Sharpes Beute
wir uns bereit! Wir marschieren in einer halben Stunde!« Er wies dramatisch nach Norden, eine Geste, die zu seinen großen Ambitionen passte. Einige der Offiziere blickten in die Richtung, in die er wies, und sahen, wo die Straße zwischen einigen Bäumen verschwand, Bewegung im Schatten. Castenschiold sah es auch und dachte im ersten Moment, es sei ein Tier, vielleicht eine Kuh, doch dann erkannte er, dass es ein Reiter war. »Wer hat Patrouillen ausgeschickt?«, wollte er wissen.
»Das ist keine von uns, Sir«, antwortete ein Kavallerist.
Jetzt waren sechs Reiter auf der Straße. Sie hatten angehalten, vielleicht weil sie das schwache Glühen der dänischen Lagerfeuer auf dem Hügel gesehen hatten, wo Castenschiold mit seinen Männern gesprochen hatte.
Der General nahm sein Fernrohr aus der Satteltasche. Das Licht war immer noch schlecht, und so saß er ab und befahl einem Adjutanten, sich vor ihn zu stellen, damit er das Fernrohr auf seiner Schulter auflegen konnte.
Kavalleristen. Er konnte Säbelscheiden sehen. Die Männer waren keine Dänen, ihre Kopfbedeckungen hatten die falsche Form.
Er richtete das Fernrohr über die Kavalleristen hinweg zu der Stelle, an der die Straße neben dem fernen Strand anstieg. Eine Zeitlang konnte er nur Grau und Schwarz sehen, Nebel und Schatten, dann wurde das Licht der aufgehenden Sonne heller, und er sah Männer, die marschierten. Was sich da bewegte, war eine Masse von Männern, Kolonnen von Männern, die auf seinem Traum herumtrampelten. Er schob das Fernrohr zusammen.
»Wir bleiben hier«, sagte er ruhig.
»Sir?« Einer der Adjutanten glaubte, sich verhört zu haben.
»Reguläre Infanterie hierher«, sagte Castenschiold und wies auf den flachen Hügelkamm, der die Straße beherrschte. »Dragoner auf den Strand, Leichte Dragoner auf die linke Flanke. Die Miliz wird eine Reserve zwischen hier und der Stadt bilden, Artillerie gleich hierhin, auf die Straße.« Er sprach entschlossen, denn er wusste, dass jedes Anzeichen auf Unsicherheit die Moral seiner Männer zerstören würde.
Denn die Briten kamen. Es würde kein Angriff auf die Belagerungswerke bei Kopenhagen geben, sondern das Schicksal hatte entschieden, dass General Castenschiold vor Köge kämpfen musste. So sollen sie uns hier angreifen, sagte sich Castenschiold. Es war keine schlechte Position. Seine regulären Soldaten beherrschten die Straße, seine rechte Flanke war durch die See gesichert und die neu ausgehobenen Schützengräben waren hinter ihm, falls er sich zurückziehen musste.
Die sechs feindlichen Kavalleriespäher waren verschwunden, trugen die Nachricht der dänischen Anwesenheit zu den vorrückenden Briten. Die Sonne erblühte am Horizont und überzog die gekräuselte See mit goldenem Schein. Es wird ein wunderschöner Tag werden, dachte Castenschiold, ein herrlicher Tag zum Töten. Seine Gedanken wurden durch die Ankunft eines kleinen Karrens aus Köge unterbrochen. Der Karren wurde von einem zottigen Pony gezogen und begleitet von einem heiteren Adjutanten. »Hammer und Nägel, Sir«, meldete er. »Und dreiundvierzig Äxte.«
»Zurückbringen«, sagte Castenschiold, »bringen Sie alles einfach zurück.«
»Sir?«
»Zurückbringen!«, schrie der General. Denn der Traum war gestorben. Castenschiold zog das Fernrohr wieder auseinander und spähte hindurch. Er sah die feindliche Infanterie aus dem Wald kommen. Einige Männer trugen rote Röcke, einige grüne. Grün? Er hatte nie von grünen Uniformröcken bei der britischen Infanterie gehört. Der Feind schien darauf zu warten, dass seine Geschütze eintrafen, und einen Augenblick war Castenschiold versucht, ihn anzugreifen. Er war den Briten zahlenmäßig überlegen, und er spielte mit dem Gedanken, seine Männer hinunterstürmen und angreifen zu lassen, doch dann widerstand er der Versuchung. Unerfahrene Soldaten kämpften besser, wenn sie eine Position verteidigten. So würde er den zahlenmäßig unterlegenen Feind den langen Hügel in die Reichweite seiner Geschütze hinaufklettern lassen, und vielleicht gelang es ihm - selbst wenn er Kopenhagens Belagerung nicht verhinderte -, Dänemark einen Sieg zu schenken.
Die dänischen Geschütze waren abgeprotzt, die Flagge war gehisst und die Infanterie formierte sich zu einer Linie.
Castenschiolds Männer waren zum Kampf bereit.
»Was, zum Teufel, machen Sie hier?«, fragte Captain Warren Dunnett den Quartiermeister des Bataillons. Er hatte den Mann noch nie gemocht. Er stammte aus den
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