Sharpes Feuerprobe
Sicherheitswachen hatten, die ihre Waren beschützten.
Die bhinjarries verkauften Hühner, Reis, Mehl, Bohnen und den in der Kehle brennenden Arrak, von dem man sogar schneller als vom Rum betrunken werden konnte. Einige der bhinjarries verkauften auch Huren und machten in dieser Nacht mit den Männern des 33. Regiments gute Geschäfte.
Captain Morris erwartete, die berühmten grünen Zelte des Naig, des bhinjarrie , zu besuchen, dessen Ware die teuersten Huren von Madras waren, aber im Augenblick wurde er in seinem eigenen Zelt aufgehalten, wo er im schwachen Licht einer Kerze Geschäfte erledigte.
Genauer gesagt, Sergeant Hakeswill erledigte sie, während Morris, den Uniformrock aufgeknöpft und die seidene Halsbinde gelockert, auf einem Klappstuhl lümmelte.
Schweiß tropfte von Morris’ Gesicht. Der Wind war nur schwach, doch der Musselinschirm am Zelteingang hielt ihn ab, und wenn der Schirm entfernt wurde, würde sich das Zelt mit riesigen Nachtfaltern füllen. Morris hasste Nachtfalter, er hasste die Hitze und Indien.
»Wachlisten, Sir«, sagte Hakeswill und reichte ihm die Papiere.
»Irgendetwas, das ich wissen sollte?«
»Überhaupt nichts, Sir. Genau wie letzte Woche, Sir. Ensign Hicks hat den Plan aufgestellt, Sir. Guter Mann, Sir, dieser Ensign Hicks. Weiß, wo sein Platz ist.«
»Sie meinen, er tut, was Sie ihm sagen?«, fragte Morris trocken.
»Er lernt sein Handwerk, Sir, wie es ein guter kleiner Ensign tun sollte. Im Gegensatz zu anderen, die ich Ihnen nennen könnte.«
Morris ignorierte die Anspielung auf Fitzgerald, tauchte seine Feder ins Tintenfässchen und kritzelte seinen Namen an den Fuß der Wachpläne.
»Ich nehme an, Ensign Fitzgerald und Sergeant Green sind für den ganzen Nachtdienst eingeteilt?«, fragte er.
»Sie brauchen die Praxis, Sir.«
»Und Sie brauchen Ihren Schlaf, Sergeant?«
»Das Buch der Bestrafungen, Sir«, sage Hakeswill, reichte ihm das in Leder gebundene Hauptbuch und den Wachplan entgegen, ohne auf Morris’ letzte Bemerkung einzugehen.
Morris blätterte in dem Strafbuch. »In dieser Woche keine Prügelstrafen?«
»Das wird bald der Fall sein, Sir, bald schon.«
»Private Sharpe ist Ihnen heute entkommen, wie?«, sagte Morris. »Sie haben ihn aus dem Griff verloren, Obadiah.«
Es war keine Freundlichkeit in der Benutzung von Hakeswills Vornamen, sondern es klang geringschätzig, doch Sergeant Hakeswill war deswegen nicht beleidigt. Offiziere waren Offiziere, jedenfalls diejenigen über Ensigns waren nach Hakeswills Ansicht richtige Offiziere, und solche Gentlemen hatten jedes Recht, Rangniedrige gering zu schätzen.
»Ich habe nichts verloren, Sir«, antwortete Hakeswill gleichmütig. »Wenn die Ratte nicht vom ersten Schlag krepiert, Sir, dann muss man den Hund einsetzen. So wird es gemacht, Sir, so steht es in der Bibel. Krankenbericht, Sir. Nichts Neues, außer dass Sears das Fieber hat und nicht mehr lange bei uns sein wird, aber er wird kein Verlust sein, Sir. Private Sears taugt nichts. Der ist besser tot.«
»Sind wir fertig?«, fragte Morris, als er den Krankenbericht unterzeichnet hatte, doch dann ertönte ein taktvolles Hüsteln am Zelteingang, und Lieutenant Lawford zog die Plane zur Seite und schob sich an dem Musselinschirm vorbei ins Zelt.
»Bei der Arbeit, Charles?«, fragte Lawford Morris.
»Es freut mich immer, Sie zu sehen, William«, erwiderte Morris sarkastisch, »aber ich wollte gerade einen Spaziergang machen.«
»Da ist ein Soldat, der Sie sprechen möchte«, erklärte Lawford. »Der Mann hat eine Bitte, Sir.«
Morris seufzte, als sei er zu beschäftigt, um sich mit solchen Lappalien abzugeben, doch dann zuckte er mit den Schultern und wedelte mit der Hand, als wolle er den Mann hereinwinken, um ihm großzügig einen Moment seiner kostbaren Zeit zu schenken.
»Wer?«, fragte er.
»Private Sharpe, Sir.«
»Unruhestifter, Sir«, warf Hakeswill ein.
»Er ist ein guter Mann«, widersprach Lawford hitzig, doch dann sagte er sich, dass ihn seine kleine Erfahrung bei der Armee kaum qualifizierte, solche Urteile abzugeben, und so fügte er bescheiden hinzu, dass es nur seine Meinung sei. »Aber er scheint ein guter Mann zu sein, Sir«, endete er.
»Lassen Sie ihn rein«, sagte Morris.
Er nippte an dem Zinnbecher mit Arrak, als Sharpe an dem Musselinschirm vorbei das Zelt betrat und stillstand.
»Mütze ab, Junge!«, blaffte Hakeswill. »Wissen Sie nicht, dass man in Anwesenheit eines Offiziers die Mütze abnehmen
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