Sharpes Feuerprobe
erhob sich von seinem Lager, um sie mit gelben Augen anzustarren.
Weiteres Stroh raschelte in der ersten Zelle zur Linken, nahe bei der Stelle, an der Sharpe und Lawford standen.
»Sieh mal, wer das ist!« Hakeswill war an die Gitterstäbe getreten. »Sharpie!«
»Seien Sie still, Sergeant!«, fuhr Lawford ihn an.
»Jawohl, Sir, Mister Lieutenant Lawford, Sir. Sergeant Hakeswill soll still sein, Sir.« Hakeswill umklammerte die Gitterstäbe seiner Zelle und starrte mit großen Augen böse auf die beiden Neuankömmlinge. In seinem Gesicht zuckte es. »Still wie ein Grab, Sir, und niemand spricht mit mir, wenn er hier runterkommt. Er auch nicht.« Er nickte zu der gegenüberliegenden Zelle, die der Wächter jetzt aufschloss. »Er liebt die Stille«, fuhr Hakeswill fort. »Wie in einer verdammten Kirche. Sagt auch seine Gebete. Hier ist es immer still, man hört nur was, wenn die Nigger sich was zurufen. Dreckige Bastarde sind das. Riechen Sie den Gestank? Das ist ein gewaltiger Schweinestall!« Hakeswills Gesicht verzog sich krampfartig, und in der Düsternis der schattigen Zelle schienen seine Augen mit boshafter Freude zu glitzern. »Mir hat Gesellschaft gefehlt.«
»Bastard!«, murmelte Sharpe.
»Ruhe, ihr beide!«, verlangte Lawford, und dann, mit seiner angeborenen Höflichkeit, nickte der Lieutenant dankbar dem Wächter zu, der endlich die Zelle gegenüber der von Hakeswill geöffnet hatte. »Komm, Sharpe«, sagte er und trat ein.
Die Zelle war acht Fuß breit und zehn Fuß lang und ein wenig über Kopfhöhe eines Mannes hoch. Der Abwässergestank war widerlich, aber nicht schlimmer als auf dem Hof oberhalb. Die Gittertür schlug hinter ihnen zu und wurde abgeschlossen.
»Willie«, sagte eine müde Stimme aus den Schatten der Zelle, »wie schön, dass du mich besuchst.«
Sharpe, dessen Augen sich an das Halbdunkel im Kerker gewöhnt hatten, sah, dass Colonel McCandless in eine Ecke gekrochen war, halb eingehüllt von Stroh. Der Colonel erhob sich jetzt, um sie zu begrüßen, und er war so schwach, dass er wankte, als er stand, doch er schüttelte Lawfords Hand ab, als der versuchte, ihn zu stützen.
»Ein Fieber«, erklärte er. »Es kommt und geht. Ich habe es seit Jahren. Ich nehme an, nur der weiche schottische Regen wird es heilen. Aber es ist anscheinend immer unwahrscheinlicher, dass ich jemals in die Heimat zurückkomme. Es ist gut, dich wiederzusehen, Willie.«
»Ich freue mich ebenfalls, Sir. Private Sharpe haben Sie schon kennen gelernt, nehme ich an.«
McCandless sah Sharpe grimmig an. »Ich habe eine Frage an Sie, junger Mann.«
»Es war kein Schießpulver, Sir«, sagte Sharpe, der sich an seine erste Konfrontation mit dem Colonel erinnert und des halb die Frage erwartet hatte. »Es schmeckte falsch, Sir. War nicht salzig.«
»Aye, es sah nicht wie Schießpulver aus«, sagte der Schotte. »Es verwehte im Wind wie Mehl. Aber das war nicht meine Frage, Private. Meine Frage war, was hätten Sie getan, wenn es Schießpulver gewesen wäre?«
»Ich hätte Sie erschossen, Sir«, sagte Sharpe. »Bitte verzeihen Sie mir, Sir.«
»Sharpe!«, protestierte Lawford.
»Ganz richtig, Mann«, sagte McCandless. »Der elende Typ hatte Sie auf die Probe gestellt, nicht wahr? Er unterzog sie einem Test, und Sie mussten ihn bestehen. Ich bin froh, dass es kein Schießpulver war, aber ich muss zugeben, dass ich kurz ziemlich besorgt war. Es macht dir nichts aus, wenn ich mich setze, Willie? Ich bin nicht in meiner üblichen gesunden Verfassung.« Er sank auf das Stroh und blickte finster zu Sharpe auf. »Sie anscheinend ebenfalls nicht, Private. Haben Sie Schmerzen?«
»Die Bastarde haben mir eine Rippe angeknackst, Sir, und ich blute ein bisschen. Macht es Ihnen was aus, wenn ich mich ebenfalls setze?« Sharpe ließ sich vorsichtig gegen die Gitterstäbe sinken und hob behutsam den Rock an, den er um seine Schultern gelegt hatte. »Ein bisschen frische Luft wird es heilen, Sir«, sagte er zu Lawford, der darauf bestand, die frisch geöffneten Wunden zu untersuchen, obwohl sie nichts zur Verfügung hatten, um sie zu behandeln.
»Sie werden hier keine frische Luft bekommen«, sagte McCandless. »Riechen Sie die Abwässer?«
»Der Gestank kann einem nicht entgehen, Onkel«, sagte Lawford.
»Es ist der neue innere Wall«, erklärte McCandless. »Als sie ihn errichteten, durchschnitten sie den Abflusskanal der Stadt, und jetzt kann der Dreck der Nacht den Fluss nicht erreichen, und die Abwässer fließen
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