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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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schrieb früher in diesem Jahr Tippu. Hat Tippu Ihnen seinen Brief gezeigt?«
    Appah Rao sagte nichts, und McCandless schloss aus seinem Schweigen, dass Rao nichts vom Brief des französischen Generals wusste, und so zog er ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus seiner Felltasche. »Sprechen Sie Französisch, General?«
    »Nein.«
    »Dann lassen Sie mich für Sie übersetzen. Einer unserer Agenten kopierte den Brief, bevor er abgesandt wurde, und das Datum lautet ›Le septpluviose, L’an six de la Republique Française.‹ Das heißt der 27. Januar für uns, und der Text lautet: ›Ich habe die Grenze des Roten Meers mit einer zahllosen und unbesiegbaren Armee erreicht, die voller Verlangen ist, Euch von dem Joch Englands zu befreien.‹ Hier.« McCandless reichte Appah Rao den Brief. »Darin steht viel mehr in dieser Art. Nehmen Sie ihn mit, und suchen Sie sich jemanden, der ihn übersetzen wird.«
    »Ich glaube Ihnen«, sagte Appah Rao und ignorierte den angebotenen Brief. »Aber warum sollte ich den französischen General fürchten?«
    »Weil Tippu Bonapartes Verbündeter ist und Bonaparte Ambitionen hat, sich die Company unter den Nagel zu reißen. Sein Sieg wird die Muslime stärken und die Hindus schwächen. Doch wenn er Maisur besiegt sieht und Ihr Radscha wieder auf dem Thron seiner Ahnen sitzt, und wenn er eine Hindu-Armee, befehligt von General Appah Rao, sieht, wird er es sich zweimal überlegen, bevor er sich einschifft. Bonaparte braucht Verbündete in diesem Land, und ohne Maisur wird er keine haben.«
    Appah Rao runzelte die Stirn. »Ist dieser Bonaparte ein Moslem?«
    »Er ist mit den Moslems befreundet, aber er hat keine Religion, von der wir wissen.«
    »Wenn er mit den Moslems befreundet ist«, bemerkte Appah Rao, »warum sollte er sich dann nicht mit den Hindus anfreunden?«
    »Weil es an den Moslems liegt, dass er sich Verbündete sucht. Er wird sie belohnen.«
    Appah Rao scharrte mit den Füßen auf dem harten Boden. »Warum sollten wir Bonaparte nicht kommen und euch besiegen lassen?«
    »Weil er dann Tippu zu mächtig machen wird, und wie lange wird es danach dauern, General, bis es noch irgendwelche Hindus in seinen Diensten gibt? Und wie lange werden die überlebenden Wodeyars dann noch leben? Tippu lässt die Wodeyar-Familie am Leben, weil er die Hindu-Infanterie und -Kavallerie braucht, aber wenn er keine Feinde mehr hat, warum soll er dann widerwillige Freunde brauchen?«
    »Und Sie werden die Wodeyars wieder einsetzen?«
    »Das verspreche ich.«
    Appah Rao blickte an McCandless vorbei zu dem kleinen Licht hinauf, das sich auf dem ernsten Abbild einer Hindu-Gottheit spiegelte. Der Tempel war noch hier, wie es alle Tempel in Maisur waren, denn der Sultan war ein Moslem, der die Heiligtümer der Hindus nicht hatte abreißen lassen. Stattdessen hatte Tippu wie sein Vater einige der Tempel restauriert.
    Das Leben war nicht schwer unter Tippu, trotzdem war er nicht der rechtmäßige Herrscher von Appah Raos Land. Dieser Herrscher war ein Junge, der in Armut in einem kleinen Haus in einer Hintergasse von Seringapatam gehalten wurde, und Appah Raos verborgene Loyalität galt der Wodeyar-Dynastie, nicht den moslemischen Eindringlingen.
    Die dunklen Augen des Generals blickten zu McCandless. »Ihr Briten habt die Stadt vor sieben Jahren eingenommen. Warum habt ihr da Tippu nicht abgesetzt?«
    »Ein Fehler«, gab McCandless freimütig zu. »Wir dachten, wir könnten ihm vertrauen, dass er seine Versprechen hält, aber das war ein Irrtum. Diesmal, so Gott will, werden wir ihn ersetzen. Wenn man einmal von einer Schlange gebissen worden ist, lässt man das kein zweites Mal zu.«
    Appah Rao brütete eine Zeit lang vor sich hin. Fledermäuse flatterten über den Hof des Tempels. Die beiden Männer am Tor beobachteten sie, als sich die Stille ausdehnte.
    McCandless schwieg ebenfalls. Der Colonel wusste, dass es nicht dienlich sein würde, den General zu hart unter Druck zu setzen, aber es war ihm auch klar, dass er das gar nicht brauchte. Appah Rao mochte nicht sicher sein, ob ein britischer Sieg in Maisurs bestem Interesse sein würde. Was würde den Interessen in diesen harten, verwirrenden Zeiten dienen?
    Appah Rao hatte die Wahl zwischen den moslemischen Usurpatoren und ausländischer Vorherrschaft, und McCandless wusste nur zu gut um das schwelende Misstrauen zwischen Hindus und Moslems. Es war diese Bresche, in die der Schotte schlug, weil er hoffte, sie zu vollem Verrat zu nutzen.
    Appah Rao

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