Sharpes Beute
Es gab viele Gefallene auf dem Schlachtfeld, aber nur ein Grünrock war darunter.
»Holen Sie seine Stiefel«, befahl Filmer einem Mann. »Es war der schreckliche Hopkins«, sagte er zu Sharpe, »den hat ein Kopfschuss erwischt.«
»Vorwärts! Vorwärts!« Wellesleys erhobene Stimme klang scharf.
Die Kanoniere protzten wieder auf. Die deutschen Husaren waren zur Mitte der Linie zurückgekehrt, allein ihre Anwesenheit hatte gereicht, um den Feind zu verjagen. Die Schotten mit den Kilts waren bereits auf der Hügelkuppe, und die Schützen rechts der Straße rannten zur Horizontlinie und sahen Köge vor sich. Niedrige Dächer, Schornsteine, Kirchtürme und eine Mühle. Es hätte eine Kleinstadt in der Heimat sein können, wenn die Dächer nicht so rot gewesen wären, aber was Sharpe sah, waren die Schützengräben, die das Feld an Köges Rand wie Narben durchzogen. Die Dänen waren nicht einfach fortgerannt, sie hatten sich in die Gräben zurückgezogen. Die britische Infanterie eilte weiter, doch dänische Kavallerie jagte plötzlich heran und bedrohte die rechte Flanke von Wellesleys Linie.
Es gab Lärm von Horn- und Pfeifsignalen. Das 43. Regiment stoppte. Es formierte sich nicht zum Karree, obwohl die Männer den Befehl erwartet hatten. Die Schützen, anfällig für einen Kavallerieangriff, eilten zurück in den Schutz der walisischen Musketen, doch in diesem Augenblick tauchten die deutschen Husaren wieder auf, diesmal an der binnenländischen Flanke, und die dänischen Reiter, in der Minderheit, stoppten ihr Vorrücken. Sharpe, die Büchse gespannt und bereit, dem Kavallerieangriff entgegenzutreten, erkannte, dass Sir Arthur Wellesley das dänische Manöver erwartet und seine Reiter bereitgehalten hatte.
Das Spiel der Dudelsäcke setzte wieder ein, und Sharpe sah, dass das 92. Regiment geradewegs zu den Schützengräben geschickt wurde. Es wartete nicht mal auf die Artillerie, sondern marschierte zu den Schlägen der Trommeln und der schrillen Musik ihrer Dudelsäcke einfach los.
»Heidnische Bastarde«, sagte Filmer in bewunderndem Tonfall.
Sharpe erinnerte sich an Assaye, als die Schotten aus dem Hochland stoisch ins Herz des Feindes marschiert waren. Er nahm an, dass die Dänen bei ihrem schnellen Rückzug von der Hügelkuppe beunruhigt waren. Und jetzt erfolgte ein unverschämter Angriff auf sie, der vor Selbstvertrauen strotzte. Sie konnten die britische Artillerie abprotzen sehen und wussten, dass sich das zweite Rotrock-Bataillon darauf vorbereitete, dem ersten zu folgen. Nach aller Wahrscheinlichkeit war es gar nicht nötig, denn da war etwas völlig Unbesiegbares an den Hochländern. Sie wirkten riesig mit ihren schwarzen Federmützen, als sie im Winkel auf die Schützengräben zu marschierten. Die Verteidiger waren ihnen zahlenmäßig weit überlegen, doch die Schützengräben waren zu hastig ausgehoben worden, und die Schotten griffen in einem so spitzen Winkel an, dass ihr massiertes Musketenfeuer einen kleinen Teil des Grabens mit Feuer eindecken konnte. Die Männer weiter entfernt in den Gräben waren zu weit fort, um helfen zu können.
»Es bleibt ihnen nur die Flucht«, sagte Sharpe.
»Meinen Sie?« Filmer war sich dessen nicht so sicher.
»Eine Salve und das Bajonett«, sagte Sharpe, »dann verpissen sich die Scheißer.«
Die Dänen eröffneten das Feuer. Sie hatten ihre Artillerie verloren, aber ihr Musketenfeuer war heftig. »Aufschließen! Aufschließen!«, hörte Sharpe die vertraute Litanei der Schlacht. »Aufschließen!« Die Schotten schienen das Feuer zu ignorieren, sondern marschierten weiter auf die Gräben zu. Ein paar Leichen lagen hinter dem Bataillon. Gelbe Fahnen flatterten von den Dudelsäcken.
»Halt!« Das 92. Regiment stoppte schlagartig.
»Gewehr - anlegen!« Es hatte den Anschein, als drehten sich alle Männer ein wenig nach rechts, als sie die Musketen an ihre Schultern nahmen.
»Feuer!« Eine Salve. Faulig stinkender Rauch.
»Bajonette - aufpflanzen!«
Es herrschte eine sonderbare Stille, in der Sharpe das Klicken von Bajonetten hören konnte, die an rauchenden Mündungen befestigt wurden.
»Vorwärts!« Die Linie setzte sich in ihrem eigenen Rauch in Bewegung. »Angriff!«
Die Schotten stießen Hurraschreie aus, und Sharpe sah Verteidiger aus Gräben klettern und nach Süden fliehen. Die Luft war plötzlich mit Horn- und Pfeifsignalen erfüllt.
»Lasst sie nicht entkommen!«, rief Wellesley dem befehlshabenden Offizier des 43. Regiments zu.
Weitere
Weitere Kostenlose Bücher