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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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kunstvollen Verzierungen auf der Außenseite werden es treffsicherer als dieses schlichte alte Ding machen.« Er klopfte auf seine schwere französische Muskete.
    »Sie irren sich«, widersprach Gudin. »Das ist ein Gewehr mit gezogenem Lauf.«
    »Ein Gewehr mit gezogenem Lauf!«
    Sharpe hatte von solchen Waffen gehört, jedoch noch nie mit einer geschossen, und jetzt spähte er in die Mündung und sah, dass der Lauf tatsächlich einen spiralförmigen Zug hatte. Er hatte gehört, dass die Züge der Kugel einen Drall verliehen und deshalb ein Gewehr mit gezogenem Lauf treffsicherer war als eine Muskete mit glattem Lauf. Er hatte nicht die geringste Ahnung, warum das so sein sollte, aber jeder, mit dem er jemals über Gewehre gesprochen hatte, war bereit gewesen zu schwören, dass es stimmte.
    »Dennoch«, sagte er zweifelnd, »fast eine Viertelmeile? Das ist weit für eine Kugel, Sir, selbst wenn sie einen Drall hat.«
    »Dieses Gewehr kann auf vierhundert Schritte tödlich treffen, Sharpe«, sagte Gudin überzeugt. »Es ist übrigens geladen«, fügte er hinzu, und Sharpe, der wieder in den Lauf hatte spähen wollen, zuckte zurück. Gudin lachte. »Geladen mit dem besten Pulver und mit der Kugel, eingewickelt in eingeöltem Leder. Ich will sehen, wie gut Sie beim Schießen sind.«
    »Nein, das wollen Sie nicht, Sir«, sagte Sharpe. »Sie wollen sehen, ob ich bereit bin, meine eigenen Landsleute zu erschießen.«
    »Das natürlich auch«, gab Gudin ruhig zu und lachte, weil sein kleiner Trick bemerkt worden war. »Bei dieser Entfernung sollten Sie sechs oder sieben Fuß über Ihr Ziel zielen. Für Sie, Lawford, habe ich ein anderes Gewehr, aber ich nehme an, wir können nicht erwarten, dass Sie so treffsicher sein können wie ein Plänkler wie Sharpe.«
    »Ich werde mein Bestes tun, Sir«, sagte Lawford und nahm das zweite Gewehr von Gudin entgegen. Lawford mochte langsam und ungeschickt beim Laden sein, aber er war ein geübter Schütze bei der Vogeljagd und hatte schon als Achtjähriger mit einer Jagdbüchse geschossen.
    »Einige Männer finden es hart, auf ihre alten Kameraden zu schießen«, sagte Gudin milde zu Lawford, »und ich will sichergehen, dass Sie nicht dazu zählen.«
    »Hoffen wir, dass die Bastarde Offiziere sind«, sagte Sharpe, »sosehr ich auch bedaure, dies in Ihrer Gegenwart sagen zu müssen, Sir.«
    »Da sind sie!«, sagte Gudin.
    Und tatsächlich, gerade neben der Zisterne unter den beiden Palmen jenseits des Flusses waren zwei Rotröcke. Die Männer betrachteten durch Fernrohre die Stadtmauern. Ihre Pferde waren hinter ihnen angepflockt.
    Sharpe kniete sich hinter eine Schießscharte. Sein Gefühl sagte ihm, dass die Entfernung für jede Schusswaffe zu groß war, doch er hatte von den Wundern von Gewehren mit gezogenem Lauf gehört und war neugierig, herauszufinden, ob die Gerüchte stimmten.
    »Du erledigst den Mann zur Linken, Bill«, sagte er, »und feuerst gleich nach mir.« Er blickte zu Gudin und sah, dass der Colonel ein paar Schritte im Kavalier zurückgetreten war, um die Wirkung der Schüsse durch sein Fernrohr von einer Stelle aus zu betrachten, wo er nicht vom Pulverrauch der Gewehre eingehüllt sein würde. »Und ziele gut, Bill«, sagte Sharpe mit leiser Stimme. »Es sind vermutlich nur verdammte Kavalleristen, und wen juckt es, wenn wir sie ein bisschen kitzeln.«
    Er duckte sich hinter dem Gewehr und richtete das Visier, das viel beeindruckender war als der Stummel, der einer Muskete als Kimme diente. Ein Mann konnte fünfzig Fuß von einem gut gezielten Musketenschuss stehen und unversehrt davonmarschieren, doch die Genauigkeit der Visiereinrichtung schien alles zu bestätigen, was jeder Sharpe erzählt hatte. Dies war der weit tragende Killer.
    Er visierte den fernen Mann an und hob dann sachte den Lauf, sodass die Mündung sein Zielobjekt verbarg, die Kugel jedoch die nötige Flugbahn erhielt. Es gab keinen nennenswerten Wind, so war es nicht nötig, ihn einzuberechnen. Er war auch nicht übermäßig besorgt, weil er auf einen Mann von seiner eigenen Seite schießen würde. Es war eine traurige Notwendigkeit, etwas, das getan werden musste, um Gudins Vertrauen zu gewinnen und somit die Freizügigkeit, die ihm helfen konnte, aus Seringapatam zu entkommen.
    Er atmete ein, stieß die Hälfte der geatmeten Luft aus und drückte ab. Der Gewehrkolben schlug gegen seine Schulter, viel härter als der normale Rückschlag einer Muskete.
    Lawford feuerte eine halbe Sekunde später,

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