Sharpes Festung
Venables.
»Das Pferd ist nur geliehen«, sagte Sharpe. »Es gehört den 19. Leichten Dragonern.«
Venables wirkte ein wenig erleichtert, weil Sharpe sich nicht plötzlich ein Pferd leisten konnte. »Sind Sie jetzt bei der Kavallerie?«
»Nichts so Großartiges«, sagte Sharpe, dem es widerstrebte, zuzugeben, dass er Ochsen bewachen musste.
Venables fragte nicht weiter. »Wir eskortieren die Pioniere«, erklärte er. »Die müssen anscheinend eine Straße anlegen.«
»Hier oben?«, sagte Sharpe und nickte zu der Festung hin, die über die Ebene dominierte.
»Captain Urquhart meinte, Sie verkaufen vielleicht Ihr Patent?«, sagte Venables.
»So, meinte er?«
»Und stimmt das?«
»Wollen Sie mir ein Angebot machen?«
»Ich habe einen Bruder, wissen Sie«, erklärte Venables. »Eigentlich drei. Und ein paar Schwestern. Mein Vater könnte vielleicht eines kaufen.« Er nahm ein Papier aus einer Tasche und reichte es Sharpe. »Wenn Sie also heimkehren, sollten Sie meinen alten Herrn besuchen. Das ist seine Adresse. Er nimmt an, dass einer meiner Brüder zur Armee gehen sollte, wenn er für nichts anderes taugt. Verstehen Sie?«
»Ich werde darüber nachdenken«, sagte Sharpe und nahm das Papier mit der Adresse. Die Kavalleristen waren weiter getrabt, und um aufzuholen, gab Sharpe seinem Pferd die Hacken. Das Pferd ruckte nach vorn und warf Sharpe zurück in den Sattel. Sekundenlang fand er keinen Halt und wäre fast über die Kruppe gerutscht, dann fuchtelte er wild mit den Armen, um das Gleichgewicht zu bewahren, und schaffte es im letzten Moment, sich am Sattelhorn festzuklammern. Er glaubte Gelächter zu hören, als er vom Bataillon wegtrabte.
Gawilgarh erhob sich wie eine Drohung über der Ebene, und Sharpe fühlte sich wie ein Wilderer in fremdem Revier, der sich nirgendwo verstecken konnte. Er nahm an, dass die britische Armee von hier oben wie viele Ameisen im Staub wirken würde. Er wünschte, er hätte ein Fernrohr, um zur hohen, fernen Festung zu spähen, doch es hatte ihm widerstrebt, dafür Geld auszugeben. Er war sich nicht sicher, warum er kein Fernrohr gekauft hatte. Er war ja nicht arm, nur wenige Offiziere waren reicher als er, doch er befürchtete, der wahre Grund war, dass er sich mit einer Offiziersschärpe wie ein Betrüger fühlte, und wenn er sich die übliche Ausstattung eines Offiziers kaufte – ein Pferd und ein Fernrohr und einen teuren Degen –, dann würde er zum Gespött derjenigen in der Armee werden, die behaupteten, dass er nie zum Offizier hätte ernannt werden sollen.
Im Grunde haben sie sogar recht, dachte er. Er war als Sergeant glücklicher gewesen. Viel glücklicher. Trotzdem wünschte er sich ein Fernrohr, als er zur Festung empor blickte und eine große Rauchwolke aus einer der Bastionen quellen sah. Sekunden später hörte er das ferne Donnern des Geschützes, aber er sah kein Anzeichen auf das Fallen der Kanonenkugel. Es war, als sei sie von der warmen Luft verschluckt worden.
Eine Meile kurz vor den Vorbergen gabelte sich die Straße in drei Wege. Die Sowars trabten westwärts, während die 19. Leichten Dragoner den rechten Weg nahmen, der von der mächtigen Festung wegführte. Das Land wurde zerklüfteter, von kleinen Rinnen und niedrigen Hügeln durchzogen – das erste Anzeichen auf den gewaltigen Anstieg des Geländes, das an der fernen Felswand endete. Bäume standen dicht in diesem Vorgebirge, und Deogaum befand sich anscheinend in den bewaldeten Hügeln. Es lag östlich von Gawilgarh, sicher außerhalb der Reichweite der Geschütze der Festung. Ein Knattern von Musketenfeuer kam aus einer bewaldeten Senke, und die 19. Dragoner, die vor Sharpe ritten, formierten sich zu einer Linie. Ahmed grinste und vergewisserte sich, dass seine Muskete geladen war. Sharpe fragte sich, auf wessen Seite der Junge war.
Ein weiteres Prasseln von Musketenfeuer ertönte, diesmal aus dem Westen. Die Marathen mussten Männer in den Vorbergen haben. Vielleicht beraubten sie die Dörfer ihres gelagerten Getreides? Die Kavalleristen der East India Company waren verschwunden, während die Reiter des 19. in die bewaldete Senke ritten. Ein Geschütz donnerte in der Festung, und diesmal hörte Sharpe weit hinter sich einen Aufprall, als eine Kanonenkugel wie ein Stein aufschlug. Ein Streifen Rauch zog über das Feld, in das die Kanonenkugel gestürzt war, dann folgten Sharpe und Ahmed den Dragonern in die Senke, und das Blätterdach der Bäume verbarg sie vor den unsichtbaren
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