Sharpes Feuerprobe
Schotte rächen. Er träumte davon, mit seinem schottischen Breitschwert die Wälle von Tippus Festung zu erstürmen und Tippu in die Enge zu treiben, und dann würde er ihm bei Gott die Hölle von Seringapatams Kerkern tausendfach zurückzahlen.
Es waren die Erinnerung an dieses Martyrium und das Wissen, dass sein Landsmann McCandless jetzt ebenfalls dazu verdammt war, die Baird überzeugt hatten, dass McCandless befreit werden musste.
Colonel McCandless hatte selbst vorgeschlagen, wie diese Befreiung erreicht werden konnte. Vor seinem Aufbruch zu dieser Mission hatte er einen Brief bei David Baird hinterlas sen. Der Brief, auf dem stand, dass er nur geöffnet werden sollte, wenn McCandless nicht zurückkehren sollte, schlug vor, dass bei einer Gefangennahme des Colonels – wenn General Harris es für wichtig hielt, ihn zu befreien zu versuchen – ein vertrauenswürdiger Mann geheim nach Seringapatam geschickt werden sollte, wo er Kontakt mit einem Händler namens Ravi Shekhar aufnehmen sollte.
»Wenn ein Mann die Mittel hat, um mich zu befreien, dann Shekhar«, hatte McCandless geschrieben, »obwohl ich Ihnen beiden vertraue und der General das Risiko abwägen wird, einen so erstklassigen Informanten gegen die kleinen Vorteile abzuwägen, die durch meine Befreiung gewonnen werden können.«
Baird hatte keinen Zweifel an McCandless’ Wert. McCandless allein kannte die Identitäten der britischen Agenten in Tippus Diensten, und niemand in der Armee wusste so viel über Tippu wie McCandless. Baird war sich zudem darüber im Klaren, dass Tippu McCandless seinen Tigern zum Fraß vorwerfen würde, wenn er jemals McCandless’ wahre Verantwortlichkeiten herausfinden würde.
Es war Baird, der sich daran erinnert hatte, dass McCandless’ englischer Neffe, William Lawford, in der Armee diente, und Baird hatte Lawford überredet, in Seringapatam einzudringen und McCandless zu befreien zu versuchen.
Dann hatte Baird diese Mission General Harris vorgeschlagen. Harris hatte die Idee zunächst verschmäht und stattdessen vorgeschlagen, vielleicht einen indischen Freiwilligen zu suchen, der eine viel größere Chance hatte, in der feindlichen Hauptstadt unentdeckt zu bleiben, doch Baird hatte seinen eigenen Vorschlag heftig verteidigt.
»Es ist zu wichtig, um es irgendeinem Nigger zu überlassen, Harris, und außerdem weiß nur McCandless, welchem der Bastarde man vertrauen kann. Ich würde keinem einzigen davon vertrauen.«
Harris hatte geseufzt. Er befehligte zwei Armeen, fünfzigtausend Männer, und nur fünftausend dieser Soldaten waren Inder, und wenn man keinem »Nigger« trauen konnte, dann waren Harris, Baird und jeder sonst dem Untergang geweiht. Doch der General wusste, dass er gegen Bairds sture Vorurteile gegen alle Inder nicht ankommen konnte.
»Ich würde McCandless gern befreien lassen«, hatte Harris zugegeben, »aber, Menschenskind, Baird, ich kann nicht sehen, wie ein weißer Mann in Seringapatam überleben könnte.«
»Wir können keinen Nigger schicken«, hatte Baird beharrt, »Sie werden Geld von uns nehmen und dann geradewegs zu Tippu laufen und mehr Geld von ihm bekommen. Dann können Sie McCandless und seinen Kumpel Shekhar vergessen.«
»Aber warum sollen wir diesen jungen Mann Lawford schicken?«, hatte Harris gefragt.
»Weil McCandless ein geheimnistuerischer Kerl ist, Sir, vorsichtiger als die meisten, und wenn er Willie Lawford sieht, dann wird er wissen, dass wir ihn geschickt haben, doch wenn er einen anderen Briten sieht, könnte er denken, es ist irgendein Deserteur, der von Tippu geschickt worden ist, um ihn in die Falle zu locken. Unterschätzen Sie niemals Tippu, Harris. Er ist ein gerissener Bastard. Er erinnert mich an Wellesley. Er denkt immerzu.«
Harris hatte einen Grunzlaut ausgestoßen. Er hatte sich der Idee widersetzt, doch sie war auch wie eine Verlockung für ihn gewesen, denn der Havildar, der McCandless’ gescheiterte Expedition überlebt hatte, war zur Armee zurückgekehrt.
Havildar hatte berichtet, dass McCandless sich mit dem Mann unterhalten hatte, den er hatte treffen wollen, und obwohl Harris die Identität dieses Mannes nicht kannte, wusste er, dass McCandless nach dem Schlüssel gesucht hatte, der ihm den Weg in Tippus Stadt öffnen würde. Nur eine so wichtige Mission, eine Mission, die den Erfolg garantieren konnte, hatte Harris dazu bewogen, McCandless zu erlauben, sein Leben aufs Spiel zu setzen. Und jetzt war McCandless ein Gefangener, und Harris
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