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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Colonel Wellesley, wiedererkannte.
    Lord George Harris war ein umgänglicher Mann, doch jetzt, als er in dem gelben Halbdunkel des Zelts wartete, wirkte er beunruhigt und zerstreut. Er starrte auf die Landkarten, wischte sich mit einem großen blauen Taschentuch den Schweiß vom Gesicht, doch er blickte selten auf, um die Unterhaltung zur Kenntnis zu nehmen.
    Harris fühlte sich unbehaglich, denn – wie Wellesley – billigte er nicht wirklich, was sie tun würden. Es war nicht so sehr die Ungehörigkeit der Aktion, sondern sie hatten den Verdacht, dass die vorgeschlagene Operation scheitern würde und zwei gute Männer, oder eher ein guter Mann und ein schlechter, verloren gehen würden.
    Der vierte Mann im Zelt weigerte sich, Platz zu nehmen. Stattdessen schritt er zwischen den Tischen und den wackligen Stühlen auf und ab. Dies war der Mann, der es schaffte, die kleine Unterhaltung in der stickigen Atmosphäre des Zelts am Leben zu erhalten. Er heiterte seine Gefährten auf, ermunterte sie, versuchte, sie zu amüsieren, doch dann und wann scheiterten seine Bemühungen, und er schritt zu einem der Zugänge des Zelts und spähte hinaus.
    »Kann jetzt nicht mehr lange dauern«, sagte er jedes Mal und begann dann wieder auf und ab zu gehen. Sein Name war Major General David Baird, und er war der rangälteste von General Harris’ beiden Stellvertretern. Sein dunkles Haar war feucht und zerzaust, während sein breites Gesicht so sonnengebräunt war, dass er auf Lawford eher wie ein Arbeiter als ein General wirkte.
    Die Ähnlichkeit war sogar noch größer, denn an David Bairds Äußerem war nichts Feines oder Kultiviertes. Er war ein gewaltig großer Schotte, breitschultrig und muskelbepackt wie ein Kohlenträger. Es war Baird gewesen, der seine beiden Kollegen zum Handeln überredet hatte, genauer gesagt, er hatte General Harris überredet, gegen seine bessere Einschätzung zu handeln, und Baird interessierte es kein bisschen, ob der verdammte Colonel Arthur Wellesley es billigte oder nicht.
    Baird konnte Wellesley nicht ausstehen, und bitterlich ärgerte er sich über die Tatsache, dass der jüngere Mann zu seinem Kollegen und zu einem der stellvertretenden Kommandeure gemacht worden war. Baird, der seinen Groll nie unausgesprochen ließ, hatte bei Harris gegen Arthur Wellesleys Ernennung protestiert. »Wenn sein Bruder nicht Generalgouverneur wäre, hätten Sie ihn nie befördert.«
    »Das stimmt nicht, Baird«, hatte Harris milde geantwortet. »Wellesley hat Fähigkeiten.«
    »Fähigkeiten, du meine Güte. Er hat eine Familie!«, hatte sich Baird ereifert.
    »Wir alle haben Familie.«
    »Keine großkotzigen, stinkreichen englischen Familien!«
    »Er wurde in Irland geboren.«
    »Dann im verdammten Irland, aber er ist kein Ire, Harris, und das wissen Sie. Der Mann trinkt nicht mal, um Himmels willen! Allenfalls vielleicht ein bisschen Wein, aber nichts, was ich harte Drinks nenne! Haben Sie jemals einen so nüchternen Iren gekannt?«
    »Einige, eine ganze Menge, um die Wahrheit zu sagen«, hatte Harris aufrichtig geantwortet. »Aber ist die Trunksucht wirklich eine wünschenswerte Qualität für einen Militärkommandeur?«
    »Die Erfahrung ist das«, hatte Baird gegrollt. »Hölle, Mann, Sie und ich haben einigen Dienst geleistet! Wir haben Blut verloren! Und was hat Wellesley verloren? Geld! Nichts als Geld, während er sich den Weg zum Colonel raufgekauft hat. Der Mann ist nie in einer Schlacht gewesen!«
    »Er wird trotzdem ein sehr guter Stellvertreter sein, und nur das zählt«, hatte Harris erwidert, und er war tatsächlich sehr erfreut über Wellesleys Leistung. Die Verantwortlichkeiten des Colonels lagen hauptsächlich bei der Armee des Nizam von Haidarabad, und er hatte diesen Potentaten geschickt überzeugen können, auf Harris’ Vorschläge zu hören, eine Aufgabe, die Baird niemals auch nur halb so gut hätte schaffen können, denn der Schotte war für seinen Hass auf alle Inder bekannt.
    Dieser Hass ging auf die Jahre zurück, die Baird in den Kerkern von Tippu Sultan in Seringapatam verbracht hatte. Vor siebzehn Jahren, in der Schlacht gegen den grimmigen Tippu, Hyder Ali, Tippus Vater, war der junge David Baird gefangen genommen worden. Er und die anderen Gefangenen hatten nach Seringapatam marschieren müssen, und dort erlitten sie 44 demütigende Monate heißer, feuchter Hölle in Hyder Alis Kerkern. In einigen dieser Monate war Baird an die Mauer angekettet gewesen, und jetzt wollte sich der

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