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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Aufblitzen auf eine harmlose Spiegelung zurückzuführen war, doch dann sah er Reiter zwischen den Bäumen hervorpreschen. Sie hatten Lanzen, und alle trugen den tigergestreiften Waffenrock. Es war mindestens ein Dutzend, doch der Schotte hatte keine Zeit, sie richtig zu zählen, denn er trieb sein Pferd mit den Sporen an und jagte diagonal den Hang zum Kamm des Höhenrückens hinauf.
    Einer der Verfolger feuerte, und der Schuss hallte durch das Tal. Die Kugel ging weit daneben. McCandless bezweifelte, dass der Schuss irgendetwas hatte treffen sollen. Es war eher ein Signalschuss, der andere Reiter in der Gegend aufmerksam machen sollte.
    Einen Augenblick spielte der Schotte mit dem Gedanken, kehrtzumachen und seine Verfolger anzugreifen, doch dann verwarf er die Idee. Das Risiko war viel zu groß und seine Informationen viel zu wichtig, um sie bei einem Scharmützel aufs Spiel zu setzen. Seine einzige Wahl war die Flucht.
    Er zog den Karabiner aus dem Sattelholster, spannte ihn und schlug der Stute hart die Hacken in die Weichen. Wenn er erst über den Höhenrücken hinweg war, rechnete er sich eine gute Chance aus, seinen Verfolgern zu entkommen.
    Ziegen flüchteten aus seinem Weg, als er die Stute über den Kamm trieb. Mit einem Blick zurück vergewisserte sich McCandless, dass sein Vorsprung groß genug war, sodass er nach Norden abbiegen konnte, ohne dass ihm der Weg abgeschnitten werden konnte, und so ließ er die Stute weiterhin galoppieren.
    Voraus lag ein weites, mit Bäumen gesprenkeltes Terrain, und jenseits davon gab es dichte Waldstreifen, in denen er und seine Männer sich absetzen konnten.
    »Lauf, Mädchen!«, rief er der Stute zu und blickte dann über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass seine Eskorte nahe bei ihm und sicher war. Schweiß tropfte von seinem Gesicht, doch die kräftige Stute jagte jetzt im gestreckten Galopp dahin, und der Reitwind blähte den Kilt um seine Hüften.
    Dies war nicht das erste Mal, dass McCandless vor Feinden davonjagte. Er war einst einen ganzen Tag lang geflohen, vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung, um einer Maharashtra-Bande zu entkommen, und die Stute hatte durchgehalten. In ganz Indien, und das hieß auf der ganzen Welt, hatte McCandless keine bessere Freundin als diese Stute.
    »Lauf, Mädchen!«, feuerte er sie wieder an und blickte zurück. In diesem Augenblick rief Havildar von der Eskorte eine Warnung.
    McCandless’ Kopf ruckte herum, und er sah weitere Reiter zwischen den Bäumen im Norden hervorpreschen.
    Es mussten fünfzig oder sechzig Reiter sein, die auf den Schotten zuhielten, und während er die Stute ostwärts lenkte, wurde ihm klar, dass das ursprüngliche Dutzend seiner Verfolger die Scouts für den größeren Kavallerietrupp waren und dass die Flucht nach Norden ihn nur auf den Feind zugetrieben hatte, nicht von ihm fort.
    Jetzt ritt er wieder in die aufgehende Sonne, doch im Osten gab es keine Deckung, und diese neuen Verfolger waren bereits gefährlich nahe. Er schwenkte wieder nach Süden hin ab, hoffte, Deckung im Tal jenseits des Höhenrückens zu finden, doch dann krachte eine wilde Salve.
    Eine Kugel traf die Stute. Es war ein Glücksschuss aus vollem Galopp. Zu neunundneunzig Prozent wäre solch ein Schuss weit vorbeigegangen, doch diese Kugel schlug der Stute in die Seite, und McCandless spürte, dass sie schwankte.
    Er schlug ihr leicht mit dem Kolben des Karabiners auf die Kruppe, und sie wollte sich strecken, doch die Kugel war nahe bei ihrer Wirbelsäule eingedrungen und der Schmerz war zu groß. Sie stolperte, wieherte schrill, versuchte jedoch immer noch, weiterzugaloppieren. Dann gab eines ihrer Hinterbeine einfach nach, und die Stute ging in einer Staubwolke zu Boden.
    McCandless riss die Füße aus den Steigbügeln, während seine Eskorte vorbeigaloppierte. Der Havildar zügelte bereits sein Pferd und zog es herum, um McCandless zu retten, doch der Schotte wusste, dass es zu spät war. Er landete hart auf dem Boden, rollte sich von dem fallenden Pferd fort und schrie dem Havildar zu.
    »Reite, Mann! Reite!« Doch die Eskorte hatte geschworen, den Colonel zu schützen, und anstatt zu flüchten, führte der Havildar seine Männer gegen den schnell nahenden Feind.
    »Ihr Narren!«, brüllte McCandless ihnen nach. Tapfere Männer, aber Narren. Er hatte Schrammen, war jedoch sonst unverletzt, doch seine Stute starb. Sie wieherte und hatte es irgendwie geschafft, den vorderen Teil ihres Körpers mit der Vorderhand zu

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