Sharpes Feuerprobe
muss?«
Sharpe riss seine Mütze vom Kopf.
»Nun?«, fragte Morris.
Sekundenlang schien Sharpe nicht zu wissen, was er sagen sollte, doch dann räusperte er sich und sagte, den Blick ein paar Zoll über Captain Morris’ Kopf gerichtet: »Ich bitte um die Erlaubnis zu heiraten, Sir.«
Morris grinste. »Heiraten! Sie haben eine bibbi gefunden, nicht wahr?« Er trank mehr Arrak und blickte zu Hakeswill. »Wie viele Frauen sind jetzt auf der Kompaniestärke, Sergeant?«
»Volle Anzahl, Sir. Kein Platz für weitere, Sir! Volle Menge. Kein freier Platz, Sir. Soll ich Private Sharpe entlassen, Sir?«
»Dieses Mädchen gehört bereits zu der Anzahl«, sagte Lieutenant Lawford. »Sie ist Sergeant Bickerstaffs Witwe.«
Morris starrte zu Sharpe auf.
»Bickerstaff«, sagte er, als sei ihm der Name fremd. »Bickerstaff. Das war der Kamerad, der im März an einem Fieber starb, richtig?«
»Jawohl, Sir«, antwortete Hakeswill.
»Wusste gar nicht, das der Mann überhaupt verheiratet war«, sagte Morris. »Sie war seine offizielle Frau?«
»Sehr offiziell«, antwortete Hakeswill. »Auf die Kompaniestärke zugelassen, Sir. Unterschrift des Colonels auf der Bescheinigung, Sir. Richtig verheiratet vor Gott und der Armee, Sir.«
Morris rümpfte die Nase und blickte wieder zu Sharpe auf. »Warum in aller Welt wollen Sie heiraten, Sharpe?«
Sharpe wirkt verlegen. »Ich tue es einfach, Sir«, sagte er lahm.
»Ich kann nicht sagen, das ich etwas gegen eine Ehe habe«, sagte Morris. »Eine Ehe stabilisiert einen Mann, aber ein Kerl wie Sie, Sharpe, kann etwas Besseres tun, als eine Soldatenwitwe zu heiraten, finden Sie nicht auch? Soldatenwitwen sind furchtbare Kreaturen! Benutzte Ware, Private. Dick und fett, wie Lumpen von Schweinefett in Leinen gehüllt. Besorgen Sie sich eine süße kleine bibbi , Mann, etwas, für das der Samen noch nicht verschwendet worden ist.«
»Sehr guter Rat, Sir«, sagte Hakeswill, und in seinem Gesicht zuckte es. »Worte der Weisheit, Sir. Soll ich ihn entlassen, Sir?«
»Mary Bickerstaff ist eine gute Frau, Sir«, sagte Lieutenant Lawford. Der Lieutenant, an den sich Sharpe zuerst mit seiner Bitte gewandt hatte, war begierig darauf, sein Bestes zu tun. »Sharpe könnte viel Schlimmeres tun, als Mary Bickerstaff zu heiraten, Sir.«
Morris schnitt das Ende einer Zigarre ab und zündete sie mit der Flamme der Kerze auf seinem Klapptisch an.
»Sie ist weiß?«, fragte er gleichgültig.
»Halb bibbi und halb Christin, Sir«, sagte Hakeswill, »aber sie hatte einen guten Ehemann.« Er schniefte, als sei er plötzlich von Gefühlen überwältigt. »Und Jem Bickerstaff ist noch keinen Monat in seinem Grab, Sir. Zu früh für die Schlampe, wieder zu heiraten. Das wäre nicht in Ordnung, Sir. So steht es in der Bibel.«
Morris bedachte Hakeswill mit einem zynischen Blick.
»Seien Sie nicht absurd, Sergeant. Die meisten Armee-Witwen heiraten am nächsten Tag. Die Mannschaften sind kaum die vornehme Gesellschaft, das wissen Sie.«
»Aber Jem Bickerstaff war ein Freund von mir, Sir«, sagte Hakeswill, schniefte wieder und wischte sogar eine unsichtbare Träne fort. »Ein guter Freund, Sir«, wiederholte er mit heiserer Stimme, »und auf dem Sterbebett bat er mich, mich um seine kleine Frau zu kümmern, Sir. Ich weiß, sie ist nicht ganz weiß, das hat er mir gesagt, aber sie verdient es, dass man sich um sie kümmert. Das waren seine Worte vor dem Sterben, Sir.«
»Er hat Sie verdammt gehasst!« Sharpe konnte die Worte nicht zurückhalten.
»Schweigen Sie vor einem Offizier!«, schrie Hakeswill. »Sprechen Sie nur, wenn Sie angesprochen werden, Junge, und sonst halten Sie Ihr dreckiges Mundwerk, wie Gott es will.«
Morris verzog das Gesicht, als bekäme er von Hakeswills lauter Stimme Kopfschmerzen. Dann schaute er Sharpe an.
»Ich werde mit Major Shee darüber sprechen, Sharpe. Wenn die Frau zur Truppenstärke zählt und Sie heiraten will, können wir ihr das nicht verbieten, nehme ich an. Ich werde mit dem Major reden. Sie sind entlassen. Weggetreten!«
Sharpe zögerte, fragte sich, ob er dem Captain für die lakonischen Worte danken sollte, doch bevor er irgendetwas sagen konnte, brüllte ihm Hakeswill ins Ohr: »Rechtsum kehrt! Mütze auf! Eilmarsch. Eins, zwei, eins, zwei. Achten Sie auf den verdammten Vorhang, Junge! Dies ist kein Schweinestall wie der, in dem Sie aufgewachsen sind, sondern das Quartier eines Offiziers!«
Morris wartete, bis Sharpe das Zelt verlassen hatte. Dann blickte er
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