Sharpes Feuerprobe
nicht.
»Um von Morris wegzukommen«, bekannte er schließlich. »Und wegen der Aufregung.« Er wirkte verlegen, weil er so viel von sich preisgab.
»Morris ist ein Bastard«, sagte Sharpe erbittert.
Lawford runzelte die Stirn bei dieser Kritik. »Er langweilt sich«, meinte er abschwächend, und dann lenkte er die Unterhaltung von dem gefährlichen Gebiet, einen vorgesetzten Offizier zu verurteilen, ab. »Und ich habe mich auch gemeldet, weil ich meinem Onkel Dankbarkeit schulde.«
»Und weil man dir Beachtung schenken würde?«
Lawford blickte überrascht auf, dann nickte er. »Das auch.«
»Dann war es das Gleiche wie bei mir«, sagte Sharpe. »Das heißt, bis der General sagte, dass du mich begleitest, hatte ich im Sinn, richtig abzuhauen.«
Lawford war geschockt von dem Eingeständnis. »Du wolltest wirklich desertieren?«
»Menschenskind, ja! Was meinst du, wie es für einen gemeinen Soldaten ist, einen Offizier wie Morris und einen Sergeant wie Hakeswill zu haben? Diese Bastarde halten uns nur für verdammtes Vieh, aber das sind wir nicht. Die meisten von uns machen ihren Job anständig. Vielleicht nicht zu anständig. Wir wollen ein bisschen Geld und von Zeit zu Zeit eine bibbi , aber wir haben keinen Spaß daran, ausgepeitscht zu werden. Und wir können kämpfen wie der Teufel. Wenn ihr Offiziere anfangen würdet, uns zu vertrauen, anstatt uns wie den Feind zu behandeln, würdet ihr verdammt erstaunt sein, was wir alles können.«
Lawford schwieg.
»Du hast einige gute Männer in der Kompanie«, sagte Sharpe. »Tom Garrard ist ein besserer Soldat als die Hälfte der Offiziere im Bataillon, aber ihr nehmt ihn gar nicht wahr. Wenn ein Mann nicht lesen kann und nicht spricht wie ein verfluchter Chorknabe, dann denkt ihr, ihm kann nicht vertraut werden.«
»Die Armee verändert sich«, meinte Lawford.
»Den Teufel tut sie. Warum lasst ihr uns unser Haar pudern wie verdammte Weiber? Oder die verdammten steifen Halsbinden tragen?«
»Die Veränderungen brauchen Zeit«, wandte Lawford schwach ein.
»Zu viel verdammte Zeit«, sagte Sharpe heftig, dann lehnte er sich zurück und betrachtete die Mädchen, die am fernen Ende der Taverne mit Kochen beschäftigt waren. Er fragte sich, ob es Huren waren. Hickson und Blake hatten erzählt, sie wüssten, wo die besten Huren zu finden seien, und dann erinnerte er sich an Mary und fühlte sich plötzlich schuldig.
Seit ihrer Ankunft in Seringapatam hatte er sie nicht mehr gesehen, aber er hatte auch nicht mehr viel an sie gedacht. In Wahrheit verbrachte er hier eine gute Zeit. Das Essen war gut, der Schnaps billig und die Gesellschaft akzeptabel. Und dazu kam die Würze des Abenteuers.
»Nach diesem brillanten Scharfschießen wird es gut laufen, und wir werden eine Chance bekommen, von hier zu verschwinden«, ermunterte er Lawford.
»Und was wird aus Mrs Bickerstaff?«, fragte Lawford.
»Ich hatte gerade an sie gedacht. Und vielleicht hast du recht gehabt. Vielleicht hätte ich sie nicht mitnehmen sollen. Doch ich konnte sie ja nicht bei der Armee lassen. Nicht, nachdem Hakeswill sie an einen Zuhälter verkaufen wollte.«
»An einen Zuhälter? Hat er das wirklich geplant?«, fragte Lawford.
»Er und Morris. Die haben gemeinsame Sache gemacht. Der verdammte Hakeswill hat mir in der Nacht, in der er mich dazu brachte, ihn zu schlagen, alles erzählt. Und Morris war mit diesem Hicks zur Stelle und lauerte nur darauf, dass ich es tue. Ich war ein verdammter Blödmann, darauf hereinzufallen, aber so war es nun mal.«
»Kannst du das beweisen?«
»Beweisen?«, fragte Sharpe spöttisch. »Natürlich kann ich das nicht beweisen, aber es ist wahr.« Er blickte kläglich vor sich hin. »Was werde ich nur mit Mary machen?«
»Sie natürlich mitnehmen«, sagte Lawford streng.
»Da hätte ich vielleicht keine Chance.«
Lawford starrte ihn einen Moment an.
»Gott, du bist skrupellos«, sagte er schließlich.
»Ich bin Soldat. Das passt.« Sharpe sagte es stolz, doch das war er nicht, nur trotzig. Was würde er mit Mary tun? Und wo war sie?
Er trank seinen Rest Arrak und winkte der Kellnerin, ihm neu einzuschenken.
»Willst du dir heute Nacht eine bibbi suchen?«, fragte er Lawford.
»Eine Hure?«, fragte Lawford entsetzt.
»Ich bezweifle, dass uns eine respektable Frau das gibt, was wir suchen. Es sei denn, du willst höfliche Konversation pflegen.«
Lawford starrte Sharpe entgeistert an.
»Wir sollten nicht an so was denken«, sagte der Lieutenant leise,
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