Sharpes Feuerprobe
Stabsoffizier ungläubig hervor, und dann sah er den Ärger im Gesicht des jungen Colonels. »Jawohl, Sir«, sagte er hastig, »binnen einer Stunde, Sir.«
»Und geben Sie ihm saubere Kleidung«, befahl Wellesley dem Sergeant Major, bevor er Sharpe mit einem letzten vernichtenden Blick bedachte und davonritt.
Die letzten der Stricke, die Sharpe auf dem Dreibein hielten, wurden durchgeschnitten. Shee und die Offiziere beobachteten, und alle fragten sich, welch außergewöhnlicher Umstand dazu geführt hatte, Sharpe zum Zelt von General Harris zu befehlen.
Keiner sprach ein Wort, als der Sergeant Major die letzten Strickfasern von Sharpes linkem Handgelenk zupfte und ihm die Hand reichte. »Hier, Junge. Halten Sie sich an mir fest. Ich ziehe Sie langsam hoch.«
Sharpe schüttelte den Kopf.
»Mit mir ist alles in Ordnung, Sergeant Major«, sagte er. Das stimmte nicht, doch er wollte verdammt sein, wenn er vor seinen Kameraden Schwäche zeigte, und doppelt verdammt, wenn er sich die Schwäche vor Sergeant Hakeswill anmerken ließ, der entgeistert beobachtet hatte, wie sein Opfer von den Fesseln befreit worden war. »Ich bin in Ordnung«, beteuerte Sharpe und erhob sich von dem Dreibein. Er schwankte leicht, drehte sich um und machte drei unsichere Schritte.
Ein Hochruf ertönte von der Leichten Kompanie.
»Ruhe!«, blaffte Captain Morris. »Melden Sie die Namen derjenigen, die nicht still sind, Sergeant Hakeswill.«
»Die Namen melden, Sir! Jawohl, Sir!«
Sharpe stolperte zweimal und wäre fast gefallen, doch er fing sich und machte einige Schritte auf den Bataillonschirurgen zu.
»Melde mich zum Verbinden, Sir«, krächzte er. Blut hatte seine Hosen getränkt, sein Rücken sah fürchterlich aus, doch sein Verstand war wieder klar, und der Blick, mit dem er den Bataillonschirurg ansah, ließ Micklewhite wegen seiner Wildheit erschauern.
»Kommen Sie mit mir, Private«, sagte Micklewhite.
»Helft ihm! Helft ihm!«, fuhr Bywaters die Trommlerjungen an, und die beiden schwitzenden Jungs ließen ihre Peitschen fallen und eilten zu Sharpe, um ihn an den Ellbogen zu stützen. Er hatte es geschafft, aufrecht zu bleiben, doch Bywaters hatte ihn schwanken sehen und befürchtet, dass er zusammenbrechen würde.
Sharpe wurde mehr getragen, als dass er aus eigener Kraft ging. Major Shee nahm seinen Hut ab und kratzte sich am grau werdenden Haar, und dann, weil er nicht sicher war, was er tun sollte, blickte er vom Pferderücken zu Bywaters hinab.
»Anscheinend haben Sie hier heute nichts mehr zu tun, Sergeant Major.«
»Nein, Sir.«
Shee zögerte. Es war alles so irregulär.
»Soll ich das Bataillon wegtreten lassen, Sir?«, fragte Bywaters.
Shee nickte, dankbar über den Vorschlag.
»Lassen Sie es wegtreten, Sergeant Major.«
»Jawohl, Sir.«
Sharpe hatte überlebt.
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KAPITEL 4
Die Luft in General Harris’ Zelt schien zu stehen. Es war ein großes Zelt, und obwohl beide Zugänge aufgeschlagen waren, um Durchzug zu schaffen, bewegte kein Windhauch die feuchte Luft unter dem Zeltdach. Das Licht, das durch das Segeltuch fiel, war gelblich wie Urin und ließ das Gras am Zeltboden verbrannt aussehen.
Vier Männer warteten im Zelt. Der jüngste und nervöseste des Quartetts war William Lawford, weil er nur Lieutenant und der jüngste anwesende Offizier war und an der Seite auf einem wackligen Stuhl saß, der wie ein Wunder den Transport in einem Armeewagen überstanden hatte.
Lawford wagte kaum, sich zu bewegen, geschweige denn, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und so saß er unbequem und unbehaglich da, während der Schweiß über sein Gesicht rann und auf seinen Hut tropfte, der auf seinen Oberschenkeln lag.
Gegenüber von Lawford saß sein Colonel, Arthur Wellesley, der den jüngeren Mann völlig ignorierte. Der Colonel hatte geplaudert, jedoch mürrisch, als ob es ihn anwiderte, warten zu müssen. Zweimal hatte er eine Uhr aus der Tasche genommen, den Deckel geöffnet, auf das Ziffernblatt gestarrt und dann die Uhr wortlos wieder verstaut.
General Harris, der Kommandeur der Armee, saß an einem länglichen Tisch, auf dem Karten ausgebreitet waren. Der Befehlshaber der alliierten Armeen war ein schmucker Mann im mittleren Alter, der ein ungewöhnliches Maß an gesundem Menschenverstand und viel praktische Fähigkeiten besaß, und beides waren Qualitäten, die er in seinem jüngeren Stellvertreter,
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