Sharpes Festung
Sir.«
Nachdem Brick ihm die Wasserpfeife hergerichtet hatte, drehte er den Kopf, um auf die Münzen zu starren, die im Lampenschein glänzten. Er war wieder bei Kasse! Hatte gewonnen! Vielleicht war sein Glück zurückgekehrt. In den letzten Monaten hatte er beim Kartenspiel so viel Geld verloren, dass er sich fast ruiniert hatte, doch jetzt hatte Lady Fortuna ihm wieder ihre Gunst geschenkt. Die Hälfte gerettet, dachte er zufrieden und sog genüsslich an der Wasserpfeife. Und die andere Hälfte beim Spiel gewonnen. Und jetzt, da Sharpe erledigt war, konnte er vorsichtig mit dem lukrativen Handel fortfahren. Wie der Markt florieren würde, wenn die Marathen besiegt waren, konnte er nicht sagen. Mit einem bisschen Glück konnte er jedoch genügend Geld machen, um sich in ein luxuriöses ziviles Leben in Madras zurückzuziehen. Mit einer Kutsche, einem Dutzend Pferden und vielen weiblichen Bediensteten. Er würde einen Harem haben. Er lächelte bei dem Gedanken und stellte sich den Abscheu seines Vaters vor. Einen Harem, einen Hof mit einem Springbrunnen, einen Weinkeller tief unter dem Haus, das nahe am Meer erbaut werden würde, sodass kühlende Brisen durch die Fenster strömen würden. Er würde jeden Tag ein, zwei Stunden im Büro verbringen müssen, aber gewiss nicht mehr, denn für die Arbeit waren immer Inder da. Die Scheißer würden ihn natürlich betrügen, doch es würde genügend Geld vorhanden sein, wenn man es nicht verspielte.
Vom Lager jenseits des Dorfes klang Gesang herüber. Torrance erkannte die Melodie nicht. Es war vermutlich ein schottisches Lied. Der Klang erinnerte ihn an seine Kindheit, als er im Kirchenchor gesungen hatte. Er grinste, dachte an die frostigen Morgen, wenn er durch die Dunkelheit gelaufen war und das Kirchenportal aufgeschoben hatte, um mit einer Kopfnuss begrüßt zu werden, weil er zu spät gekommen war. Die Atemschwaden der Chorsänger hatten sich mit dem Qualm der tropfenden Kerzen gemischt. Er erinnerte sich an Läuse unter dem Gewand. Die erste Laus hatte er sich von einem Tenor eingefangen, der ihn in der Sakristei an die Wand gedrängt und sein Gewand hochgezogen hatte. Hoffentlich ist der Schweinehund tot, dachte er.
Sajit schrie.
»Ruhe!«, rief Torrance. Er hasste es, wenn man ihn aus seiner Träumerei riss. Dann herrschte wieder Stille, und Torrance saugte an der Wasserpfeife. Er konnte Clare im Hof Wasser einfüllen hören und lächelte voller Vorfreude an das wohltuende Abwaschen mit dem Schwamm.
Irgendjemand, es musste Sajit sein, versuchte die Tür vom vorderen Raum zu öffnen. »Ruhe, verschwinde!«, rief Torrance. Im nächsten Augenblick hämmerte jemand gegen die Tür. Der Riegel hielt, aber Staub wallte zu beiden Seiten des Türrahmens von der Wand auf. Torrance blickte schockiert drein, dann zuckte er alarmiert zusammen, als erneut etwas gegen die Tür krachte. Diesmal fiel ein Stück Ziegel von der Wand. Torrance schwang seine nackten Beine aus der Hängematte. Wo, zum Teufel, waren seine Pistolen?
Ein dritter Schlag hallte durch den Raum, und diesmal brach die Halterung des Riegels aus der Wand und die Tür schwang gegen den Musselinvorhang. Torrance sah, dass eine Gestalt in einem weiten Gewand den Vorhang zur Seite riss, dann sprang er zu seinen abgelegten Kleidungsstücken und ergriff in fieberhafter Hast seine Pistole.
Eine Hand packte sein Handgelenk.
»Die werden Sie nicht brauchen, Sir«, sagte eine vertraute Stimme.
Torrance wandte den Kopf und zuckte unter dem harten Griff des Mannes zusammen. Er sah eine Gestalt in einem blutgetränkten indischen Gewand mit einem Krummsäbel in der Scheide an seiner Hüfte. Torrance erkannte den Besucher und erbleichte.
»Melde mich zum Dienst, Sir«, sagte Sharpe und nahm Torrance die Pistole aus der Hand.
Torrance stockte der Atem. Er hätte geschworen, dass das Blut auf dem Gewand frisch war, denn es glänzte feucht. An der kurzen Klinge des Messers in Sharpes Hand war weiteres Blut. Es tropfte auf den Boden, und Torrance stieß einen erschrockenen Laut aus.
»Es ist Sajits Blut«, sagte Sharpe. »Auch sein Messer.« Er warf die blutige Klinge auf den Tisch neben die Goldmünzen. »Haben Sie die Sprache verloren, Sir?«
»Sharpe?«
»Der ist tot, Sharpe meine ich, Sir«, sagte Sharpe. »Er wurde an Jama verkauft, erinnern Sie sich? Ist dies das Blutgeld?« Sharpe blickte auf die Münzen auf dem Tisch.
»Sharpe«, wiederholte Torrance. Anscheinend war er nicht fähig, etwas anderes zu
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