpes Beute
ich das Leid teilen. Wie kann ich meinen Arbeitern in die Augen sehen, wenn ich sie verlasse, um sie bei einer Belagerung allein leiden zu lassen? Und Sie, Lieutenant, was werden Sie machen?«
»Ich werde bei Ihnen bleiben«, sagte Sharpe grimmig. »Ich wurde geschickt, um jemanden vor den Franzosen zu schützen, und das sind jetzt Sie. Und Lavisser lebt noch. Also arbeite ich jetzt für Sie. Und um damit anzufangen, brauche ich einen Spaten.«
»Einen Spaten?«
»Sie haben drei Leichen im Haus. Wo ich herkomme, begraben wir sie.«
»Aber ...«, wollte Astrid einwenden, doch sie verstummte.
»Das ist schon in Ordnung, Miss«, sagte Sharpe. »Wenn Sie Ihre Gedanken nicht aussprechen können, dann behalten Sie sie für sich.«
Er verbrachte fast den Rest der Nacht damit, eine flache Grube im weichen Erdreich an der Mauer im Garten auszuheben und die drei toten Franzosen hineinzulegen. Er klopfte die Erde darauf fest und bedeckte sie mit einigen Ziegelsteinen, die er neben dem Kutscherhaus fand.
Und dann, im tristen Morgengrauen, legte er sich schlafen.
Etwa fünfzehn Kilometer nördlich von Ole Skovgaards Haus befand sich der unbedeutende Ort Vedbæk. Er lag an der See, auf halbem Weg zwischen Kopenhagen und der Festung von Helsingör. Er bestand aus einer Hand voll Häusern, einer Kirche, zwei Bauernhöfen und einer kleinen Flotte Fischerboote. Geteerte Hütten säumten den Strand, wo Netze zum Trocknen auf hohen Pfosten hingen, und die Glut der Heringsräuchereien die Luft über dem Sand zum Flimmern brachte.
Die Arbeit begann früh in Vedbæk. Da waren Kühe zu melken und Fischerboote ins Wasser zu ziehen, doch in dieser Morgendämmerung arbeitete niemand. Die Feuer der Heringsräuchereien brannten herab, und die Dorfbewohner ignorierten ihre Pflichten und standen stattdessen auf dem flachen, grasbewachsenen Hügel hinter dem Strand. Sie sprachen wenig und starrten seewärts.
In der Nacht war eine Flotte aufgetaucht. Nahe am Strand waren Kanonenboote und Bombenschiffe vertäut, sodass ihre großen Kanonen und Mörser jede dänische Truppe bedrohen konnte, die vielleicht auf dem Strand auftauchte. Jenseits dieser Schiffe lagen Fregatten und noch weiter entfernt die großen Schlachtschiffe. Kein Feind bedrohte die Flotte. Dennoch waren ihre Geschütze bereit.
Zwischen den Schlachtschiffen und Fregatten lagen Transportschiffe, um die sich eine kleinere Flotte von Beibooten an die größeren Rümpfe wie viele säugende Ferkel schmiegten. Pferde wurden aus Lagerräumen gehievt und in die Boote verladen. Niemand in Vedbæk hatte jemals so viele Schiffe auf einmal gesehen. Mindestens ein Dutzend der Dorfbewohner waren Matrosen gewesen, doch sie hatten noch keine solche Flotte gesehen, nicht in Kopenhagen, London, Hamburg und in keinem anderen großen Hafen.
Jemand begann die Kirchenglocken zu läuten, um Alarm zu schlagen, doch der Pastor eilte zurück ins Dorf, um dem Einhalt zu gebieten.
»Wir haben bereits einen Boten losgeschickt«, sagte er zu dem Mann, der eifrig die Glocken läutete. »Sven ist nach Hörsholm geritten.«
In Hörsholm gab es eine Polizeistation. Doch von welchem Nutzen die Polizei sein konnte, wusste der Pastor nicht. Sie konnte kaum die ganze Armee verhaften, aber zweifellos würde sie eine Warnung nach Kopenhagen schicken.
Leute von Hörsholm und den kleineren Dörfern in der Nähe kamen bereits nach Vedbæk, um die Schiffe zu sehen. Der Pastor dachte besorgt, dass die Zuschauer einer Armee ähneln könnten, und er tat sein Bestes, um sie aufzulösen. »Jarl! Deine Kühe muhen. Sie müssen gemolken werden.«
»Ich habe Mädchen, die das erledigen können.«
»Dann such sie. Es gibt Arbeit für sie.«
Doch keiner bewegte sich. Stattdessen beobachteten alle, wie sich die ersten der kleinen Boote dem Strand näherten.
»Werden sie uns töten?«, fragte eine Frau.
»Nur die hässlichen«, antwortete jemand und erntete nervöses Gelächter. Der Mann, der den Scherz gemacht hatte, war Matrose gewesen und hatte ein langes Fernrohr, das er ausfuhr und bei seiner Frau auf der Schulter auflegte. Er konnte sehen, dass ein Feldgeschütz aus einem Schiffsbauch ausgeladen und in eines der größeren Beiboote hinabgelassen wurde. »Jetzt schicken sie eine Kanone, um Ingrid zu erschießen«, kündigte er an. Ingrid war seine Schwiegermutter und so dick und fett wie eine Holsteiner Kuh.
Ein junger Leutnant in der blauen Uniform der dänischen Miliz traf zu Pferde ein. Er war der Sohn eines
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