Sharpes Beute
sie an, klingelte jedoch nicht damit. »Was wollen Sie also tun, Dummkopf? Mich erschießen?«
»Ich habe schon einmal auf Sie geschossen, warum nicht noch einmal?«
»Ich glaube nicht, dass Sie das tun werden«, sagte sie und klingelte heftig mit der Handglocke. »Sie sehen, dass ich noch lebe.«
Sharpe fand ihr gutes Aussehen beunruhigend. Er ließ den Büchsenlauf sinken. »Wo habe ich Sie getroffen?«
»Ins Bein«, sagte sie. »Es wird eine Narbe am Oberschenkel bleiben, und ich glaube, ich hasse Sie.«
»Es hätte Sie auch in den Kopf treffen können«, sagte Sharpe.
»Aber die Wunde heilt gut«, fuhr sie fort. »Danke für die Nachfrage.« Sie wandte den Kopf, als ein Dienstmädchen mit schläfrigen Augen aus dem Haus kam. Sie sprach auf Dänisch mit dem Mädchen, und es machte einen Knicks und lief ins Haus zurück. »Ich lasse Hilfe kommen«, sagte Madame Visser. »Wenn Sie also einen Funken Verstand haben, sollten Sie jetzt gehen.«
Sie hat recht, dachte Sharpe. Er hätte gehen sollen, aber das Gold war eine Verlockung, und es würde eine süße Rache an Lavisser sein, es zu finden. »Ich suche nach dem Gold des Bastards, und Sie können mir so viele Diener auf den Hals hetzen, wie Sie wollen.« Er benutzte die Büchsenmündung, um den Handarbeitskorb zu öffnen, der die Zeitung beschwerte.
»Meinen Sie, ich bewahre darin tausend Guineas auf?«, fragte Madame Visser belustigt.
Sharpe hatte nach einer Pistole gesucht, doch die einzigen Dinge in dem Korb waren gefaltete Papiere und eine lange Hutnadel. Er wich zurück. »Tausend Guineas?«, fragte er. »Und was ist mit den anderen zweiundvierzigtausend?«
Zum ersten Mal, seit er sie aufgeweckt hatte, blickte Madame Visser unbehaglich drein. »Zweiundvierzigtausend?«
»Er hat dreiundvierzigtausend Guineas gestohlen, sagte Sharpe. »Was hat er Ihnen erzählt? Dass es tausend waren?« Sie sagte nichts, und er wusste, dass er sie überrascht hatte. »Welchen Raum hat er hier benutzt?«, fragte er.
»Das Zimmer oben, nehme ich an.« Sie blickte Sharpe finster an. »Dreiundvierzigtausend?« Es klang ungläubig.
»Außer den fünfzehn Guineas, die ich ihm gestohlen habe.«
»Ich kann mir vorstellen, dass er es nach Kopenhagen mitgenommen hat«, sagte Madame Visser.
»Oder es hier versteckt hat«, sagte Sharpe.
Sie nickte. »Es gibt hier Kellerräume und ein Dachgeschoss.« Sie zuckte mit den Schultern. »Was wollen Sie mit dem Geld machen?«
»Es zu den Briten zurückbringen.«
Madame Visser lächelte. »Ich glaube, Lieutenant, Sie werden es behalten. Und mein Schweigen wird Sie fünftausend kosten.«
Er wich zurück.
»Billig, nicht wahr?« Sie lächelte und warf ihm eine Kusshand hin. Er wich immer noch zurück, unsicher, ob sie eine Pistole unter dem Kleid versteckt am Körper trug, doch sie bewegte sich nicht, schaute ihm nur nach, als er ins Haus zurückkehrte.
Er ging nach oben und überlegte, ob er die Schlafzimmer durchsuchen sollte, entschied sich jedoch dagegen. Lavisser würde kein kleines Vermögen zurücklassen, wo jeder Diener es stehlen konnte, und so suchte er nach der Treppe zum Dachboden und fand sie hinter einer schmalen Tür. Der Dachboden war staubig, aber hell mit kleinen, senkrechten Dachfenstern. Und er sah viele Truhen, Koffer und Kisten. Seine Hoffnung stieg.
Da war kein Gold. Da waren Truhen, die mit alten Papieren gefüllt waren, Kisten mit altem Spielzeug und mottenzerfressenen Kleidungsstücken, ein Kinderschlitten, ein Schaukelpferd und ein Modellschiff, getakelt mit Spinnweben. Aber keine Guineas. Er konnte nicht alle Kisten durchsuchen, aber er hob sie an und schätzte an ihrem Gewicht, ob sie Gold enthielten. Da war keines. Verdammt, dachte er, durchsuche den Keller. Madame Visser hatte Hilfe gerufen, und auch wenn ihn bisher niemand gestört hatte, so wusste er, dass er nicht viel Zeit hatte.
Er stieg die schmale Dachbodentreppe hinab, überquerte den Treppenabsatz und ging die große gewundene Treppe in die Halle hinab, und da stand - Captain Warren Dunnett. Ein halbes Dutzend Schützen war bei ihm, und ihre schmutzigen Uniformen wirkten in dem eleganten Haus fehl am Platze.
Dunnett lächelte, als Sharpe die Treppe herunterkam. »Sie sind verhaftet, Lieutenant.«
»Spinnen Sie nicht rum«, sagte Sharpe. Er sah die Überraschung auf Dunnetts Gesicht und drängte sich an den sechs Schützen vorbei, die verlegen dreinblickten.
»Sharpe!«, rief Dunnett.
Du kannst mich mal, dachte Sharpe. Er verließ das
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