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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Einiges war auf den niedrigen Wall im Glacis gezielt, während anderes die höheren Brustwehren zum Ziel hatte. Eine Stunde nach der Morgendämmerung verstummten die Geschütze, und kurz darauf stellten auch Tippus Kanoniere das Feuer ein.
    Colonel Gudin, der auf dem westlichen Schutzwall durch ein Fernrohr spähte, sah, dass die eingeborenen Kanoniere der Company etwas von ihrem Geschütz anhoben. Gudin nahm an, dass die großen Geschütze sorgfältig auf den Abschnitt des Walls ausgerichtet wurden, der für die Bresche ausgewählt worden war. Die Geschütze waren jetzt heiß und würden genau schießen, und bald würden sie eine geballte Ladung Eisen auf die ausgewählte Stelle im Wall der Stadt konzentrieren. Mit seinem Fernrohr konnte er Männer sehen, die sich mit dem Geschütz abmühten, doch das Geschütz selbst konnte er nicht wahrnehmen, denn die Schießscharte war im Augenblick mit Weidenkörben, die mit Erde gefüllt waren, voll gestopft. Gudin betete, dass die Briten Tippus Köder schlucken und mit ihren Geschützen auf den scheinbar schwächsten Teil des Walls zielen würden.
    Er richtete sein Fernrohr auf die nächste Batterie, die kaum vierhundert Yards von dem verwundbaren Abschnitt des Walls entfernt war. Die Kanoniere waren bis zur Hüfte nackt, denn die Temperatur würde bald über 30 Grad Celsius sein, die Luftfeuchtigkeit war bereits schier erstickend, und diese Männer mussten bereits mit dem enormen Gewicht des Geschützes und der Kugeln zurechtkommen. Ein 18-Pfünder-Belagerungsgeschütz wog an die zwölf Tonnen, und die ganze Masse heißen Metalls wurde bei jedem Schuss zurückgeschleudert, und dann musste das Geschütz mit Menschenkraft wieder zurück in Schussposition befördert werden. Die Kugel eines solchen Geschützes maß im Durchmesser ein wenig über fünf Zoll, und jedes Geschütz konnte etwa alle zwei Minuten eine solche Kugel verfeuern.
    Die Spione Tippus hatten berichtet, dass General Harris jetzt siebenunddreißig dieser schweren Geschütze, die jedes ein vierundzwanzig Pfund schweres Geschoss abfeuern konnten, und zwei weitere, sogar noch schwerere Kanonen hatte.
    Gudin, der darauf wartete, dass das Geschützfeuer wieder einsetzte, machte eine einfache Kopfrechnung. Jede Minute, schätzte er, würden etwa dreihundertfünfzig Pfund Eisen mit unvorstellbarer Geschwindigkeit in den Schutzwall der Stadt schlagen, und zu diesem schweren Gewicht von Metall würden die Briten eine Menge Haubitzen und ein paar Dutzend 12-Pfünder hinzufügen, die benutzt wurden, um den Wall zu beiden Seiten der Stelle zu bombardieren, die General Harris für seine Bresche ausgesucht hatte.
    Gudin wusste, dass der ernsthafte Versuch, die Bresche zu schlagen, bald beginnen würde, und er hielt fast den Atem an, als er auf den ersten Schuss wartete, denn diese Eröffnung würde ihm zeigen, ob das Hasardspiel Tippus erfolgreich war oder nicht.
    Das Warten schien sich ewig auszudehnen, doch schließlich enttarnte eine der Batterien ein Geschütz, und das große Ding spuckte vor seiner Schießscharte einen fünfzig Yards langen Strahl von Rauch aus. Eine halbe Sekunde später war das Donnern zu hören, doch Gudin hatte die Kugel bereits fallen sehen.
    Die Briten hatten den Köder geschluckt. Sie tappten geradewegs in die Falle.
    Die übrigen Belagerungsgeschütze eröffneten jetzt das Feuer, und für einen Moment erfüllte das Grollen des Donners den Himmel, an dem erschreckte Vögel flatterten. Die Schüsse hallten über das trockene Land, über den Fluss, und die Kugeln schlugen in den kurzen Wall, der die Abschnitte des Glacis vereinigte.
    Der Wall hielt weniger als zehn Minuten stand, bevor er von einer 18-Pfünder-Kugel durchbrochen wurde und plötzlich das Wasser des inneren Grabens in den Südlichen Kaveri schoss. Ein paar Sekunden war eine klare, dünne Spur zu sehen, die im Bogen in den Fluss hinaussprudelte, dann nahm die Wucht des Strahls den abgeriebenen Staub auf, und der kleine Wall brach zusammen, sodass eine trübe Flut über das Flussufer spülte.
    Der Beschuss legte kaum eine Pause ein, doch jetzt wurde etwas höher gezielt, sodass die Kugeln den Fuß der äußeren Brustwehr treffen konnten, die jetzt durch den Zusammenbruch der Mauer, die das Glacis verbunden hatte, völlig enttarnt war. Schuss um Schuss traf und fetzte eine Hand voll Schlammziegel heraus. Das Wasser aus dem durchgeschlagenen Graben floss ab, und die Schüsse hämmerten weiter.
    Den ganzen Tag lang feuerten die

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