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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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beharrte sie, »und du solltest einer sein. Dann könnte Hakeswill dich nicht anrühren.«
    Sharpe zuckte mit den Schultern. »Er will nicht mich anrühren, sondern dich.«
    Mary hatte einen tigergestreiften Uniformrock von einem Gefallenen geschnitten, und jetzt verharrte sie und schaute fragend zu Sharpe auf. Sie hatte Jem Bickerstaff nicht geliebt, aber ihn als guten, freundlichen Mann geschätzt, und sie sah die gleiche Anständigkeit in Sharpe. Es war nicht genau dieselbe Anständigkeit, nahm sie an, denn Sharpe hatte zehnmal mehr Feuer als Jem Bickerstaff, und er konnte listig wie eine Schlange sein, wenn es ihm passte. Doch sie vertraute Sharpe. Sie fühlte sich auch zu ihm hingezogen. Da war etwas sehr Eindrucksvolles an Sharpes verwegenem Aussehen, etwas Gefährliches, das musste sie zugeben, aber sehr Aufregendes. Sie sah ihn ein paar Sekunden an und zuckte dann mit den Schultern.
    »Vielleicht würde er es nicht wagen, mich anzurühren, wenn wir verheiratet wären«, sagte sie. »Ich meine, richtig verheiratet mit der Erlaubnis des Colonels.«
    »Verheiratet?«, entfuhr es Sharpe.
    Mary stand auf. »Es ist nicht leicht für eine Frau, in der Armee Witwe zu sein, Richard. Jeder Mann betrachtet einen als Beute.«
    »Ja, ich weiß, dass es hart ist«, sagte Sharpe und runzelte die Stirn.
    Er starrte sie an, während er über die Idee zu heiraten nachdachte. Bis jetzt hatte er nur ans Desertieren gedacht, aber vielleicht war eine Heirat keine so schlechte Idee. Jedenfalls würde es für Hakeswill viel schwieriger sein, sich an Mary heranzumachen. Und es war wahrscheinlicher, dass ein verheirateter Mann befördert wurde. Aber was für einen Sinn machte es, ein Stückchen in dem Misthaufen aufzusteigen? Selbst ein Sergeant war immer noch am Fuß des Haufens. Es war besser, ganz aus der Armee raus zu sein, und Mary, sagte sich Sharpe, würde wahrscheinlich leichter mit ihm desertieren, wenn sie richtig mit ihm verheiratet war. Dieser Gedanke ließ ihn langsam nicken.
    »Ich glaube, es könnte mir gefallen, verheiratet zu sein«, sagte er scheu.
    »Mir auch.« Mary lächelte, und Sharpe erwiderte verlegen das Lächeln. Für einen Moment fehlten beiden die Worte, dann griff Mary aufgeregt in die Tasche ihrer Schürze und holte einen Schmuckstein hervor, den sie dem toten Soldaten abgenommen hatte. »Sieh mal, was ich gefunden habe!« Sie überreichte Sharpe einen roten Stein, der fast halb so groß wie ein Hühnerei war. »Meinst du, das ist ein Rubin?«, fragte sie angespannt.
    Sharpe warf den Stein hoch und fing ihn auf.
    »Ich nehme an, es ist Glas, Mädchen«, sagte er sanft und freundlich. »Nur Glas. Aber ich werde dir einen Rubin als Hochzeitsgeschenk besorgen, wart’s nur ab.«
    »Ich werde dich im Auge behalten, Dick Sharpe«, sagte sie glücklich und hakte sich bei ihm ein.
    Sergeant Hakeswill, etwa hundert Schritte entfernt, beobachtete sie, und in seinem Gesicht zuckte es.
    Die Geier, die über dem Schlachtfeld ihre Kreise zogen, auf dem die geplünderten und nackten Leichen verstreut lagen, stießen herab und begannen mit ihrem Festmahl.
 
    Die alliierten Armeen biwakierten eine Viertelmeile von dem Platz entfernt, an dem die Toten lagen. Das Biwak breitete sich auf der Ebene aus: eine vorübergehende Stadt, wo fünfzigtausend Soldaten und tausende Soldatenprostituierte die Nacht verbringen würden. Die Zelte für die Offiziere wurden weit entfernt von den Viehherden aufgeschlagen, die für die Nacht bewacht wurden. Einige der Rinder waren Schlachttiere, die als Nahrung dienten, einige waren Ochsen, die Körbe trugen, die mit den Kugeln für die 18-er und 24-er Kanonen gefüllt waren, die gebraucht wurden, um eine Bresche in die Mauern von Seringapatam zu schlagen, und einige waren Ochsen zum Ziehen der Wagen und Geschütze.
    Für den Transport der schwersten Geschütze, die zur Belagerung, wurden sechzig Ochsen gebraucht. Es gab über zweihunderttausend Rinder bei der Armee, doch alle waren jetzt zu abgemagert, weil die Kavallerie des Tippus das Land auf der Suche nach Futter durchkämmte, während die britischen Armeen und die aus Haidarabad vorrückten.
    Die gemeinen Soldaten hatten keine Zelte. Sie würden auf dem Boden bei ihren Feuern schlafen, aber zuerst aßen sie, und an diesem Abend war das Essen gut, wenigstens für die Männer vom 33. Regiment des Königs. Ihre Kriegsbeute hatten sie bei den bhinjarries, den Händlerclans, ausgegeben, die mit der Armee reisten und ihre eigenen

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