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Sharpes Beute

Titel: Sharpes Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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elegant möblierten Salon mit einem weißen Marmorkamin wieder. Schaudernd erinnerte er sich an seine Qualen in Skovgaards Kamin. Sharpe trat an eines der Fenster und blickte hinaus. Er sah die schlafende Frau auf der Wiese und fragte sich, wer sie war. Lavissers Cousine? Sie war zu jung, um seine Großmutter zu sein. Sonderbare Stöcke lehnten an ihrer Liege, und erst auf den zweiten Blick stellte Sharpe fest, dass es sich um ein Paar Krücken handelte. Die Zeitung, beschwert von dem Handarbeitskorb, bewegte sich im leichten Wind.
    Wo hatte Lavisser sein Goldversteck? Nicht in diesem Raum mit seinen Polstermöbeln, dicken Teppichen und goldgerahmten Porträts. Sharpe ging in die Halle und sah eine gewundene Treppe zu seiner Rechten und jenseits davon eine offene Tür. Er spähte hindurch und sah in ein kleines Wohnzimmer, das in ein Schlafzimmer ungewandelt worden war. Vermutlich konnte die Frau auf Krücken nicht die Treppe hinaufsteigen, und so war ein Bett unter das Fenster gestellt worden. Auf dem weiß gestrichenen Fensterbrett waren Bücher aufgestapelt, während Zeitungen auf dem Bett und einem Lederkoffer lagen, der voller Unterwäsche war. Auf dem Deckel des Koffers befanden sich die vergoldeten Initialen MLV.
    Er fragte sich, ob das »L« für Lavisser stand, doch dann verwarf er den Gedanken, denn der Name Visser kam ihm in den Sinn. Lavisser, Visser, Madame Visser. Und in Skovgaards Haus hatte seine letzte Pistolenkugel jemanden getroffen, einen Schmerzensschrei hervorgerufen, und der Getroffene hatte Blut auf dem Boden hinterlassen. Die Frau auf der Wiese hatte Krücken.
    Er schaute sich den Inhalt des Koffers an und fand nichts mit einem Namen darauf. Er blätterte in den Büchern. Alle waren französisch, aber es stand nicht der Name des Besitzers darin. Er ging in den großen Salon zurück und schaute durch das Fenster zu der schlafenden Frau. Sie war Lavissers Komplizin, sie war Französin, sie war der Feind. Sharpe nahm an, dass er den ganzen Tag damit verbringen konnte, das Haus nach dem Gold zu durchsuchen, aber warum sollte er sich die Mühe machen, wenn ihm Madame Visser vermutlich sagen konnte, wo es sich befand?
    Er kehrte in die Diele zurück und verließ das Haus, überquerte die Wiese und stellte sich hinter den Liegestuhl, wo er seine Büchse von der Schulter nahm. »Madame Visser?«, fragte er.
    »Oui?« Sie klang erschreckt. Dann schwieg sie, als hielte sie den Atem an, denn sie hörte, dass Sharpe die Büchse spannte. Langsam wandte sie den Kopf.
    »Wir haben uns letzte Woche gesehen«, sagte Sharpe. »Ich bin der Mann, der auf Sie geschossen hat.«
    »Dann hoffe ich, dass Sie all die Qualen der Hölle erleiden«, sagte sie ruhig. Sie sprach gut Englisch. Eine beunruhigend gut aussehende Frau, dachte Sharpe, mit einem fein geschnittenen Gesicht, schwarzem Haar und den Augen einer Jägerin. Statt Furcht zu zeigen, blickten diese Augen jetzt amüsiert. Ihr weißes Kleid war am Ausschnitt und am Saum mit Spitze besetzt und wirkte so feminin, dass Sharpe sich in Erinnerung rufen musste, was Ole Skovgaard über diese Frau gesagt hatte: Sie ist gnadenlos. »Was also wollen Sie?«, fragte sie.
    »Wo ist Lavissers Gold?«
    Sie lachte. Kein vorgetäuschtes Lachen, sondern echtes Gelächter. »Sie sind Lieutenant Sharpe, nicht wahr? Major Lavisser hat mir Ihren Namen genannt. Sharpe. Nicht sehr passend, oder?« Sie musterte ihn von oben bis unten. »Sie haben also auf dem Hügel gekämpft?«
    »Das konnte man kaum als Kampf bezeichnen.«
    »Das dachte ich mir. Richtige Soldaten gegen Bauernjungs, was kann man da erwarten? Aber mein Ehemann wird sehr enttäuscht sein. Er und sein Freund ritten hin, um den Kampf zu beobachten. Haben Sie sie gesehen? Vielleicht haben Sie zwei Gentlemen zu Pferde erschossen, während Sie die Bauernjungs aussortiert haben?« Sie lag immer noch mit dem Kopf zur Seite gedreht im Liegestuhl. »Warum stehen Sie nicht vor mir, wo ich Ihr Gesicht richtig sehen kann?«
    Sharpe trat um den Liegestuhl herum, die Büchse immer noch auf sie gerichtet.
    Madame Visser wirkte immer noch belustigt, anstatt ängstlich wegen der Bedrohung durch die Waffe. »Sind Sie wirklich gekommen, um das Gold zu finden? Major Lavisser hat es vermutlich mitgenommen, und wenn das der einzige Grund Ihres Besuchs ist, könnten Sie genauso gut wieder gehen.«
    »Ich glaube, es ist hier«, sagte Sharpe.
    »Dann sind Sie ein Narr«, erwiderte sie und griff nach der Handglocke auf dem Korbtisch. Sie hob

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